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Arturia MatrixBrute – die französische Kult-Ikone?

Arturia MatrixBrute – ein Synthesizer wie aus dem Bilderbuch. Das seit Anfang 2017 lieferbare Instrument avanciert zu einem der GANZ GROSSEN Synthesizer der Gegenwart, zu einem herausragenden Top-Instrument. Das dürfte auch so bleiben – wenn Mikro-Analog-Bauweise und „Made in China“ den Test der Zeit bestehen.

Doch an der Qualität gibt es vorerst nichts auszusetzen. Ganz im Gegenteil: Nach Präsentation des Prototypen (im Jahr 2016) hat Arturia die folgenden Produktionsmodelle sogar noch ein wenig aufgepeppt. Stichwort „Aluminium-Wheels“ (statt Plastik-Wheels). Und nach dem in Folge ersten großen Software-Update (Mitte 2017) ist der MatrixBrute beinahe so perfekt, wie man es sich eben nur wünschen kann.

„Perfekt“ ist natürlich keine hilfreiche Definition, liegt ein „perfekter“ Zustand doch immer im Auge (und Ohr) des Betrachters bzw. Zuhörers.

Doch die Sache ist die: Man setzt sich an ein Instrument und möchte – Überraschung! – MUSIK machen. Man möchte nicht nach Funktionen suchen (man möchte sie finden), nicht kritische Gedanken über fragwürdige Hardware äußern, nicht kurz vor dem Ziel in klangtechnischen Sackgassen enden, nicht lieblose Handbücher durchforsten, nein, man möchte sich hinsetzen und MUSIK machen.

Ganz einfach.

Vom diesem so simplen, aber tiefgehenden Erlebnis lässt sich mit Freude berichten. Partner der Zusammenarbeit ist der MatrixBrute. Instrument auspacken, aufstellen, anschließen. Hinsetzen und von der Picke auf den Synthesizer erkunden. Zwei Blicke in das kleine, gut geschriebene Handbuch, mehr nicht.

Links die Schwebungen einstellen, dort der Knopf zur Oszillator-Synchronisation, direktes Aufnehmen von Sequenzen via Keyboard, das Abspielen und Transponieren der Melodien dann via HOLD Button, Modulationen über die Matrix zuweisen, Aluminiumwheel direkt auf die Filter routen, alles klar. JEDE gewünschte Klangveränderung oder Performance gelingt auf Anhieb. Sogar die Spannungssteuerung der LFO-Geschwindigkeit (z.B. über Envelope 3) ist – an dieser Stelle einer der wenigen Blicke in das Handbuch – möglich.

Grandioser MatrixBrute.

Zugegeben, die beschriebene Vorgehensweise ist nicht vorbildlich. Immerhin wünscht der Hersteller ausdrücklich ein gewissenhaftes Studium des Handbuches vor Inbetriebnahme des Instruments. Wir nicken reumütig und geloben Besserung. Als Wiedergutmachung können wir die erfolgreiche (und so bemerkenswerte) Absolvierung des MatrixBrute-Kick-Off-Tests bestätigen. Einfach hinsetzen und MUSIK machen. Es geht!

256 Presets – Die Macht der Matrix

Alles am MatrixBrute ist spektakulär. Beginnen wir daher mit dem nicht Spektakulären, sprich: dem Selbstverständlichen. Und was das Selbstverständliche in Wirklichkeit bedeutet.

Der MatrixBrute verfügt über 256 Presets. Ein Klacks, würde man meinen. In Zeiten, da viele Instrumente tausende Sounds anbieten (etwas, das doch eher angsteinflößend denn beruhigend sein sollte), scheinen 256 Klänge in der Tat gar nicht so viel. Hier kommt die Matrix ins Spiel. Sie macht deutlich, wie „viel“ 256 Sounds in Wirklichkeit sind. Visualisierung hilft!

