Äußerlich an so manchen Synth-Klassiker der späten 70er- und frühen 80er-Jahre erinnernd, vereint der UDO Audio SUPER 6 auf raffinierte Weise viele Highlights der Synthesizer-Geschichte in sich. Er ist ein akustisches Chamäleon und ein wahrer Performancekünstler – seriös gestaltet und massiv gebaut! Viele Synth-Enthusiasten und Sound-Designer dürften dieses Instrument bereits auf ihrer MUST-HAVE Liste verewigt haben …
Der SUPER 6 in wenigen Worten: Ein (weiterer) Vorzeige-Synthesizer aus England, ein sehr hochwertig verarbeitetes Instrument, entwickelt von George Hearn und seinem UDO Team in Bristol. Design von Axel Hartmann. Gefertigt in Deutschland.
Zudem ein beachtlich gut klingender und – ja – erstaunlich vielseitiger Synthesizer. Neben all seinen Fähigkeiten für weiche Klangteppiche (à la Elka Synthex), für Modulations-, FX-, Sequencer- und Arpeggio-Sounds aller Art, entpuppt sich der SUPER 6 – in Kombination mit dem integrierten Step-Sequencer – überraschenderweise auch als grandioser Drumcomputer. Ebenso überzeugt das Instrument durch bestimmte Klangeindrücke und Klangqualitäten, die – unserer Erfahrung nach – bisher nur mit einem PPG Wave 2.2 / 2.3 zu bewerkstelligen waren. Stereo-Glockenklänge mit SSM-VCF, in dieser Art. Und schließlich werden sogar Erinnerungen an einen Sequential Prophet VS wach …
Doch beginnen wir ganz von vorne, denn natürlich hat der so überzeugende Klang seinen Ursprung – wie immer – in der Technik.
FPGA, DDS, SUPER Mode, BINAURAL – die Geschütze des SUPER 6
Zunächst einige spezielle technische Begriffe, ohne die sich der SUPER 6 mehr schlecht als recht beschreiben ließe.
Herzstück der Klangerzeugung sind digitale Oszillatoren, deren enorme Rechenleistung auf ICs der Kategorie FPGA beruht. Das Kürzel steht selbstredend für Field Programmable Gate Array. Jeder nickt zustimmend mit dem Kopf – bestens! Wer dennoch mit der Stirn gerunzelt hat – selbst schuld – bitte im Kapitel nähere Infos zu FPGA nachlesen und diese Wissenslücke auffüllen.
Die FPGA-basierte Klangerzeugung des SUPER 6 hat wiederum einen bestimmten Namen: DDS – Direct Digital Synthesis – das direkte und (extrem) hochfrequente Berechnen der gewünschten Wellenform. Die bei 50 MHz stattfindende Rechenleistung erlaubt sehr überzeugende Emulationen von analogen Wellenformen ebenso wie die Erzeugung brillanter digitaler Wellenformen (Stichwort „PPG“).
Zudem ist es mit dieser „Rechenpower“ möglich, dass Haupt-Oszillator DSS 1 noch weitere 6 Neben-Oszillatoren bekommen kann, die sich – schön im Stereo-Panorama verteilt – gegenüber dem Haupt-Oszillator verstimmen lassen. Dieses Phänomen dürfen wir als SUPER Mode bzw. als SUPER Schwingungsform im Langzeitgedächtnis speichern.
Doch zurück zum Begriff DDS, der direkten digitalen Synthese. Lassen wir an dieser Stelle noch UDO Audio (bzw. deren Übersetzer) zu Wort kommen:
„Direkte Digitale Synthese ist die Methode, mit der das Audiosignal beider Oszillatoren des SUPER 6 generiert wird. Ausschlaggebend ist ein Taktsignal, das um etwas drei Größenordnungen höher ist als sonst übliche Audioabtastraten. Das Taktsignal durchfährt tausende von Zählvariablen für jede […] ausgewählte Schwingungsform. Darüber hinaus gewährleistet das Taktsignal, dass der jeweils passende Abtastwert alle zwanzig Milliardstel einer Sekunde interpolierend ausgegeben wird, wodurch die Lücken zwischen den Abtastwerten unterschiedlicher Oszillatorfrequenzen nahtlos gefüllt werden können. Die durch unsere numerisch gesteuerten Oszillatoren erzeugten Abtastwerte werden dann durch einen Digital-Analog-Wandler in analoge Spannungssignale umgewandelt.“
(Quelle: UDO Audio SUPER 6 Bedienungshandbuch, Seite 114)
Den digitalen Oszillatoren folgt ein analoger Signalpfad bestehende aus VCF und VCA. So weit ist das „hybride“ Innenleben des SUPER 6 auch schon erklärt.
