Habe ich da irgendwo Staub gesehen?
Die Ausrichter der Superbooth haben es nicht ganz leicht, das Megaevent der Synthesizer- und Modular-Szene in der mit Feiertagen nur so gespickte Maienzeit passend zu platzieren. Dieses Jahr fand die Messe vom 16. bis zum 18. Mai statt. Relativ spät und deswegen mit überreichlich Pollenflug gesegnet, was sich auf einigen Instrumenten nur allzu deutlich zeigte, besonders auf den schwarzen!
Ob und inwieweit die Bildbearbeitung da Abhilfe schaffen kann, wird sich noch herausstellen. Man sehe es aber den Ausstellern nach, wenn sie nicht minütlich mit dem Staubtuch nachgearbeitet haben.
Resonatoren
Über die Messeneuheiten im Detail ist in der Fachpresse und in den entsprechenden Internetkanälen und natürlich auch hier bei Greatsynthesizers ausführlich berichtet worden. Aber gab es irgendwelche Trends zu beobachten? Bereits Begonnenes wird verfeinert und erweitert.
Als Beispiele mögen die aufgebohrten Varianten des Hydrasynths dienen, der Arturia PolyBrute 12, stimmverdoppelt und mit polyphonem Aftertouch, oder Nina, der 12-stimmige Hybrid-Desktop-Synth von Melbourne Instruments, der sich Delia zugesellt, dem ersten analogen Synthesizer mit motorisierten Potis, auch präsentierte Jomox die lang erwartete Alphabase II, Sequential stellte nach seinem Take 5 mit dem TEO-5 einen viel beachteten Volks-Oberheim vor.
Und wer gemeint hatte, ein Ende modularer Marken-Neugründungen müsse doch endlich erreicht sein, weil die Zahl der Schmieden schon lange unüberschaubar groß geworden ist, der wurde enttäuscht: Ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht! Integration von Computern einerseits und Hardware andererseits ist auch noch im vollen Gange. Wobei Hardware sehr weit gefasst werden muss, das kann alles sein: von motorbetrieben Spielzeugen über Plattenspieler bis hin zu neuen und alten, wiederbelebten ergonomischen Controllern.
So hat Soma mit Flux das gute alte Theremin-Prinzip etwas aufgebohrt und vertikalisiert. Erwähnenswert noch, dass Korg auch hier das erste Keyboard mit MIDI 2.0 dabei hatte. Weiterhin Trend ist das Einschleifen akustischer Instrumente (meistens Resonatoren) in den elektrisch-elektronischen Signalweg. Solch einen Ansatz verfolgt auch Korg mit seinem Acoustic Synthesis Project, inzwischen bei Phase8 angelangt, das elektromechanische Klangerzeugung (ähnlich einem Fender Rhodes) elektronisch steuerbar macht (Sequencer, MIDI…).
Ähnlich wie das auf manchen Wegen liegende entspannende Grün, wirken auch die Exkurse in die Vergangenheit. In diesem Fall wurden zwei Raritäten des elektronischen Instrumentenbaus der DDR gezeigt, die im Studio der Akademie der Künste stehen. Zum einen das zwischen 1959 und 1968 in Kleinserie gebaute Subharchord, ein am Trautonium orientierter Synth, der mit Subharmonischen und Formantfiltern arbeitet, zum anderen ein bernsteinfarbenes, zweiteiliges Modularsystem, kurz vor der Wende zu Unterrichtszwecken gebaut.
Lockere Stimmung
Das Wetter war den Messetreibenden gewogen. Geregnet hat es nur ein paar Tropfen. So war die Stimmung gut. Vielleicht sogar noch ein wenig lockerer und entspannter als sonst, denn draußen lag als Liberalisierungsfolge überall ein deutlich vernehmbarer Cannabisgeruch in der Luft!
Noch eine traurige Nachricht erreichte die uns einen Tag vor Beginn der Superbooth 24. Am 7. Mai 2024 war Gert Jalass, der Betreiber von Moon Modular überraschend während eines Dänemarkurlaubs an einem Herzanfall gestorben. Gert war ein aktiver, stets offener und sehr hilfsbereiter Mensch, der der Modular-Szene sehr fehlen wird.
Da er Moon Modular war, Chef und einziger Angestellter, ist eine Zukunft der beliebten Marke auf dem eher überschaubaren 5U-Markt eher unwahrscheinlich.
Nach dem letzten „bunten“ Durchgang an Impressionen bleibt nur zu sagen: „Ich freue mich schon auf die Superbooth25!“