Gehen wir davon aus, dass nicht von „irgendwelchen“ Sounds, sondern tatsächlich von „guten“ (eigenen!) Klängen die Rede ist. Von Sounds, für deren Erstellung man sich Zeit nimmt. Ein Faktum, das gerade beim MatrixBrute selbstverständlich sein sollte: All die Klangparameter, all die Modulationsmöglichkeiten, hier noch der Sequenzer, dort die analoge Effektsektion, dann weitere Extras – all das erfordert Zeit. So benötigt man für einen „guten“ Klang (samt Performance) nicht nur wenige Minuten, sondern gerne auch mal eine Stunde oder mehr.

Nehmen wir also an, man erstellt an JEDEM TAG der Woche einen guten Sound. Nach der Arbeit – zack! – ran an den MatrixBrute und los geht’s. Samstag, Sonntag und Feiertage sind natürlich frei (hier darf man unbekümmert spielen, einfach die Klänge genießen, sich anderen Instrumenten oder nebenbei auch der Familie widmen), doch davon abgesehen ist man von Montag bis Freitag täglich eine Stunde mit der Erstellung eines neuen MatrixBrute-Klanges beschäftigt. Setzt man dies konsequent um, so dauert das Füllen der Matrix mit eigenen Presets EIN JAHR (plus – je nach Land und Feiertagen – sechs weitere Tage).

Fazit: „Ein Jahr“ Sound-Design für 256 Klänge. Beeindruckend.

Nach diesem kleinen Ausflug in die Welt der Programmiergelüste kommen wir endlich zu den – noch viel beeindruckenderen – Details des Instruments. Beginnen wir mit den …

Features

Nachdem definitiv alles am MatrixBrute mächtig ist, auf welches Highlight soll man nun hinweisen? 3 VCOs bzw. 3 LFOs (bei Verwendung von VCO3) sind beispielsweise eine exzellente Sache. 3 Hüllkurven ebenso. Jede der 5 Audioquellen kann individuell dem Steiner- und/oder dem Moog-VCF zugeordnet werden. Die beiden VCFs wiederum lassen sich parallel oder in Serie schalten. Rauschen gibt es in 4 Abstufungen (white, pink, red und blue).

Der Pitchbend-Bereich ist bis zu einer Oktave programmierbar, das Mod-Wheel kann mittels Matrix-Zuweisung jeden Parameter des Synthesizers beeinflussen (z.B. Steuerung der Attackzeit via Wheel, Beeinflussung der LFO-Speed-Modulation via Wheel, auch Mehrfachzuweisungen möglich), der gesamte Synthesizer lässt sich in ein unabhängiges 2-Sound-Paket mit Splitpunkt verwandeln (Beispiel: linke Hälfte der 4-Oktaven Tastatur zur Echtzeitmodulation eines vom Sequenzer gesteuerten Sounds, rechte Hälfte der 4-Oktaven Tastatur zum Spielen eines Leadsounds … Duo-Timbralität in Echtzeit).

Soundtechnisch bleiben (fast) keine Wünsche der analogen Klangsynthese unerfüllt, im Gegenteil: Man wird mit einem monströsen Berg an Möglichkeiten konfrontiert (und erinnert sich – ab und zu jedenfalls – wehmütig an die Einfachheit eines MiniBrute oder MicroBrute zurück). Doch damit zum entscheidenden Kern des MatrixBrute, dem …

Konzept des Instruments

Um das Wunder dieses Synthesizers zu begreifen, hilft ein Blick auf das Team, welches den MatrixBrute ins Leben gerufen hat. Bei einem solchen Aufgebot an Mitverantwortlichen lässt sich erahnen, wie viel Man-Power / Arbeitsaufwand in den MatrixBrute investiert wurde. Das macht sich für den Benutzer äußerst positiv bemerkbar, denn jeder Aspekt des Instruments – ob nun Hardware oder Software – ist gelungen / intuitiv / am richtigen Platz / benutzerfreundlich gelöst.