Wenn man nun der hier beschriebenen traditionellen Klangarchitektur folgt, ist der Signalweg MONAURAL. In diesem Ein-Klang-Modus – und nur in diesem – arbeitet der SUPER 6 Synthesizer tatsächlich 12-stimmig. Das mag nun den Anschein von „gemogelt“ erwecken, doch nein: Auch bei monauralem Signalweg ist SUPER 6 immer noch stereophon – die Stimmen erscheinen abwechselnd rechts und links (wieder Stichwort „PPG“).
Drückt man nun des SUPER 6 Wundertaste, BINAURAL genannt, wird jeder Sound gedoppelt und es entsteht ein tatsächlich stereophoner Klang mit zwei unabhängigen Sounds. Allerdings, wie zu erwarten, bei reduzierter Polyphonie von 6 Stimmen.
„In Binaural mode, the Super 6 features a true stereo signal path in which the instrument’s twelve voices are twinned to form six stereo ‘super’ voices. Consequently, the left and right channels — and each of the player’s ears — are assigned their own complete synthesizer voice. Parameters for both channels of each super voice may be independently controlled, facilitating the player to create rich and unique stereo images.“
(Quelle: www.udo-audio.com)
Also, darum geht es beim SUPER 6: Ein-Klang-Modus (Monaural) bei 12 Stimmen, Zwei-Klang-Modus (Binaural) bei 6 Stimmen. Und damit genug der rein technischen Aspekte. Wenden wir uns den Klangbausteinen, den musikalischen Highlights sowie den exzellenten Service-Leistungen rund um den UDO Audio SUPER 6 zu …
Klangarchitektur
Den einzelnen Modulen am Paneel folgend, verfügt der SUPER 6 über:
- LFO 1 (Low Frequ 0,05 – 20 Hz / High Frequ 20 Hz – 20 kHz) mit One-Shot Funktion
- LFO 2 (0,05 – 50 Hz, Mod-Lever / AT), aktivierbar im Performance-Bereich
- DDS 1 (Oscillator 1) mit Noise und 16 Extra-Wellenformen
- DDS 2 (Oscillator 2) mit Noise und PWM, lässt sich zudem auch als VC LFO einsetzen
- 24dB LowPass VCF mit HighPass Filter und Koppelungsmöglichkeit (BandPass)
- ADSR 1 für VCF mit Hold- und Loop-Funktion, Decay spannungssteuerbar
- ADSR 2 für VCA, Release spannungssteuerbar
Weiters gibt es:
- Umfassende Oszillator-Modulationen (PWM, Cross-Modulation, Super-Mode, etc.)
- Die 16 Extra-Wellenformen (DDS 1) können durch eigene Wellenformen ersetzt werden
- Eine starke Performance-Sektion (LFO 2, Pitch-Bender, Mod-Lever), Keyboard (VEL + AT)
- Unterschiedliche Voice Assign Modes (Poly, Solo, Legato, Unisono)
- Arpeggiator (Range- / Swing-Settings, diverse Laufrichtungen)
- Sequencer (64 Steps, mit Slide- / Accent- / Pausen-Funktionen)
- Eine Modulationsmatrix (8 Quellen, 8 Ziele, Mehrfachzuweisungen möglich)
- Zwei Digital-Effekte (Chorus + Delay, Delay = Bestandteil der Modulationsziele)
- Stereo-Audio-Ausgang und Stereo-Audio-Eingang
- MIDI und USB, Expression Pedal / CV-Control (Bestandteil der Modulationsziele)
- MPE Support (MIDI Polyphonic Expression – Polyphonic AT, Polyphonic Pitch Bend, …)
- Direktes Laden / Speichern von Sounds / Wellenformen / Sequenzen via USB
- 128 interne Presets (64 Factory Presets / 64 User Presets)
Musikalische Highlights
Das ist nun ein wenig schwierig, denn es gibt sehr viele Highlights rund um den SUPER 6. Wo anfangen, wo enden? Gehen wir die Sache globaler an und teilen die Pluspunkte in klangliche sowie performancetechnische Stärken ein …
Klangliche Stärken
Stereo-Modus für Flächensounds / Rechts-Links-Patterns
… egal, ob im monauralen Modus oder im binauralen Modus: Der stereophon ausgelegte SUPER 6 klingt erfrischend, lebendig, inspirierend. Es erfordert nicht viel Aufwand, um (mit nur wenigen Spuren) komplexe Klangeindrücke zu erzielen. Großer Pluspunkt.
