Rückblickend wird man unser Zeitalter die Tablet-Epoche nennen. [Kleine Nachhilfe in Sachen Musikgeschichte: Barock – Klassik – Romantik – 20. Jh. – Tablet, sozusagen.] Quirlig, frech und ein wenig blechern die Musik, klein, handlich, flexibel und bunt die Instrumente.
Auch der neue Roland JP-08 wird den Erwartungen gerecht. Kaum größer als ein Taschenbuch, bietet er kleinste Bedienelemente, ideal für die junge, dynamische und vor allem feinmotorige Smartphone-Generation mit starkem Mobilitätsdrang. Batteriebetrieb für’s Musizieren on the fly sowie ein optionales Mini-Keyboard ergänzen die Philosophie – der JP-08 ist der Inbegriff eines trendigen, modernen Synthesizers.
Schließlich und endlich ist der JP-08 auch die in Metall und Plastik gegossene Realität eines Generationenwechsels. „Alte Deppen“ werden sich die Jungen über jene Musiker denken, die in den 80er und 90er Jahren einen Roland Jupiter-8 auf die Bühne zerrten: 22 Kilo sperriges Metall, ein echter Garantiefall für Bandscheibenprobleme. Da kann der moderne JP-08 nur lachen, ist er mit seinen 970 Gramm (!) doch kaum noch als „Last“ zu bezeichnen.
Dennoch muss auch die junge Generation Abstriche machen (eine kleine Genugtuung für die Middies und Oldies unter uns). So ist der JP-08 nur 4-stimmig (und wird damit – nebenbei – seinem Namen nicht mehr so ganz gerecht).
Etwas überraschend (und noch unklar) ist die Bezeichnung VCO – VCF – VCA. Ist der JP-08 nun analog?
„Using Roland’s acclaimed Analog Circuit Behaviour (ACB) technology the JP-08 faithfully reproduces the original JUPITER-8 sounds and adds a few new twists in the form of extra LFOs and expanded VCO range.“ (www.roland.com/products/jp-08/specifications)
Da wird man nun nicht ganz schlau. Einerseits die Verwendung der VOLTAGE Controlled Begriffe (rein analog sozusagen), andererseits der Hinweis, dass die ACB Technologie die Klänge des Jupiter-8 detailgentreu reproduziert.
Es ist jedenfalls zu erwarten, dass auch der JP-08 keine Wunder vollbringt, er dürfte unter’m Strich ein Software-Synthesizer mit bunten Knöpfen und beleuchteten Reglern sein.
Ungeachtet dessen steht die Frage nach der Klangqualität wie immer auf einem anderen Blatt geschrieben. Roland hat sich jedenfalls betreffend Sounds an das Original gehalten und bietet 64 Patches sowie 8 Patch Presets.
Darüber hinaus bietet der JP-08 aber natürlich mehr als der alte, müde Jupiter-8. Das neue Modul verfügt über einen 16-Step Sequencer mit 16 Speicherplätzen, ein 24 bit / 44.1 kHz Stereo IN/OUT USB Audio Interface sowie einen integrierten Lautsprecher, um sofort und überall die Jupiter-Klänge der Allgemeinheit mit-hörbar zu machen.
Damit die Umgebung aber tatsächlich in den Genuss von JP-08 Endlos-Patterns und freakigen Synth-Sounds kommen kann, bedarf es – im Idealfall des Roland Boutique-Konzepts – der optionalen K-25m Tastatur …
Ein spezielles Highlight ist hier das Panel-Klappsystem. Ganz im Sinne des ollen Minimoog lässt sich der JP-08 in zwei Stufen hochklappen. Für ergonomisches Arbeiten und gesundheitsbewusstes Musizieren.
Abschließend noch die Feature-Liste des JP-08:
VOLUME knob
Ribbon controllers 1, 2
LFO Section
RATE slider
DELAY TIME slider
WAVE FORM select knob
VCO MOD Section
LFO MOD slider
ENV MOD slider
FREQ MOD select switch
PULSE WIDTH MOD slider
PULSE WIDTH MOD select switch
VCO-1 Section
CROSS MOD slider
RANGE select knob
WAVE FORM select knob
VCO-2 Section
SYNC switch
RANGE select knob
FINE TUNE knob
WAVE FORM select knob
MIXER Section
SOURCE MIX knob
HPF Section
CUTOFF slider
VCF Section
CUTOFF slider
RESONANCE slider
SLOPE switch
LFO MOD slider
ENV MOD slider
ENV switch
KEY FOLLOW slider
VCA Section
LEVEL slider
LFO MOD switch
ENV-1 Section
ATTACK TIME slider
DECAY TIME slider
SUSTAIN LEVEL slider
RELEASE TIME slider
Polarity switch
ENV-2 Section
ATTACK TIME slider
DECAY TIME slider
SUSTAIN LEVEL slider
RELEASE TIME slider
KEY FOLLOW switch
PATCH NUMBER 1–8 buttons
PATCH PRESET 1–8 buttons
MANUAL button
UPPER/LOWER button
DUAL button
Power switch
Weitere Info:
www.roland.com/products/jp-08/features
Video Link:
PS: Wie im Video zu sehen besteht die Roland BOUTIQUE Serie aus 3 Instrumenten: JP-08, JU-06 und JX-03 …
Ich finde die Idee ganz nett – mit dem miniaturisierten Mobil-Formfaktor liegen die Drillinge zwar ganz im Trend, und doch habe ich dabei (nicht wenig) gemischte Gefühle… meinen Erfahrungen mit den Junos & Jupitern nach passiert im Regelweg eines faders an bestimmten Stellen unglaublich viel – bei der Faderlänge der Originalinstrumente habe ich gar nicht so selten mit Fingerspitzengefühl Millimeter-Arbeit leisten müssen! Ich kann mir bei den Minifadern der Neuen nicht vorstellen, daß das gut geht…
Dann sind es die 4 Stimmen – bei einem modernen VA-synth einfach zu wenig, der microKorg von 2003 konnte das auch schon. Vor allem irreführend mit der Modell-Bezeichnung JP-08 mit 4 Stimmen…?? Warum nicht zumindest die „vollen“ 8 Stimmen mit 2-fachen upper/lower multimode für zB arpeggio + lead/chord-performance (was den echten JP-8 ausgezeichnet hat), das ganze im anständigen 3HE 19″ Format (JP-8080 läßt grüßen) für ca. 600-800 Euro (vgl. Korg Radias: rack oder Tastatur) – wenn noch der sound stimmt (und das tut er, soweit ich das bisher gehört habe), ein „no-brainer“. Fun-Faktor hin oder her, hier fehlt mir einfach die Nachhaltigkeit und die Vielfalt von Anwendungsbereichen. Der originale JP war einfach ein allrounder, ein Arbeitstier – kompromißlos guter sound, flexible performance-Möglichkeiten, solide hardware,…
so bleibt der neue Jupiter für mich (leider) mehr ein nettes Gadget, als ein ernstzunehmendes Performance-tool. Das hätte Roland besser machen können – gerade wenn es um ein remake eines ihrer Meisterstücke in der Firmengeschichte geht.