Die so übersichtliche und logische Zusammenstellung dieses hoch komplexen Synthesizers zählt – neben allen musikalischen Lobpreisungen – zu den bemerkenswertesten Leistungen rund um den MatrixBrute.

Womit sich der Kreis zurück zum „monströsen Berg an Möglichkeiten“ schließt. Orientierung am MatrixBrute und die Bedienung des Instruments funktionieren bemerkenswert gut*. Zügiges Umsetzen der musikalischen Ideen, der Intuitionen, der Klangwünsche – alles par excellence.

[* Wir haben die Orientierung noch etwas nach persönlichem Geschmack optimiert und unserem MatrixBrute einige weiße Regler spendiert. Nun sind die VCO-Wellenformen und die beiden VCF-Regler im Meer der (grauen) Knöpfe besser ersichtlich.]

Stärken des Instruments

– Mächtige VCOs

Bekannt (und allgemein sehr geschätzt) von MiniBrute und MicroBrute: Der mächtige Arturia VCO. Hier im Doppelpack, mit drittem VCO (LFO) extra. Zu den beiden Haupt-VCOs kommen noch zwei Sub-Oszillatoren. Alle Wellenformen sind mischbar (Stichwort: „Neue Wellenformen“), alle Extras wie Ultrasaw-, PW- und Metalizer-Funktion sind vertreten.

Die Lautstärke-Mischung der Audioquellen (3 VCOs + Noise + Audio-In) sowie deren individuelle Zuordnung zu den beiden Filtern im MIXER rundet die Kernzone des Signalflusses ab.

– Audio Modulationen

Hier die Feinheiten für Spezialisten: VCO1 kann die Tonhöhe von VCO2 modulieren (Frequenz-Modulation alias FM). VCO3 darf ebenso zur FM-Steuerung der beiden Haupt-VCOs herangezogen werden, wie auch zur Modulation der beiden Filter. Schließlich noch Noise, als Modulationsquelle für VCO1 bzw. VCF1. Jeder Regler kann (so wie fast jeder Regler des Instruments) in der Matrix als Modulationsquelle zugeordnet werden, so dass beispielsweise Velocity (oder der Sequenzer, oder ein LFO) wiederum die Stärke der FM-Modulation von VCO3 auf VCF2 (nur als Beispiel) moduliert …

[Hinweis: Sollte der MatrixBrute trotz komplett geschlossener Audio-Quellen (VCO1/2/3, Noise / Ext In – alles im Mixer auf Wert „0“) noch unerklärliche Töne produzieren, so kann es an der aktiven Audio Modulation liegen. Der Regler VCF < VCO3 > VCO2 etwa verursacht im aufgedrehten Zustand durch die hochfrequente Modulation einen Dauerton, abseits aller Mixer-Einstellungen.]

– Flexible VCFs

Steiner-Parker VCF: LP / BP / HP und Notch; 24dB / 12dB
Moog Ladder VCF: LP / BP / HP; 24dB / 12dB

Die Filter können parallel oder in Serie geschaltet werden (und gemeinsam bzw. auf Wunsch einzeln genutzt werden – Stichwort „Lautstärkeregler pro VCF“). Auch hier die schon bekannten Zugaben alias BRUTE Faktor und DRIVE. Jedes VCF hat seinen eigenen CUTOFF Regler, ein gemeinsames (und sehr augenfälliges) Drehrad ermöglicht zudem die gleichzeitige Steuerung beider Filter-Eckfrequenzen.

Für die „direkte“ VCF-Performance mittels Modulationsrad ist zudem eine eigene Wahlmöglichkeit im Wheel-Bereich vorgesehen. Ebenso wie die individuelle externe CV-Steuerung beider Filter (Stichwort „CV-Patchbay“ oder „Pedal“).