Zudem lässt sich die Phasenverschiebung zwischen zwei Sounds (binauraler Modus) via LR PHASE Regler von gleichschwingend bis um 180° drehen. Ob bei Flächenklängen oder perkussiven Rechts-Links-Patterns – der überzeugende Stereo-Modus des SUPER 6 steigert den noblen Klang nochmals deutlich.
Starkes Potenzial für Effekt-Klänge
… mit 2 LFOs bzw. 3 LFOs (wenn DDS 2 auf LOW geschaltet wird), Cross-Modulation, Filter-FM und einer Loop-Hüllkurve bleibt das Leben des Klang-Tüftlers spannend und abwechslungsreich. LFO 1 kann in den HF (High Frequency) Mode geschaltet und sogar als dritter (!) VCO verwendet werden. Dieser Haupt-LFO steht ebenso wie DDS 2 (Oszillator 2) zwecks Modulation des Filters zur Verfügung.
Die Modulationsmatrix – nicht unerhört vielseitig, aber doch respektabel für ein quasi Old-School Instrument ohne Display – erweitert die klanglichen Möglichkeiten nochmals enorm. Stichwort externe CV-Modulationsquelle, VC Decay, VC Release (für Hüllkurven, die ihrerseits als Modulationsquellen eingesetzt werden), Stichwort spannungssteuerbarer LFO 1 (durch ENV 1 oder LFO 2 z.B.), VC Resonanz oder spannungssteuerbarer Delay-Anteil. Schließlich noch ENV 1 mit der Loop-Möglichkeit – wunderbar. Das Potenzial für Effekt-Klänge ist absolut beachtlich …
Oszillator (DDS 1) / VCF (SSI2144) mit PPG-Charakter und eine Prise Prophet VS
… diese Beobachtungen sind zugegeben sehr persönliche Einschätzungen. Man kann sie zur Kenntnis nehmen oder sofort vergessen – jeder entscheide selbst. Worum es zunächst geht: Die Oszillatoren – speziell die Extra Wellenformen von DDS 1 – erinnern stark an den PPG Wave (ungeachtet dessen, dass es sich beim SUPER 6 „nicht“ um Wavetables handelt, das ist evident). Doch die klaren, glockenähnlichen Sounds stehen nun mal eindeutig für „PPG“.
Damit zusammen hängend sei noch das Quasi-SSM Filter des SUPER 6 genannt – kräftig und mit der so mächtigen (Selbst)-Resonanz … wiederum eine klare Reminiszenz an „PPG“. Früher war es das SSM2044 VCF, heute ist es das SSI2144 VCF. Schließlich aber noch – und das ist der wohl fast wichtigste Punkt rund um den PPG-Gedanken – jener schon beschriebene Stereo-Modus: Audio im Ping-Pong Verfahren im monauralen Modus.
Durch das Audio-Ping-Pong erzielt man am SUPER 6 – wir haben seit Jahren danach gesucht – jene fast unerreichbaren Quasi-PPG-Stereo-Klänge, die eine hochwertige, berauschende und doch so schwer zu realisierende Klangästhetik verkörpern. Glasklare Glockensounds mit SSM Charakter, Stereo-Ping-Pong-Ausgabe und schnellen Hüllkurven (auch die gehören dazu). Im Zusammenspiel mit dem simplen, aber effektiven Recorder / Sequenzer des SUPER 6 ergibt sich hierbei ein herrliches Betätigungsfeld.
Zusammenfassung: PPG-Klangästhetik (à la Wave 2.2 / Wave 2.3) und gelungene, komfortable Instant-Performance (die bei den originalen PPG Instrumenten bei weitem nicht so ausgereift bzw. nicht so zuverlässig ist) ergeben eines der vielen, sehr überzeugenden Gesichter des SUPER 6. Und auch ein wenig Sequential Hybrid-Klang ist im SUPER 6 zu finden. So erinnern die mächtigen Streicher durchaus an den einen oder anderen Sound des Prophet VS … Klangbeispiel 12 (Strings 2) sei hier als Hörprobe genannt.
X-Fade – das Überblenden von Oszillator 1 zu Oszillator 2
Wieder ein musikalisch ansprechendes Feature. In einfacher Form zu Beginn und zu Ende von Klangbeispiel 21 (Unsquare Solo) zu hören – die auf/absteigenden Kaskaden, die nahtlos von einem Oszillator in den anderen übergehen. Und damit ist X-Fade auch schon erklärt: Es erlaubt das tonhöhenabhängige Überblenden von DDS 1 zu DDS 2. Der Bereich der Überblendung – der SPLIT POINT – kann mittels MIXER Regler von der Mitte des Keyboards weg mehr nach rechts bzw. nach links verschoben werden.
