Anlässlich des COTK Model 15 Testberichts haben wir die Gelegenheit genützt, Club Of The Knobs etwas näher kennen zu lernen. Kazike und seine Frau Raj (ein seltenes und bemerkenswertes Mann-Frau Team) führen das Unternehmen mit Sitz in Portugal, das Modularsysteme baut, die zu den besten der Gegenwart (und wohl der gesamten Synthesizer-Geschichte) zählen.
GS: Hallo Kazike, wir wollen dir zunächst zu deinen äußerst gelungenen und hochwertigen Instrumenten gratulieren. Club Of The Knobs ist noch immer gewissermaßen ein Geheimtipp am analogen Synthesizermarkt. Kannst du uns bitte von deinem Unternehmen berichten?
Kazike: Danke für die nette Gratulation! Nun, mein „Unternehmen“ war es in erster Linie, die Fortentwicklung des klassischen Moog-Modularsynthesizers zu schaffen. Jetzt, nach fast 10 Jahren, glaube ich sagen zu dürfen, dass mir dies auch tatsächlich gelungen ist. Ich kann das herstellen, wovon viele – mich eingeschlossen – schon lange Jahre geträumt haben. Das Umfeld, in dem dies heute geschieht, ist eine Manufaktur – dezentralisiert in der Fertigung einzelner Teile wie Holzcases, Frontplatten oder Platinen. Der Ausgangspunkt jedoch, die Erstellung neuer Module oder die Beratung und Bestellannahme bis hin zum letzten Stadium, der technischen Einstellung und Kontrolle sowie dem Versand (inklusive „Signierung“ im Sinne unserer Modulnummern), liegt vollständig in meinen „Händen“, eben Manufaktur – handgemacht und handverlesen.
GS: Wie sieht das aktuelle Sortiment bei COTK aus? Welche Modelle werden angeboten?
Kazike: Wir bieten große Kabinette aus Edelholz an wie auch transportable Tolexmodelle. Es gibt die „klassischen“ Moogsysteme wie die C35 bis C55er Kabinette, die transportablen P1 – P3 oder unser System 15 im Programm, ebenso entsprechende Aufsätze. Manchmal stellen wir aber auch Sonderanfertigungen her. Dies alles ist auf unserer Webseite gut zu sehen.
GS: COTK geht einen sehr klaren Weg, das Unternehmen stellt Instrumente für Puristen her, nach dem Vorbild der klassischen Moog Modularsysteme. Welche Vorteile siehst du darin?
Kazike: Nun, wenn ein Purist jemand ist, der sich auf höchste Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Moog-System und gleichzeitig beste Qualität in der Ausführung „beschränken“ will, dann stimme ich dem zu. Für mich war das Design der Module immer eines der wichtigsten Elemente. Nur wenn man Form UND Funktion so zusammenbringt, dass sie sich gegenseitig bedingen, dann kommt es zu dem Effekt, den ich beabsichtigt habe: Man muss den Synthesizer nicht einmal anschalten, um ihn zu hören, es reicht, ihn anzuschauen … das Verhältnis von Knopfgröße zu seiner Funktion, die Art der Skala für das, was sie anzeigen soll, die Zuordnung der einzelnen Elemente auf der Frontplatte, die generelle Größe der Module – jemand, der synthetische Klangerzeugung versteht, erfasst die Funktionen meiner Module durch blosses Ansehen ihres Designs.
Auch unser Beharren auf hunderprozentiges Analogsein in der Klanggenerierung gehört zum Puristen. Nur dadurch ist der Klang eben so, wie er ist – im vollem Umfang vorhanden, unabhängig davon, ob er hörbar gemacht wird oder nicht. Ein wirklich analoger Synthesizer „beinhaltet“ das Universum des Klangs, er ist das Funktionsprinzip Akustik, nichts weniger. Die Entscheidung, ob man damit nun Bach spielen möchte, Krach oder für unser menschliches Ohr nicht wahrnehmbare Tonschwingungen erzeugen, wird einem von unserem Synthesizer nicht abgenommen. Wie ein Farbkasten nicht ein damit zu malendes Bild vorhersagt, kann unser analoger Synthesizer den Umgang mit den akustischen Phänomenen nicht einschränken. Dies ist verständlicherweise in programmierten, also digitalen Abbildern, anders.