Besonders hervorzuheben sei noch die wunderschöne Resonanz der Filter, speziell jene des Steiner-VCF. Wie in einigen der angefügten Klangbeispiele zu hören, treten hier die Obertöne klar und lupenrein hervor. Garant für klangliche Ekstase, vor allem bei langsamer Modulation des Filters.

– Großzügige Hüllkurven

Nun, Hüllkurven 1 und 2 sind so weit Standard: beide ADSR. Doch jener jeweils vorangestellte (weiße) Regler ist neu. Er ermöglicht die simple (aber effektive) Festlegung der Velocity-Beeinflussung auf die jeweilige Hüllkurvenstärke. Getrennt für VCF und VCA. Damit die Wirkungsweise der Envelopes nicht statisch ist und (noch) mehr Leben ins Spiel kommt.

Hüllkurve Nummer 3 hat einen Delay-Regler statt des Velocity-Features. Diese sehr nützliche D-ADSR Hüllkurve ist nicht fest verdrahtet (außer im Dual/Splitmodus, siehe Grafik gegen Ende des Berichts) und wird erst in der Modulationsmatrix – vom Benutzer – zu einem Ziel nach Wunsch geroutet. Zur zeitlichen FM-Steuerung etwa, zur dynamischen Veränderung der LFO-Geschwindigkeit, LFO-Intensität, VCO-Tonhöhe, etc. Wonach eben das Herz begehrt …

– Umfassende LFOs

Die beiden Haupt-LFOs sind (fast) identisch und haben jeweils 7 (!) Wellenformen. Die Synchronisation mit dem Sequenzer erfolgt per Knopfdruck (so wie – nebenbei gesagt – alle zeitlichen Komponenten des MatrixBrute synchronisierbar sind, z.B. Analoges Delay zu Sequenzer zu LFO). Das Retriggern der LFO-Phase dürfte meist OFF sein (was dem Normalzustand entspricht), kann aber auch per Tastendruck (Single / Multiple Key) erfolgen. LFO1 bietet zudem die Möglichkeit der Phasenverschiebung, während LFO2 einen Delay-Regler spendiert bekommen hat.

Die Reichweite der Haupt-LFOs geht von „1 Zyklus pro 18 Sekunden“ (sprich: sehr langsam*) bis „100 Zyklen pro Sekunde“ (100 Hz).

[* Den langsamen Wert können wir in der Praxis nicht nachvollziehen, er scheint deutlich „über“ dem 18-Sekunden-Zyklus zu liegen.]

Der dritte LFO alias VCO ist für die Audio-Modulationen (siehe oben) zuständig und erweitert (Stichwort „FM“, wie zuvor erläutert) das Klangspektrum des MatrixBrute enorm.

– Analoge Effekte

Exzellent: (Mono/Stereo) Delay, Flanger, Chorus, Hall. Benutzerfreundlich mit wenigen (entscheidenden) Reglern ausgestattet, sehr effektiv – speziell im Zusammenspiel mit dem Sequenzer … wir sind wieder beim Thema „Synchronisation“.

Hier natürlich das Highlight: Jeder Effekt-Regler (Delay Time, Regeneration, etc.) lässt sich als Modulationsziel in der Matrix zuordnen. So wie eben (fast) jeder Regler des Instruments. Aber die Möglichkeit der Effektanteil-Spannungssteuerung hat im Speziellen seinen großen Charme …

– Matrix: 1 Arbeitsfeld / 3 Aufgabengebiete

Der namensgebende Teil des Instruments – die Matrix – ist nicht nur sehr hübsch, sondern vor allem enorm flexibel. Sie dient zum:

Hier kommt die Genialität des MatrixBrute-Konzepts zum Ausdruck. Großen Knopf PRESET drücken und Sounds anwählen, großen Knopf SEQ drücken und Patterns aufrufen/erstellen, großen Knopf MOD drücken und die Modulationen verwalten/einrichten.