Je nach Einstellung von DDS 1 bzw. DDS 2 können sich hier musikalisch durchaus spektakuläre Klangeindrücke ergeben, wenn z.B. in tiefen Lagen ein bei 2′ eingestellter DDS 1 zu einem bei 16′ eingestellten DDS 2 (also genau verkehrt zur aufsteigenden Tastaturhöhe) eingestellt ist. In anderen Worten: Ein hoher Klang im Bassbereich wechselt langsam schrittweise zu einem tiefen Klang im Diskantbereich. Das Ganze nun bei unterschiedlichen Wellenformen und unterschiedlichen Modulationsgeschehen rund um DDS 1 bzw. DDS 2 … und schon öffnet sich ein künstlerisch völlig neues Betätigungsfeld. Fein.
Electronic Drum-Sounds vom Feinsten
Es mag etwas überraschend anmuten: Der SUPER 6 lässt sich exzellent als analoger Drumcomputer einsetzen. Aus zweierlei Gründen: Erstens des schon genannten SSI2144 VCFs wegen. Speziell seiner so hochwertigen Eigenresonanz wegen, die herrlichste Electronic Drum Sounds erzeugen kann. Die Fülle an Klängen ist natürlich gewissermaßen bescheiden – Bassdrum, Snaredrum, Hi-Hat, Toms, einige Zipper-Noises, in dieser Art. Doch sie genügen für coole Drum-Patterns, die der SUPER 6 vollauf beherrscht.
Zweitens durch den Step-Sequenzer, speziell seiner intuitiven Trigger-Lauflicht-Programmierung à la TR-808 und Möglichkeiten wie ACCENT-Eingabe (höhere Velocity) wegen. In der musikalischen Praxis entstehen die Drum-Parts natürlich Spur für Spur. Das Pattern als Ganzes ergibt sich dann erst im Mehrspurverfahren beim Aufnehmen, damit muss man leben. Aber Sounds, Groove und die Art der Eingabe sind à la Roland TR. Ein schöner Bonus des SUPER 6.
Wir haben diese Drumcomputer-Stärke des Instruments in DEMO 1 der angefügten Klangbeispiele deutlich gemacht: Alle Drum Sounds – wie überhaupt alle Klänge – stammen ausschließlich vom SUPER 6. Die trockene Bassdrum ist ebenso fester Bestandteil des Klangrepertoires wie auch die (Stereo-) Hi-Hat oder Electronic Toms.
Performancetechnische Stärken
Der Sequencer und das Aufnehmen von Bender-Bewegungen
Wir lassen den Arpeggiator – obwohl sehr gut und ebenso lobenswert – beiseite, um dem Sequenzer den nötigen Raum zu geben. Dieser ist, es wurde soeben rund um die Drumsounds-Lauflicht-Programmierung erwähnt, einfach und doch sehr effektiv zu bedienen. Noten lassen sich direkt einspielen (Sequenzen „live“ auf- bzw. wieder abbauen), Pausen, Akzente, übergebundene Noten (Slides) direkt setzen, es ist alles definitiv selbsterklärend. Und damit maximal musikerfreundlich, eine echte Wohltat betreffend Programmierung, aber auch betreffend schnellen, überzeugenden musikalischen Resultaten.
Ein spezielles Highlight des Sequenzers ist die Tatsache, dass Bender-Bewegungen während der Noteneingabe direkt mit aufgezeichnet werden. Stichwort VCO-Modulation oder VCF-Modulation. Genau so einfach sollte ein Step-Sequenzer eben funktionieren! Sehr dickes Lob an UDO Audio – sowohl Sequenzer wie auch Arpeggiator, wie überhaupt die gesamte Performance-Einheit ist / sind definitiv sehr gelungen …
Performance-Abteilung mit Bender / Lever und Aftertouch
SUPER 6 lässt sich sehr ausdrucksstark „performen“. Mit Pitch-Bender, Mod-Lever, LFO 2 und Aftertouch. Die Flexibilität dieser Sektion ist vorbildlich. So lassen sich alle Oszillator-Modulationen für DDS 1, DDS 2 oder beide Oszillatoren festlegen.
LFO 2 kann über den Mod-Lever ebenso aktiviert werden wie über Aftertouch bzw. mit „festem“ Wert (Position ON) unabhängig von jeder Performance seine Dienste verrichten – falls man beispielsweise ein dauerhaftes Vibrato möchte oder, bei langsamer LFO Frequenz, sich permanent verändernde Schwebungen zwischen den Oszillatoren wünscht (wenn LFO 2 nur auf einen Oszillator wirkt). LFO 2 ist – ebenso wie LFO 1 – mit einem Delay ausgestattet. Ein kleines, aber für Performances sehr wichtiges Detail.