Um also unseren Kunden diesen Weg in die absolute, kreative Freiheit etwas zu erleichtern, begleiten wir sie mit Modulen in einem Format, das sie aufgrund ihrer idealen Größe mit Lust bedienen können, das sie durch die Logik des Designs intuitiv verstehen, durch die Qualität des Materials mit Wonne berühren und durch die optische Erscheinung, beispielsweise einer Komposition von Modulen zu einem System, mit einer Ahnung vom Möglichen zum Klangmachen animieren. Für diese Funktionen unserer Instrumente ist als Ausgangsdesign der Moog-Synthesizer für mich bis heute das geeigneteste – daher dieser „Purismus“.
GS: Natürlich gebt ihr euch nicht mit den traditionellen Modulen alleine zufrieden. Stattdessen werden schon seit einigen Jahren neue, erweiterte Module in eurem Programm angeboten. Welche dieser Eigenentwicklungen würdest du besonders hervorheben?
Kazike: Die „traditionellen“ Modelle sind, technisch gesprochen, zahlenmäßig eigentlich äußerst begrenzt, zumindest was den damaligen „Moog-Synthesizer“ angeht. Abgesehen davon waren diese Systeme ja auch nicht direkt stimmstabil – also nicht so spielbar wie manche Musiker es sich wünschen. Die von mir entwickelten Module, die über Moogs damaliges Repertoire hinausgehen, haben dieses zahlenmäßig bereits um ein Vielfaches überstiegen. So schön ich es finde, dass auf unserer letzten Messepräsentation, bei der wir ein großes System 55, ein System 15 und einen 3P mit Aufsätzen zeigten, manche Besucher sich gar nicht mehr beruhigen konnten, einen so großen „Moog“ sehen zu dürfen … ist es wohl mittlerweile so, dass sich der Schüler vom Meister selbständig gemacht hat und den ursprünglichen Geist in einem eigenen Produkt vereint hat. Den „Moog“, wie wir ihn auf der Messe vorführten, hat es so vorher nie real gegeben – wohl aber in der Vorstellung, der Vision bzw. Hoffnung von vielen. So auch in meiner eigenen Vision davon, die ich schon vor 30 Jahren hatte, als ich den ersten Versuch wagte, einen eigenen „Moog“ für mich und andere zu bauen. (Zu dem Zeitpunkt war er allerdings weiß.)
Das Angebot an Modulen, das wir heute haben, enthält mehr als 30 Eigenentwicklungen, die ich zur Vervollkommnung des Synthesizers geschaffen habe. Dazu zählen sowohl analoge klangerzeugende und -verformende Module wie das kürzlich erschienene Vocoding System, als auch die sogenannten „Spielhilfen“ der letzten Jahre, wie unser soeben veröffentlichter Euklidian Bi-Gate Sequencer. Ehrlich gesagt wäre eine Hervorhebung einzelner Module insofern nicht sinnvoll, als absolut jedes Modul, das ich herstelle, solange von mir ge- und bedacht worden ist, bis es meinen eigenen Ansprüchen und Vorstellungen entsprach. Ob der von mir entwickelte C 905 Filter (wir haben ja auch das „legendäre“ Filterset C904A-C im Programm) oder das Analog Delay oder der Arpeggiator – ich frage mich manchmal, wer auf dieser Welt wirklich in der Lage ist, die Module so auszuschöpfen, wie sie eigentlich angelegt sind …
GS: Unter Insidern ist zu hören, dass Nicola Santi aus Padua / Italien, für die Herstellung der Module verantwortlich ist, stimmt das?
