Schön konzipiert und sehr selten: Der EMS SYNTHI Sequencer 256. Zwei dutzend Stück wurden angeblich gebaut. Ein Exemplar taucht nun bei Reverb.com bzw. beim belgischen Händler Ocsidance auf. Dieser Sequencer gehörte, so die Auskunft des Händlers, dem deutschen Komponisten und Klangkünstler Jürgen Karg (* 1942, 79 Jahre).
Karg darf auf ein sehr abwechslungsreiches künstlerisches Leben zurückblicken. In den 60er-Jahren spielte er als Kontrabassist Seite an Seite mit dem Jazzer Wolfgang Dauner ebenso wie im Süddeutschen Rundfunk-Sinfonieorchester in Stuttgart. Letztere Stelle blieb nicht ganz ohne Nebenwirkungen. Zitat: „Ich musste in meiner seelischen Krise das Gerümpel sinfonischer Völlerei in mir entsorgen“ (siehe Artikel: Der Esoterische Abschied).
In den 70er-Jahren wechselte Karg einige Jahre zur Musikelektronik. Es entstand (unter anderem) das gesammelte Werk „ELEKTRONISCHE MYTHEN“. Diese Schallplatte wurde ausschließlich mit elektronischen Klangmitteln realisiert. Vier VCS3 produzierten die Töne und Klänge, gesteuert vom hier vorgestellten Digitalspeicher (Sequencer EMS 256, erweitert auf 8 Ausgangskanäle).
Wenngleich Karg mehrere VCS3 Synthesizer im Einsatz hatte, war er von den Instrumenten nicht nur positiv angetan, sondern war ihnen gegenüber auch durchaus kritisch eingestellt:
„Die analogen VCS3-Synthesizer von EMS […] waren noch äußerst primitiv, und eigneten sich kaum für seriöse klangliche Hervorbringungen, da sie noch nicht einmal frequenzstabil waren. Lediglich ringmodulierte Klänge konnten mein Interesse wecken. Auch der Sequencer 256, der Einstieg in die Digitaltechnik, erweiterte die Möglichkeiten der Steuerungstechnik nur wenig. 256 speicherbare Events waren schnell durchgelaufen, und mussten wiederum in der Frequenz gesteuert werden, um überhaupt Abwechslung zuzulassen.“
(Quelle: http://juergenkarg.de)
Karg hat einige Modifikationen am Sequencer vorgenommen (oder vornehmen lassen), wie etwa die beiden zusätzlichen VC Slew Limiter oder extra Ausgänge, um die schon erwähnten 4 EMS Synthis zur selben Zeit ansteuern zu können.
Was den EMS SYNTHI Sequencer 256 neben seinen vielen Ausgängen, seinen externen (Clock)-Steuermöglichkeiten und seinem ungewöhnlichen (massiven) Äußeren in jedem Fall auszeichnet, ist die luxuriöse 5-Oktaven Tastatur.
Etwas schade, dass bei diesem Exemplar das originale Logo („SYNTHI Sequencer 256“) am Panel rechts fehlt.
Doch als Ausgleich gibt es die nützlichen Modifikationen von Karg. Ein – aus musikalischer Sicht – sicher sehr guter Tausch.
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Links:
- https://reverb.com/item/40615051-ems-sequencer-256-pro-serviced-warranty
- https://www.ocsidance.com/product/ems-sequencer-256
x - Jürgen Karg (Wikipedia)
- Jürgen Karg (Website)
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Jürgen Karg: „Die Versunkene Stadt“
(von der Schallplatte „Elektronische Mythen“, 1977)