Auch auf das (polyphone!) Portamento und auf die Möglichkeit der Tastatur-Transponierung sei hingewiesen. Letztere erfolgt in Oktavsprüngen oder – man betätige den kleinen, silbernen Schalter und drücke gleichzeitig SHIFT – in Halbtonschritten (ST = SemiTones). Das Gute daran: Trotz Transponierung ändert sich die gerade gespielte Tonhöhe nicht hörbar, SUPER 6 erweitert seinen Keyboardbereich also still und elegant, ohne tonale Sprünge im Klangbild. Das Bewegen des OCT – / OCT + erfolgt zudem auch mechanisch völlig geräuschlos, wie bei einem Pitchbender.
Schließlich aber befindet sich in diesem Bereich der Performance-Sektion noch der so wertvolle MANUAL Button, mit dessen Knopfdruck man sofort den Grundklang entsprechend aller aktuellen Reglerpositionen aufrufen kann. Alles da, kurz gesagt.
Effekt-Sektion mit Live-Zugriff
Obwohl am Panel anders angeordnet, sind die beiden Effekte des SUPER 6 wie folgt geschaltet: Zuerst der Chorus und dahinter das Delay.
Den Chorus haben wir – aus noch nicht näher analysierten Gründen – überraschend wenig zum Einsatz gebracht. Ganz anders verhielt es sich mit dem Delay. Seine direkte Bedienung und seine ausdrucksstarken Ergebnisse waren / sind fester Bestandteil vieler Sounds und Klangbeispiele geworden. Hier machen die 3 Regler eben den entscheidenden Unterschied: Der Delay-Effekt lässt sich als Ganzes stufenlos einblenden, die Verzögerungszeiten können per Drehbewegung elegant jeder laufenden Sequenz / jedem laufenden Arpeggio angepasst (oder leicht „verschoben“) werden, das Feedback erlaubt schöne Rückkoppelungen. In den angefügten Soundfiles wurde vom SUPER 6 Delay ausgiebig Gebrauch gemacht.
Einfache Programmierung in OLD-SCHOOL Manier – ohne Display
UDO Audio ist es gelungen: Einen vielseitigen und anspruchsvollen Synthesizer zu entwickeln, der ohne Display auskommt. Welch Segen, welch Wohltat!*
[* Keineswegs alle Musiker stimmen der „Wohltat“ zu. Viele bevorzugen die klaren Informationen eines Displays zwecks exakter Programmierung von Sounds. Alles korrekt. Dennoch empfinden wir die (optische) Loslösung von der digitalen Zahlenwelt als Segen. ]
SUPER 6: Keine Menüs, keine versteckten Funktionen. Statt dessen direkter Zugriff auf alle Parameter. Zugegeben, nicht selten wird die Hilfe des SHIFT Buttons benötigt, denn speziell die Programmwahl-Taster haben mehrfache Aufgaben zu bewältigen: Sie dienen nicht nur der Sound-Anwahl, sie dienen auch als Eingabe für den Step-Sequencer, zur Auswahl der Extra-Wellenformen (DDS 1), sowie zur Programmierung der Modulationsmatrix und der globalen Einstellungen (MIDI, Tune, etc.).
Auch als visueller Gradmesser der Werte-Einstellungen dienen die Tipp-Taster. Wandern die LEDs bei Betätigung des MOD AMOUNT Endlos-Drehreglers (von der Mitte zwischen den schwarzen und weißen Tipptasten aus gesehen) nach rechts, wird der Modulationswert entsprechend positiv / höher, wandern sie nach links, wird der Wert negativ / geringer.
Dieses System kann zwar mit dem präzisen Informationsgehalt eines Displays nicht mithalten, funktioniert in der Praxis aber ausreichend gut und unterstützt – sehr wichtig – den intuitiven Workflow. Da die Anzeige (8 LEDs für positive Werte, 8 LEDs für negative Werte) ohnehin nur „so ungefähr“ ist, dürfen die Ohren entscheiden, wann der korrekte Wert einer Eingabe erreicht wurde. Das ist aus musikalischer Sicht natürlich sehr zu begrüßen …
Spezielle Extras rund um den SUPER 6
UDO Audio produziert nicht nur ein exzellent klingendes und hochwertig verarbeitetes Instrument, das Unternehmen bietet auch kostenlose Extras rund um seinen SUPER Synthesizer.