Kazike: Nun, Nicola Santi habe ich durch eine eBay Auktion getroffen, bei der ich ihm etwas abgekauft hatte. Über unsere gemeinsame Faszination für Synthesizer ist er schließlich derjenige geworden, der die Metallarbeiten für die Instrumente übernommen hat. Ich verstehe unsere Zusammenarbeit auch als Freundschaft. Auch die anderen, die zum Endprodukt beitragen, sind mir persönlich bestens bekannt, wie beispielsweise der Instrumentenbauer und Musiker Jean-Marc Decercle, ein Franzose, der in Lissabon wohnt und die wunderschönen Holz-Cases baut, Ruben da Costa, ein portugiesischer Medienkunststudent und Musiker, der Platinen bestückt, aber auch mit Internetrecherche die Teilebeschaffung erleichtert, selbstverständlich Georg Mahr, der für uns in Deutschland die Programme für die Chips der „Spielhilfen“-Module schreibt und mit dem ich wunderbar Ideen diskutieren kann, und meine Frau, mit der ich das ganze Unternehmen gestartet habe, weil sie, selbst Künstlerin, vor ca. 13 Jahren entdeckt hat, dass ich noch eine weitere Leidenschaft mit mir herumschleppe, nämlich die für analoge Synthesizer, welche sich schon 30 Jahre zuvor entwickelt hatte. Im Grunde ist COTK also eine Art Familienunternehmen, eine klassische Manufaktur!
GS: Bist du eigentlich Deutscher? Zumindest sprichst du Deutsch. Bist du ausgewandert?
Kazike: Von Geburt bin ich Deutscher, ja. Es gibt ja diese, in der Geschichte von COTK beschriebene, lustige Übereinstimmung, dass die Ursprünge des Moog Synthesizers auch von deutschstämmigen Erfindern wie beispielsweise H. Bode oder Herrn Deutsch mitentwickelt wurden – und die Forsetzung der Synthesizerentwicklung nun durch einen ebenfalls Deutschstämmigen im „Kalifornien Europas“, nämlich Portugal, stattfindet. Landschaftlich hat Portugal starke Ähnlichkeit mit Kalifornien, und wir nennen es unter uns „Wild West Europe“. Hiermit beziehen wir uns auf die frische Luft und das unglaubliche Licht, auf die Weite und Frische, die alles Faktoren sind, die die Entwicklung unserer Instrumente irgendwie beeinflusst haben, das muss ich einfach so sagen.
GS: Portugal liegt am Rande Europas. Ist es für dich ein großer Nachteil, dass dein Unternehmen etwas abseits so wichtiger Länder wie Deutschland oder England liegt?
Kazike: In den Zeiten des Internets und eines geeinten Europas ist es eher ein Vorteil, die „kreative Atmosphäre“ Lissabons, wie es unsere Besucher oft bezeichnen, nutzen zu können. Hier gibt es abgesehen davon auch Menschen, die wirklich gerne und neugierig mit uns arbeiten, es ist einfach ein Platz, an dem wir uns wohlfühlen. Die Synthesizer-Szene hat ihre eigenen Verbreitungskanäle, die sicher auch sehr viel über das Internet funktionieren, selbst wenn es natürlich dort oft Darstellungen gibt, die den Tatsachen leider nicht entsprechen. Aber auch eine Reise nach Lissabon ist immer reizvoll, nicht nur, wenn man sich für COTK interessiert, und sie ist nicht unbedingt viel aufwendiger als quer durch Deutschland zu fahren. Ansonsten haben wir bereits zwei große Messeauftritte in Frankfurt gehabt, bei denen sich Interessierte von der Qualität unserer Instrumente überzeugen konnten. Heutzutage dürfte der genaue Standort innerhalb Europas nicht mehr so bedeutend sein für jemanden, der eine Moog-Synthesizer-Fortentwicklung umsetzt! Falls man in Deutschland noch nach der ursprünglichen „deutschen Wertarbeit“ sucht, nun, die ist ja dann sozusagen von meiner Herkunft her garantiert, um es mit Humor auszudrücken.