Sehr simpel eigentlich, doch in dieser (vorbildlichen) Weise erstmals in der Synthesizer-Welt beim MatrixBrute zu finden. Arturia zeigt, wie es geht!

PRESET wurde bereits mit philosophischer Note bedacht („ein Jahr Arbeit“, Sie wissen schon), und der SEQuenzer ist so umfassend, dass wir uns mit dem Hinweis „exzellent“ begnügen (4 Spuren – Note / Accent / Slide / Mod – mit je 64 Steps). Jeder der 256 Sequenzer-Speicherplätze kann durch Drücken von LINK einem beliebigen Sound fest zugeordnet werden. Einfacher geht es wohl kaum.

Versteckt im SEQ Bereich liegt noch der Arpeggiator. Den gibt es einerseits als gewöhnlichen, nun, eben, Arpeggiator (man drücke so viele Tasten, wie man will und Voilà: schöne Zerlegungen), oder aber auch als Spezial-Tool namens „Matrix Arpeggio Mode“. Hier mutiert die Matrix zur Arpeggio-Tafel und zur gleichzeitigen Trigger-Schiene (sprich: rhythmischen Komponente) des Arpeggios.

MOD ist schließlich das geniale Netz der Modulations-Routings, von Arturia treffend als „electronic patchbay“ bezeichnet. Nachdem – nun zum dritten Mal erwähnt – JEDER Regler der MatrixBrute Klangerzeugung (und der Effekt-Sektion) als Modulationsziel dienen darf (bitte nachsprechen „Jeder Regler“ – man lasse sich das gut auf der Zunge zergehen), dringt dieser Synthesizer in Bereiche vor, von denen sogar gut bestückte Modularsysteme zuweilen nur träumen können.

Gut, gut, das ist nun sehr euphorisch formuliert, zumal es im Eurorack-Modular-Bereich inzwischen nichts gibt, was es nicht mehr gibt. Aber es drückt die Flexibilität des MatrixBrute aus: Steuerspannung aller Hüllkurvenzeiten, Steuerspannung des DRY/WET Effektanteils, dynamische Kontrolle der LFO-Speed, der Sub-Osc Lautstärke, und so weiter und so fort …

– Performance und das Midi Control Center

Ein König, wer 4 Oktaven sein eigen nennen darf – 4 Oktaven mit Velocity und Aftertouch, am monophonen Synthesizer. Genial. Da ist Platz für ausgiebige Soli, für Akkordspiel (paraphones Aufteilen der Oszillatoren) und für Split-Orgien rund um Sequenzer/Arpeggiator samt Live-Beigabe des potenten Keyboarders. +/- 2 Oktaven (Transpose) erweitern den verfügbaren Tonbereich auf 8 Oktaven.

Die beiden Aluminium-Wheels sind ein haptischer Genuss, ihre Flexibilität die Perle so mancher Live-Performance. In einer „idealen“ Welt hätte Arturia noch Platz für einen schönen Ribbon-Controller gefunden, einen Samtstreifen (geschmackvoll ins Holz eingearbeitet) etwa. Doch in Anbetracht des äußerst fairen Preises dürfen wir dem MatrixBrute keine weiteren Wünsche abringen. Das Instrument ist (beinahe) perfekt – so, wie es ist.

Genial die Idee der Macro-Controller links neben der Tastatur. Jene Controller, die ja wiederum in der Matrix völlig frei zuweisbar sind (bis zu 16 Ziele pro Regler!) und ebenso genial die umfassenden rückseitigen Anschlüsse (Pedale und CV-Panel). Dickes Lob!

Noch mehr Power kommt über das MIDI Control Center ins Spiel. Eine kostenlose Software, bei Arturia downzuloaden und eine Art „Total Control Station“ rund um den MIDI-MatrixBrute. Einige Funktionen (Sync-Modus beispielsweise) lassen sich – wir kennen es von MiniBrute / MicroBrute – ohnehin nur über diese Software einstellen, man tut also gut daran, sein Instrument zu registrieren und besagte Software zu installieren.