Nennen wir als erstes den bemerkenswerten, überdimensionalen Brotsack. In diesem wird der SUPER 6 – selbstverständlich nochmals gut eingepackt im Karton – geliefert. Brotsack mit UDO Schriftzug, eine nette Geste.
Noch netter die Lieferung eines hervorragend geschriebenen, bei luxuriöser Schriftgröße (14 Punkt?) und im großzügigen A4-Format gedruckten, Benutzerhandbuches. Vorder- und Rückseite im zeitgemäßen Öko-Karton. Es sieht sogar richtig gut aus.
Geliefert wird das Handbuch in englischer Sprache, ist auf der Website jedoch auch als PDF in deutscher Sprache zum Download bereitgestellt.
A propos Website: Diese hält nicht nur die User-Manuals (Englisch, Deutsch) in digitaler Form bereit, sondern auch Patches, Sequences und zusätzliche Extra-Wellenformen für DDS 1 (Oszillator 1) kostenlose anbietet. Einfach herunter laden, Synthesizer via USB am Computer anschließen – der SUPER 6 wird sofort wie jedes andere USB Device erkannt – und die Wellenformen in den Wellenform-Speicher laden.
Viel simpler geht es wohl nicht …
Zwei kleine Fragezeichen (und …)
Genau genommen gibt es zwei Fragezeichen und vier Anregungen. Fragezeichen 1 ist die Polyphonie. Da der SUPER Synthesizer erst im BINAURAL Modus sein volles Potenzial entfaltet – dann allerdings nur noch 6-stimmig spielbar ist – stellt sich die Frage, ob dies musikalisch ausreichend ist. Unserer Einschätzung nach ist der MONAURAL Modus nicht weniger interessant (die Stereophonie bleibt, wie schon erwähnt, mittels Ping-Pong-Audio dennoch erhalten), womit die vollen 12 Stimmen wieder verfügbar sind.
Doch BINAURAL und 6 Stimmen, die Frage, die bleibt …
Fragezeichen 2 bezieht sich auf klar hörbare Raster-Abstufungen der Werte, besonders gut wahrzunehmen beim Ändern der Filter Frequenz bei hoher Resonanz. Die Raster-Schritte wurden im UDO Audio Forum als Kritikpunkt schon genannt und sind dem Hersteller bereits bekannt. Ebenso gibt es Zipper-Geräusche, dich sich bei „leisen“ Passagen in der Musik bemerkbar machen, bei uns – als Beispiel – hörbar ganz zu Beginn von Soundfiles Nummer 17 (PWM and VC LFO).
Schließlich noch die vier Anregungen. Für den SUPER 6, oder – möglicherweise – für künftige Nachfolge-Synthesizer von UDO* Audio. Die Anregungen sind persönlicher Natur und können auch schnell wieder vergessen werden, kein Problem. [ UDO steht übrigens – so der Hersteller – für Unidentified Dancing Objects. Mal sehen, welche Instrumente da noch kommen … ]
Erste Anregung: Die Implementierung eines Ring-Modulators. Als Ergänzung zur vorhandenen Cross-Modulation. Denn nur ein Ring-Modulator ist eben ein Ring-Modulator, da führt kein Weg vorbei.
Zweitens die Erweiterung des Step-Sequencers um eine Realtime-Aufnahme-Möglichkeit. Im Moment ist ja (nur) Step-Recording vorgesehen. Besagter Realtime-Modus würde den Workflow rund um das Erstellen von SUPER 6-Patterns nochmals deutlich beschleunigen.
Drittens die Anregung zu einem 5-Oktaven Keyboard. Das wäre ein obligates „Minimum“, sollte man meinen, noch dazu bei 12-stimmiger Polyphonie. Doch scheint die Allgemeinheit mit 4 Oktaven kein Problem zu haben, also lassen wir den Punkt wieder gut sein. Außerdem wurde beim SUPER 6 mit dem oben genannten OCT – / OCT + Schalter („ohne“ klangliche Einschränkungen bei der Transponierung) eine sehr brauchbare Lösung der imaginären Keyboard-Erweiterung implementiert.
Vierte Anregung: Die Verlängerung der Hüllkurven-Zeiten. Diese sind bei 10 Sekunden Maximallänge „gedeckelt“, was in der Tat doch ein wenig überrascht. Immerhin wurden praktisch alle Aspekte des SUPER 6 nach musikalischen Kriterien sinnvoll und praxisnahe umgesetzt – sehr weiter LFO-Frequenzbereich, VCF mit Selbstoszillation, SUPER-Modus mit gesamt 7 Oszillatoren (DDS 1), viele Extra-Wellenformen, X-Fade für gleitendes Überblenden von Oszillator 1 zu Oszillator 2, etc … – doch für sehr lange Einschwingphasen / Ausschwingphasen ist das Potenzial (noch) nicht vorhanden.