GS: Die Auslieferung deiner Instrumente dürfte – Thema Portugal – zu einem Großteil über den Postweg erfolgen. Wie sind hier deine Erfahrungen? Welche Tipps würdest du Kunden mit Interesse an deinen Systemen geben? Selbstabholung? Gibt es noch andere Alternativen?
Kazike: Wir vertreiben unsere Instrumente selbst, das ist richtig. Post, Courierdienste wie UPS etc. werden genutzt. Wenn Kunden in Deutschland Interesse haben, aber gar nichts von uns kennen bzw. unbedingt vor einer großen Bestellung ein System sehen wollen, ermöglichen wir ab und zu einen Kontakt zu jemandem, der ein größeres System in Deutschland besitzt und uns erlaubt, ihm Besuch zu schicken. Aber das ist nicht für jeden machbar bzw. nur für seriöse Interessenten angedacht. Grundsätzlich geht den meisten größeren Bestellungen ein intensiver Schriftverkehr voraus, indem der Kunde seine Fragen beantwortet bekommt, und sich daraufhin auch meist vertrauensvoll entscheidet. Letztendlich wollen wir auch keine Industrie sein, sondern Manufaktur bleiben – zumindest solange nicht eine große Verführung auf uns zu kommt, die alles in eine andere Richtung lenken könnte. Wer weiß, vielleicht reicht es eines Tages für mich, nur noch zu entwickeln, wenn gesichert ist, dass die hergestellten Instrumente ihre Qualität behalten … immerhin werden wir in diesem Jahr zehn Jahre „alt“!
GS: Es gibt in der Analog-Gemeinde kritische Stimmen, die überlange Lieferzeiten und eine manchmal schwierige Kommunikation seitens COTK bemängeln. Würdest du dazu Stellung nehmen?
Kazike: Was jemand unter „überlangen Lieferzeiten“ versteht, ist sehr relativ. Unsere Lieferzeiten sind, wie es unübersehbar auf unserer Webseite geschrieben steht, recht unterschiedlich, nämlich abhängig von den bestellten Modulen oder der Komplexität eines ganzen Systems. Manche Module haben wir vorrätig, andere sind vielleicht gerade ausgegangen, manche haben eine Erweiterung erhalten im Laufe der Jahre und sind erst neu herzustellen etc. Grundsätzlich aber sagen wir jedem Kunden von vornherein, mit welcher Wartezeit er zu rechnen hat, wobei es sich manchmal nicht nur um die 2 – 8 Wochen handeln kann, wie wir es auf der Webseite ankündigen, sondern ab und zu, wenngleich selten, auch länger. Das hat nie mit bösem Willen zu tun, sondern manchmal mit unvorhersehbaren Widrigkeiten, besonders Lieferschwierigkeiten von Bauteilen bis hin zu plötzlichem Verschwinden eines Zulieferers. Wenn dieser Fall eintritt, informieren wir aber die Kunden, und normalerweise zeigen diese auch Verständnis. Es gibt im Netz allerdings eine immer wiederkehrende Kritik, die sich auf unsere Anfangsjahre bezieht, in der wir sicherlich auch Fehler gemacht und die Prozesse nicht immer richtig eingeschätzt haben. Ich möchte mich aber nicht auf das Niveau von Gerüchten begeben und mit entsprechenden Anekdoten aufwarten, um bei einigen der „kritischen Stimmen“, wie Du sagst, zu entlarven, dass sie nicht allzu sehr bei der Wahrheit bleiben. Gleichzeitig kann ich persönlich nachvollziehen, dass Geduld nicht leicht ist, zumal wenn man sich auf ein neues Instrument freut.