Nebenbei fungiert das MIDI Control Center möglicherweise noch als Werbeplattform, denn schließlich steht hier der Support für zahlreiche Arturia-Instrumente (aktuell: 18) bereit, der aufkeimende Wunsch eines MatrixBrute-Besitzers nach Erweiterung des Set-Ups um einen BeatStep oder einen SparkLE also durchaus im Interesse des Herstellers sein dürfte.

Trotz TOTAL CONTROL: Gut hinhören

Wer die komplette (digitale) Kontrolle darüber benötigt, was Finger, Gehirn und diverse Spielhilfen (Sequenzer, etc.) alleine nicht zuwege bringen, bitte sehr – beim MatrixBrute ist vorgesorgt. Jeder Regler sendet MIDI CC, jedes Byte bleibt (auf Wunsch) unter strikter Kontrolle und kann im digitalen Universum noch perfektioniert werden.

Das Nachspüren jedes Bits und Bytes im zerhakten Analoggetriebe – etwas, das manche Musiker mit Hingabe frönen – scheint uns persönlich ein wenig übertrieben. Diese Überlegung hat nun gar nichts mit dem MatrixBrute zu tun, es ist eher eine Frage der persönlichen Einstellung bzw. der bevorzugten Arbeitsweise des jeweiligen Musikers. Und natürlich soll jeder so arbeiten, wie er will. Dennoch hat es den Anschein, als würden spontane oder nur minimal unerwartete Dinge in der akustischen Landschaft so manche Gebäude musikalischer Selbstdarstellung sofort zum Einsturz bringen.

Das Ringen um die ultimative Kontrolle aller Parameter ist umso erstaunlicher, als gerade spontane (unerwartete?) Abläufe oder Klangereignisse das gewisse Extra in die Musik bringen und die so dringend ersehnte Lebendigkeit entstehen lassen können, Dinge also, die man – es ist beinahe absurd – gerade über TOTAL CONTROL zu erreichen versucht (und ebenda scheitert, weil TOTAL CONTROL, sprich: Nicht spontan.)

Schön ist jedenfalls, dass TOTAL CONTROL am MatrixBrute keineswegs zwanghaft vorgegeben oder unabdingbarer Teil des Arbeitsflusses ist. Ganz im Gegenteil. Das kleine, unauffällige (nicht beleuchtete!) Display zeigt lediglich den aktuellen Preset-Namen und die Belegung der 4 Makro-Controller (daher die Bezifferungen 13 / 14 / 15 / 16 – alias den Zuordnungs-Ziffern in der Matrix), doch darüber hinaus bleibt das Display erfreulich informationslos. Keine permanenten Zahlenspiele, keine Zirkusnummer hinter Glasscheibe, das Wesentliche steht da, aus!

Denn mehr braucht es auch nicht: Ob die Intensität der Velocity nun genau richtig ist, ob die Länge / Kürze der Decay-Zeit gerade so passt, ob die Mischung der VCO-Wellenformen noch um diese oder jene Nuance verfeinert werden könnte … all das soll das GEHÖR entscheiden. Gearbeitet wird mit Fadern, Reglern und Knöpfen „direkt“ am Instrument. Finger, Ohren und Gehirn dürfen am MatrixBrute ihr Können zeigen. Gut hinhören und der eigenen Klang-Ästhetik entsprechend sofort reagieren – der ideale „musikalische“ Workflow!

So werden rund um den MatrixBrute also beide Welten bestens bedient. Einerseits hat der Bit-&-Byte Klangtüftler via Computer und MIDI CC die totale Kontrolle bis in die kleinste Ecke der akustischen Materie zur Hand (so er das will), andererseits bleibt der Live-Musiker immer spontan (ohne Ablenkung durch ständig mitlaufende Display-Werte-Änderungen, verführerische digitale Zahlenspiele oder ermüdende Menüs / Untermenüs).