Das ist auch insofern erstaunlich, als sich der SUPER 6 so wunderbar als Flächen-Synthesizer einsetzen lässt (trotz der limitierten Polyphonie). Wie dem auch sei: Flächen mit einem besonders langem „Crescendo“ oder „Decrescendo“ sind in dieser Art nicht realisierbar. Doch das nur am Rande …
Fazit
Wer auf der Suche nach einem kräftig klingenden, vielseitigen Poly-Analog-Digital-Synthesizer mit hohem Inspirationspotenzial und dem Markenzeichen „Old School Bedienung“ (ohne Display) ist, der sollte den SUPER 6 ins Auge fassen. Vorausgesetzt, dass besonders vielstimmige Polyphonie „nicht“ der Schwerpunkt des musikalischen Schaffens ist. Mit 12 Stimmen (monaural) bzw. nur 6 Stimmen (binaural) gibt es eben auch Grenzen rund um den SUPER 6.
Davon abgesehen sind fast nur positive Aspekte zu nennen. Dieses Instrument wurde – man merkt es sofort – von einem MUSIKER entwickelt (George Hearn sein Name). Der Synthesizer ist umfassend konzipiert und äußerst durchdacht entworfen, er ist hochwertig verarbeitet, bietet einen massiven, inspirierenden, lebendigen und vielseitigen Grundsound, vor allem aber auch einen „ehrlichen“ Klang von hoher Audio-Qualität. Zudem ist der SUPER 6 mit einem starken Sequenzer und einer flexiblen Performance-Sektion ausgestattet und kommt – last but not least – auch mit einigen Extras seitens des Herstellers.
Da die Klang-Architektur so umfassend ausgearbeitet wurde, sind die tonalen Möglichkeiten des SUPER 6 weitreichend und fast ohne erkennbare Einschränkungen. Höchstens im experimentellen Bereich gibt es – ohne Ring-Modulator – kleine Lücken der Klanggestaltung. Darüber hinaus ist die gebotene musikalische Vielfalt des UDO Audio Synthesizers wirklich enorm. Man lausche den Klangbeispielen (hier und auf anderen Plattformen) und überzeuge sich selbst …
Nicht einmal der zu erwartende hybride Klangcharakter ist dem Instrument eindeutig anzuhören. So kann der SUPER 6 im Unisono Modus schön „sägen“ und bietet damit im Ansatz auch etwas Charakter der guten, alten Vintage-Synthesizer. Dennoch ist der Grundklang klar „modern“, bei Bedarf sehr breit (SUPER Mode mit 7 Quasi-Oszillatoren), absolut kräftig (hochwertiges analoges Filter mit BandPass-Extra) und schön räumlich (Stereophonie vom Feinsten).
Das Instrument liefert Flächen / Pads sowie weiche bis äußerst massive Analog-Sounds (Sync / Lead / Bässe / FX) par excellence. Außerdem erzeugt der SUPER 6 nahezu perfekte Sequencer- & Arpeggio-Klänge und kann zudem – auch dank der Extra-Wellenformen, des SSI2144 VCFs und der Stereophonie – mit einem, wenn natürlich selektiven, so doch erstaunlich realistischen PPG Wave-Sound, zuweilen auch mit einem Sequential Prophet VS-Charakter, aufwarten.
Schließlich aber macht der SUPER 6 in Verbindung mit seinem Step-Sequencer sogar als analoger Drumcomputer eine sehr überzeugende Figur. Alle Achtung!
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Vielen Dank an Musikhaus Hieber Lindberg, das uns den SUPER 6 zur Verfügung gestellt hat.
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Nachtrag November 2021: UDO Audio bietet den SUPER 6 nun auch als Desktop / Rackmount Synthesizer an. Das 7HE große Instrument wird in Bälde mit einer Polychain Option (mit dem SUPER 6) und mit MPE ausgestattet.
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50 Minuten Audio-Files sind angefügt. Alle Sounds (auch die Drums), alle Performances, alle Effekte (Ausnahme: gelegentlicher Nachhall) stammen vom UDO Audio SUPER 6. Die letzten beiden Demos sind ein Zusammenschnitt der 45-minütigen Live-Session von George Hearn (UDO Audio), der bei Schneider’s Laden eine beachtliche Performance mit „seinem“ SUPER 6 absolvierte. Vielen Dank an George Hearn für die Bereitstellung des Audio-Materials.