Was die Kommunikation angeht, so möchte ich anmerken, dass man in der Zeit der Emails zwar gewöhnt ist, umgehend eine Antwort auf seine Fragen erwarten zu können, dies ist aber, wie man sich überlegen kann, in unserem Falle unmöglich. Die meisten technischen Fragen und Beratungen kann ich nur selbst beantworten – und da ich mich ja auch noch um die Instrumente kümmern muss, sitze ich also nicht ununterbrochen am Rechner. Ich gehe außerdem nicht davon aus, dass meine Kunden an ein Call-Center verwiesen werden möchten – also muss man sich ab und zu ein paar Tage gedulden, um eine qualifizierte Antwort zu erhalten. Ich finde allerdings mein/unser Angebot einer wirklich persönlichen Beratung auf „höchster Ebene“ schon sehr entgegenkommend und glaube, dass man daher mit etwaiger Kritik besonnener umgehen könnte.
Grundsätzlich gebe ich noch eines zu bedenken: Warum, in aller Welt, sollte es für uns von Vorteil sein, „überlange“ Lieferzeiten zu haben oder nicht ansprechbar zu sein? Ich kann nur wiederholen, dass wir keine Industrie sind. Wir verteidigen die Produktionsbedingungen von Handgefertigtem und entschuldigen diese auch nicht. Wenn ich doch einmal eine Email oder Bestellung übersehen habe, dann bitte ich die Betroffenen persönlich um Verzeihung, und das könnten diese sicherlich auch bezeugen. Ich glaube, dass dieser „Widerspruch“, einerseits so perfekt gemachte Instrumente zu erhalten, andererseits zu verstehen, dass diese handgemacht und exklusiv für den Käufer hergestellt wurden, für einige Kunden nicht aufzulösen ist. Diese können dann auch die Herstellungsbedingungen nicht akzeptieren, weil die heutzutage da nicht vorherrschen, wo man gewöhnt ist, mit „shopping carts“ zu arbeiten.
Ich deutete es bereits an anderer Stelle an: Sollte sich an unserer Herstellungsweise jemals etwas ändern, indem beispielsweise ein interessierter Investor denkt, diese beschleunigen und „perfektionieren“ zu wollen – nun, wir sind uns nicht sicher, wie wir reagierten … wir sind uns aber auch nicht sicher, ob dann nicht manche der „kritischen Stimmen“ ihre früheren Reaktionen bereuen würden.
GS: Wie sieht es mit dem Service aus? Nehmen wir an es gibt unerwartet technische Probleme bei einem Modularsystem von COTK. Das Instrument muss also zurückgeschickt werden nach Lissabon, etc. Wie sieht die Vorgangsweise aus?
Kazike: Es gibt verschiedene Wege, ein Modul repariert zu bekommen. Meistens sind die Fehlermeldungen nur Bedienungsfehler, die wir durch Kommunikation beheben können. Wurden durch diese jedoch Eingänge oder ähnliches zerstört, dann muss das Modul auf eigene Kosten zurückgeschickt werden, wird dann aber kostenfrei repariert und in der Regel frei für den Kunden versendet.
Fallen Reparaturen durch ein fehlerhaftes Bauteil oder Verbindungen an, (was eigentlich nicht vorkommen sollte, da jedes einzelne Modul hier eine mehrtägige Testphase durchläuft), schicke ich eine Reparaturanleitung für einen Techniker vor Ort (besonders wichtig für außereuropäische Länder wegen des Einfuhrzolls etc.) und beteilige mich auf Anfrage an dem Technikerhonorar. Oder aber der Kunde schickt mir das Modul zurück zur Korrektur. Generell sind allerdings solche Fehler durch unsere tagelange Kontrolle vor Lieferung ausgeschlossen. Bisher haben wir es nur mit dem Ensemble Generator erleben müssen, als ein Bauteil sich als China-Clone erwies, dies aber durch seinen Aufdruck nicht zu erkennen gewesen war. Da die Reparatur nicht nur durch das Austauschen der drei Chips zu erledigen ist, sondern das Modul insgesamt neu kalibriert werden muss, musste es uns zurückgeschickt werden.
