Hatte sich die erste Folge des SUPERBOOTH-Berichts in erster Linie noch mit den festverdrahteten Zeitgenossen beschäftigt, widmet sich dieser zweite Teil dem eigentlichen Herzstück der SUPERBOOTH – und das sind natürlich die modularen Synthesizer und alles, was mit ihnen und für sie angestellt werden kann.
Ich habe nicht gezählt, mir schien aber, dass, obwohl die Messe sehr gut besucht war, die Zahl der Module die Besucherzahl noch überstiegen hat und alle gepatchten Kabel hätten vermutlich die Erde mit dem Mond verbinden können! Vielleicht ist das ein bisschen übertrieben, aber von meinem Gefühl her stimmt das!
Unmöglich, da alles auf dem Schirm zu haben, geschweige denn, die Modulflut hier in toto kommentiert vorzustellen! Denn außer Korg und Yamaha hat inzwischen wohl jeder Hersteller elektronischer Musikinstrumente irgendetwas Modulares herausgebracht und das vorwiegend für das inzwischen zum Industriestandard avancierte Eurorack-System von Doepfer.
Viele Hersteller sind auch auf gutem Wege, ein hauseigenes Komplettsystem präsentieren zu können. Das sind natürlich traditionell: Make Noise, Verbos, Malekko, Pittsburgh Modular, Erica Synths, TipTop, ADDAC, Waldorf usw., relativ neu auf dem Parkett ist Studio Electronics und GRP wartet auch gleich mit einem System auf, das so gut wie alles anbietet. Andere wie Radical Technologies sind auf dem besten Wege zum eigenen Komplettsystem. Aber natürlich sind die auf ganz bestimmte Dinge spezialisierten Hersteller im Eurorack-Dschungel weiterhin in der Überzahl.
Aber nicht nur der Hang, alles aus einer Hand anbieten zu wollen, war auf der SUPERBOOTH17 deutlich sichtbar; jetzt, wo es buchstäblich alles fürs Rack gibt, angefangen von den Brot-und-Butter-Synthesizerbestandteilen wie VCOs, Filtern usw., über Mikrofonvorverstärker, digitale Multieffekte und SD-Karten-Mulittracker bis hin zu Kurzwellenradioempfängern und Oszilloskopen, entsteht natürlich auch im steigend Maß das Bedürfnis, den modularen Synth zum selbstgenügsamen Studio im Studio oder auch ohne Studio zu machen, der auf Hilfe von außen (klassisches Outboard wie Kompressoren, FX, EQs und auch Mischer) weitgehend verzichten kann.
Da passen die vielen racktauglichen Multifunktionstools auf der Schau ebenso hinein wie die Mischer (beispielsweise ADDACs 5-Kanal-Mainkonsole mit 5 Kanälen, PAN und 3 Aux-Wegen).
Beginnen wir einmal mit den klassischen Systemen. Allem voran natürlich das Doepfer Eurorack. Neben den Modulen in Alu Natur neuerdings auch im schwarzen Vintage-Design erhältlich.
In Design und Größe an den legendären Moog angelehnt: Das beeindruckende studiofüllende Moon-Modular-System …
… in den monströsen 5-U-Kabinetten …
… daneben wirkte die Analogue-Systems-Präsentation in 3HE geradezu bescheiden.
Während manche Systeme strippenlos und beinahe deprimiert dastanden, tobt anderswo der Bär – wie hier bei der medienwirksamen TipTop-Performance.
Die modularen Buchten sind schwer umlagert …
Patchgucken ist nicht immer so ganz einfach in den späten Nachmittagsstunden des Donnerstags. Bei Pittsburgh Modular herrscht ziemlicher Andrang.
Beeindruckend grau das System von AQA ElektriX/Advanced Circuit Lab aus Berlin. Daneben eher schlicht im quasi modularen Punk-Style die Präsentationsbox von Alm/Busy Circuits UK die eher die spezielle Sound-Ecke bedienen: 12-Bit-Sounds, FM mit original Yamaha DX-ICs, SID-Chip-Sounds.
Farbenprächtig illuminiert die Kabelinstallation von Malekko. Wo man auch erste Opfer des Nerds-Bekleben-Spiels sichten konnte …
Nicht schlecht der Specht. Bei Curetronic hat man eine kleine Bass-Drum-Box namens Specht aus dem großen Modulssystem ausgelagert. Wird ab Sommer 2017 erhältlich sein.
Direkt angrenzend etwas ganz anderes: Kleine Midi-Helferleins für den Live-Betrieb und Sequencer von der audiowerkstatt.de im luftigen Platinen-Look. Mehr Schau. Die Gehäuseplatinen sind elektrisch funktionslos und die für den Betrieb benötigten Platinen befinden sich griffgeschützt im Innern.
Bei Studio Electronics ist das Rack gefüllt mit eigenen mächtig gestylten Modulen mit verheißungsvollen Namen wie Sci Fi, Grainy Clampit oder Tone Star.