UDO Audio SUPER 6
Monauraler / binauraler Analog-Hybrid Synthesizer
mit Mod-Matrix, Step-Sequencer und Arpeggiator
12 Stimmen (monaural) / 6 Stimmen (binaural)
Preise:
UDO Audio SUPER 6 Keyboard
ca. 2.890 Euro
UDO Audio SUPER 6 Rack
ca. 2.222 Euro
(09/2023)
Open / Download:
UDO Audio SUPER 6 (4000 x 2500px)
Links:
www.udo-audio.com (SUPER 6)
https://forum.udo-audio.com (UDO Audio Forum)
www.soundsemiconductor.com (SSI Chips)
Vergleiche:
Modal Argon8 – polyphoner Wavetable Synthesizer (Testbericht)
Novation Summit – ein 16-stimmiger OSCar Synthesizer? (Testbericht)
PPG Wave 2.2 / Wave 2.3 – Original bleibt Original (Testbericht)
Demo / Erläuterung des SUPER 6 mit George Hearn (UDO Audio):
Vielen Dank für den wirklich sehr guten Test!
Meiner Meinung nach einer der besten Tests, die ich über den Super 6 gelesen habe.
Und die Sounddemos sind einfach fantastisch. Doppelplusgut :-)
Ich habe meinen Super 6 auch bei Musikhaus Hieber Lindberg gekauft.
Kann ich nur weiterempfehlen. Sowohl den Super 6 als auch das Musikhaus …
Lieber Theo,
habe mir aufgrund dieses Berichtes den Super 6 bestellt. Ich bin sehr begeistert. Danke für den sehr guten Bericht. lg, Thorsten
… bestens, Thorsten – Gratulation! Hoffe der SUPER 6 bleibt ein langer und treuer Partner im Studio …
Ich habe UDO Audio einen Vorschlag für einen SUPER 12+ geschickt. Das wäre eben so ein Traum – 24 Stimmen monaural / 12 Stimmen binaural, 6 Oktaven Keyboard, zusätzlicher Hardware-Step-Sequencer mit 4×8 Schritten. Sieht am Papier schön aus (o: … Mal sehen – in einigen Jahren – ob etwas daraus wird …
Ganz LG Theo
Mich würde interessieren, wie er sich rein von der Klanggewalt gegen den Synthex schlägt. Rein vom Konzept her sind beide nämlich gar nicht so unterschiedlich.
… erste Antwort: SUPER 6 kann trotz sehr ähnlicher Möglichkeiten und Features dem Synthex nicht das Wasser reichen. Der Synthex hat mehr Druck, mehr Bass, mehr Wärme. Er klingt zudem – meine subjektive Einschätzung – ein gutes Stück „edler“. Konkret ist 1) der Resonanzbauch des Synthex CEM Filters extrem voluminös, 2) das MultiMode VCF (LP, BP1, BP2, HP) noch flexibler, 3) die automatische Verstimmung zweier Klänge (Double-Stereo-Modus) ein absolutes Unikat und 4) klingt der Synthex Chorus besser / breiter / charaktervoller.
… zweite Antwort: SUPER 6 kann in ganz anderen Bereichen punkten, in denen der Synthex das Nachsehen hat. Die zusätzlichen Extra-Wellenformen, die umfangreichen Modulationsmöglichkeiten (hier glänzt der Synthex erst durch Zuführung externer CV-Signale auf das VCF), die unzähligen speziellen Features (wie Super-Wave-Mode, Keyboard-Crossfade zwischen den DCOs, Loop-EG, VC Decay/Release, sehr guter Delay-Effekt), die ausdrucksstarken Extras der Performance (von der etwas kürzeren Tastatur mal abgesehen).
Was beide Instrumente eint ist die auf beiden Seiten sehr übersichtliche Bedienung, das benutzerfreundliche Paneel hier wie dort, die so unmittelbar „musikalischen“ Ergebnisse sowohl beim SUPER 6 als auch beim Synthex, und damit verbunden die Freude am jeweiligen Instrument, bei dem eben die so wichtige Klang-Qualität im Mittelpunkt steht (dieser letzte Punkt ist natürlich wieder eine subjektive Einschätzung).
Zusammenfassung: Synthex hat mehr Klanggewalt, SUPER 6 bietet mehr Flexibilität. Beide Instrumente sind außergewöhnliche Synthesizer.
Theo, Dein Ruf nach einem „Super 12+“ wurde erhört: Der UDO „Super Gemini“ kommt!
… das Instrument sieht exzellent aus !!!