Was bei all dem aber zu beachten ist, ist, dass wir nur Module kostenlos reparieren, die vom Erstbesitzer stammen, was wir anhand unserer Dokumentation ja prüfen können. Bei Zweitbesitzern wie Ebay-Käufern können wir Bedienungsfehler nicht klären, und so ist die Kulanz erloschen.
Leider kann man sich nicht vorstellen, wie unwissend manche Leute an die Module herangehen und einfach irgendwelche Signale auf die Eingänge stopfen, die unter Umständen einen ganzen Signalpfad zerstören können. Dies geschieht oft dadurch, dass Module verschiedener Hersteller blindlings miteinander kombiniert werden ohne dass man in Betracht zieht, dass unterschiedliche Pegel zwischen zwei Modulen einiges zerstören können bzw. zu ungewollten Verzerrungen führen. In diesem Fall müsste man nämlich die Signale vorher untereinander anpassen, zum Beispiel über Mixer oder Attenuators.
Bei solchen Problemen erweist es sich allerdings wiederum als unschätzbarer Vorteil, dass wir einen solch persönlichen Kontakt bieten – vielleicht sollte man dies auch einmal sehen.
GS: Wie sieht das Interesse der Musiker in deine Produkte aus? Werden vornehmlich kleinere Systeme gekauft oder sind es vor allem die großen Klassiker – wie Model 55 – die das Interesse wecken?
Kazike: Es gibt Musiker, Sammler, Klangforscher, Performer und Faszinierte, die ihren jahrzehntelangen Traum endlich in Gestalt sehen können. Für diese Menschentypen gibt es unterschiedliche Lösungen: Musiker, die auf Bühnen performen, kaufen natürlich transportable Systeme, Sammler große „klassische“ Systeme, manche ergänzen ihr vorhandenes System mit einzelnen Modulen etc. Was allerdings bei allen zu beobachten ist: Sobald man die ersten COTK Produkte in den Händen und vor Augen und Ohren hat, setzt eine gewisse, hm, Suchtgefahr, Wunsch nach mehr, ein – wir warnen davor meist vergeblich.
GS: Du wirst sicher viele Kunden in Zentraleuropa und in Übersee haben. Gibt es neben den allgemein üblichen und bekannten Ländern auch welche, die dich als „Markt“ für analoge Modularsysteme überraschen? Wir denken da etwa an Skandinavien … aber das ist natürlich nur geraten …
Kazike: Für uns zählt, wie schon angedeutet, jedes einzelne Modul, das unser Unternehmen verlässt. Insofern kann ich verraten, dass wir in erstaunlich vielen Ländern mindestens einen unserer „Agenten“ vertreten haben, wenn wir es so nennen dürfen. Dies ist eine Vorstellung, die uns viel Spaß macht. Japan, Island, Russland, Finnland, Brasilien, Lappland – so richtig „COTK modulfrei“ ist hoffentlich eines Tages kein Land mehr. Ein analoger Synthesizer ist nun einmal universal – wie sollte er also nicht in jeder Kultur/Land Interessenten finden?
GS: Als Hersteller von klassischen Modularsystemen bist du in einer bestimmten Nische der Musikindustrie angesiedelt. Von deiner Warte aus gesehen, wie würdest du die allgemeinen Entwicklungen rund um Synthesizer, speziell aber rund um analoge Synthesizer, beurteilen?