In Buchlascher Retro-Schlichtheit präsentiert Verbos seine Produkt-Palette im wohl abgestimmten Kontrast zur mitgebrachten Botanik.
Der Harvestman – etwas filigraner und in Orange.
Kleine Pause gefällig? Einfach mal den Blick schweifen lassen und schon hängt er am Sputnik-Mosaik fest …
Erfrischungen gibt’s an der Theaterkasse und wer dem Lärm entkommen und mal in Ruhe was an seinem Laptop dichten wollte, für den gab’s etwas abseits ein Casino. Und auch einen Riesenraum für allfällige Reparaturen oder für die DIY-Lötklasse.
Draußen tobt die Schau unverdrossen weiter.
Nicht nur das Ohr, sondern auch das Auge möchte mitbedacht sein: Z.Vex – eigentlich ein Hersteller von Boutique-Effekt-Pedalen im feinsten Hippie-Stil – ist jetzt auch aktiv in der Szene.
Radikal Technologies stellen mit dem Schwarmoszillator und EFFEX zwei weitere große Doppelmodule vor.
Apropos Platz: All die Module suchen natürlich ein Zuhause: Qual der Wahl, wohin damit?
Platzprobleme kennt dieser hier nicht: Streng genommen ist Modulör114 von Sound Machines auch kein Vertreter unserer Gattung, denn seine Module sind fest verbaut, aber gepatcht werden kann nach Belieben und Spannungen von außen werden dankbar entgegen genommen.
Auch „good old“ Kenton Electronics ist vertreten …
Frap Tools hat schicke Module ins Rennen geschickt. Für den Herbst darf man den Fumana erwarten, eine Festfilterbank (man könnte es auch grafischer EQ nennen) mit 2 mal 16 Band-Pass-Bändern, Envelope-Followern und VCAs, mit dem man sich u. a. einen netten Vocoder basteln kann.
Das volle Pfund Kabel in der Hand hat man bei ADDAC aus Portugal. Waren die Module bislang in elegant schimmerndem Rot gehalten, scheint man nun auf das schlichte Schwarz zu setzen. Der neue 5 Kanalmixer, das VU-Meter und der Filter: Alles dunkel.
Die Kohlenfarbe in letzter Zeit auch vorherrschend bei Make Noise mit der Neuheit Morphagene, obwohl Meister Anthony Rolando sich selbst offenbar kontrastierend zu seinen Modulen lieber hell kleidet.
Auch die griechischen Dreadbox-Module haben die gleiche lichtschluckende Farbgebung, Birdkids und Befaco (gibt’s allerdings auch in Weiß) stehen da in nichts nach. Und ganz egal, ob nun Eowave, Expert Sleepers, Vermona, MFB, Tungsten von Kilpatrick Audio oder der sehr vielversprechende spanische Gate- und Pitchgeber Eloquencer: (fast) alles in Schwarz.
Das finde ich bedauerlich, dass sich hier die Autofarben-Mode durchsetzt und dem experimentellen elektronischen Innenleben oft so ein trostloses Outfit genügen muss!
Da könnte man von den Klassikern lernen. Simples Alu mit farbig kodierten Buchsen, um nicht zu sagen: Serge Modular Reissues von Random Source — das hat doch was!
Einen gänzlich neuen Weg beschreitet da die Berliner Innovationswerkstatt Koma Elektronik (bekannt durch ihren Komplex Sequencer) mit dem Wonderbox Field Kit.
Der kleine Soundkasten beherbergt, einen Mischer mit ordentlich Gain für externe Mikrofone, die aufnehmen, was die modulierten DC-Spannungen, die die Box verlassen, an Gebrumm mit den angeschlossenen Elektromotoren erzeugen. Abgerundet vielleicht mit einer Prise aus dem kasteneigenen FM-Radio (Senderlauf ebenfalls CV-steuerbar). Die Electro Acoustic Workstation ist in der DIY-Version ab Juni für schlanke 179 € zu haben.
Gleiche Stadt, und ebenfalls bereit, aus dem faradayschen Gefängnis der Klangerzeugung auszubrechen: Die Berliner Dada Machines trauen sich das Gehäuse zu verlassen!
Diesmal steuert der Midi-Sequencer keinen Midi-Klangerzeuger, sondern die automat toolkit Box generiert aus Notenbefehlen und Controllerdaten Spannungen, mit denen sich elektrische Motoren und Schalter betreiben lassen, die ihrerseits wieder Flaschen, Xylophone, Trommeln, Klangschalen und dergleichen zum Klingen bringen.
Zum Abschluss noch ein paar Querfeldein-Eindrücke, denn neben allen bisher genannten Ausstellern waren auch 4ms, CG Products, Befaco (weiß), Ginko Synthese, Music Thing Modular, Mordax, Rossum und viele mehr auf der SUPERBOOTH.
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