Kazike: Ich vermute, und da stehe ich nicht alleine, dass viele Computermusiker müde sind von digitalem Sound. Allerdings haben viele Jüngere noch nie die Gelegenheit gehabt, einen analogen Synthesizer zu hören, geschweige denn zu benutzen. Sie können sich also gar nicht vorstellen, dass dies tatsächlich ein völlig anderes Hörerlebnis bedeutet und denken vielleicht, dass solche großen Maschinen eher „retro“ sind als „grundsätzlich anders“. Allerdings habe ich noch niemals jemanden erlebt, der, wenn er einmal den Klang unserer Instrumente gehört hat, diesen Unterschied nicht sofort erkannt hätte (zunächst oft völlig ungläubig und verwirrt dastehend). Hier geht es nicht einmal um die Möglichkeiten, die die Instrumente bieten, sondern um den reinen, vollen Sound … Ich glaube auch zu sehen, dass die Entwicklung von analogen Synthesizern in den letzten 10 Jahren an Bedeutung gewonnen hat. Man wird verstärkt auf sie aufmerksam, und es entstehen zahlreiche neue Produkte. Dies könnte zwar einerseits eine Konkurrenz für uns bedeuten, aber eher verstehe ich diese Entwicklung als eine Neubesinnung auf die Frage nach der Beherrschung von Klang – und das bildet neue Interessierte heran, es führt zu neuen Kunden.
Der Vorteil von COTK ist, dass wir bereits seit 10 Jahren etwas machen, was als perfekte Fortsetzung des Moog-Synthesizers nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Wenn ich mir denken könnte, was da noch zu übertreffen wäre, natürlich nur in Hinsicht auf die Kriterien, die ich für bedeutend halte, also Form, Funktion, Qualität der Teile, 100% analog etc., dann würde ich es selbst herstellen.
GS: Bist du selbst Musiker, hast du ein Studio?
Kazike: Ich bezeichne mich nicht als Musiker, selbst wenn ich immer wieder für verschiedene Klangprojekte eingeladen werde. Ich habe ein Soundprojekt, OrangoTango genannt, unter dessen Name ich manchmal mit einem Synthesizer auf Festivals auftrete, „Beschallungen“ an besonderen Plätzen wie Kirchen, freien Räumen, Industrieruinen etc. durchführe oder Klangexperimente mache. Leider habe ich oft zu wenig Zeit, manchmal möchte ich verständlicherweise überhaupt keinen Synthesizer sehen, aber im Grunde hoffe ich, dass ich doch noch an verschiedenen Orten des Planeten Freude und Spaß mit meinem Synthesizer haben werde.
GS: Wie ist es, in Portugal/Lissabon zu leben? Erzähle uns bitte abschließend etwas über dein Land.
Kazike: Portugal ist Süden, wildes Meer, sehr gute Luft, appetitlicher Geruch, viel Licht, interessierte, vorsichtige, herzliche Menschen, originales Essen, nicht aggressiv, kreativ.
Die Portugiesen lieben ihr Land, und das merkt man in ihrem Umgang damit. Es ist daher ein sehr geeigneter Platz, um feine und inspirierte Dinge zu schaffen. Das ist, was wir hier machen. Ich hoffe sehr, dass die politischen bzw. ökonomischen Verhältnisse dies alles nicht vernichten, selbstverständlich nicht nur in Portugal, sondern überall. Dies ist ein Land, in dem man tatsächlich noch erfahren kann, was analog eigentlich alles bedeutet …
GS: Kazike, danke und alles Gute. Und ebenso vielen Dank an deine Frau Raj, die an diesem Interview mitgearbeitet hat.
Cotk Module sind wie alte Portos, beides feine Sachen mit viel Geschmack…
Sehr angenehmes und wirklich interessantes Interview!
-Welches mich auch weiterhin darin bestätigt,
dass ich die Anschaffung eines COTK System 15 (ca. Mitte 2016),
als eine der spannensten, angenehmsten und zuverlässigsten Entscheidung bewerte, -die ich „in Sachen Synthesizer“ jemals getroffen habe.
-Ganz großes Lob!