Wunderbar.

MatrixBrute, oder: Die Magie der Hardware (?)

Qualität und Gewicht stehen in der Musikelektronik oft in direktem Zusammenhang – ein alter Hut, wenngleich ein wahrer Hut. Schon beim Auspacken wird deutlich: Der MatrixBrute muss sehr gut (!) sein. 20 Kilogramm bringt er auf die Waage.

Alles solide, wunderschönes Holz (echtes Holz – vielen Dank), Chassis aus schwerem Metall, solide Knöpfe* und Potis, großzügige Fader. Bereits vor dem Erklingen des ersten Tons macht der MatrixBrute große Freude (und danach natürlich umso mehr). Ein solch schönes Instrument behandelt man auch umgehend mit großem Respekt. Behutsames Anheben und Einrasten des mächtigen Panels, sorgfältiges Anschließen der Kabel, bedächtiges Einschalten: Der MatrixBrute strahlt Magie und Disziplin aus – etwas, das sich sofort positiv auf den Benutzer überträgt.

Was an offener Frage noch bleibt ist die Überlegung, wie lange „Made in China“ nun wirklich hält. Besagten respektvollen Umgang mit dem Instrument vorausgesetzt, das ist klar. Einerseits muss man zugeben, dass „Made in China“ betreffend äußerer Bauteile heute ein sehr hohes Qualitätsniveau erreicht hat und es wohl an der Zeit wäre, eventuelle Vorurteile in dieser Richtung abzubauen.

Andererseits gibt es rund um den MiniBrute (Stichwort „überraschend abfallende Tastenblättchen“) oder den MicroBrute (unser Instrument hat sich nach 18 Monaten mit einem sonorigen Dauerton in die ewigen musikalischen Jagdgründe verabschiedet) so manche Anekdote der Arturia-Vergangenheit zu erzählen. Und ja, wie sich seit ca. 2020 langsam herausstellt, werden die Gummi-Potis der bisherigen Arturia-Produkte nach einigen Jahren (nicht zwingend, aber in vielen Fällen doch) unangenehm klebrig. Sehr ärgerlich, denn einerseits ist die Frage nach „Ersatz“ nicht geklärt, andererseits fühlen sich die Sticky Pots keineswegs gut an, um es höflich zu sagen. Die neuen Hartplastik-Potis der NOIR Edition dürften ein (notwendiges) Resultat dieser Entwicklung sein.

Als Nachtrag folgt später noch der Hinweis zur (aus unserer Sicht) nicht-ganz-optimalen Audio-Qualität (Stichwort „Rauschen“). Womit wir nun endlich …

… einige Gedanken zum SOUND

präzisieren dürfen. Flexibilität und (so gut wie) unerreichte Performance – willkommen beim MatrixBrute! Solosounds (geniale Sync-Sounds), Effektsounds, Bässe (Sub-Oszillatoren), sogar Flächensounds (paraphon) bietet das Arturia Flaggschiff in bester Qualität. Die guten Klänge alleine machen es aber selbstredend nicht aus. Erst der Sequenzer / Arpeggiator und – noch mehr – die Live-Manipulation der unglaublichen Modulationsmatrix setzen dem Instrument die Krone auf.

Zudem – und dies sind nun die Diamanten auf der Krone – kommen die analogen Effekte ins Spiel. Sie geben dem Instrument, nein, dem „Konzept eines Analogsynthesizers“ eine neue Dimension.

Nicht, dass die Effekte besonders rauscharm wären (sind sie nicht), doch sind sie perfekt ausgewählt (Delay, Chorus, Flanger, Reverb), erlauben die direkte Klangveränderung / Klanganpassung am Instrument (Delay-Zeit, Stereo-Breite, etc.) und erzeugen – besonders bei hohem Effekt-Anteil – eine ganz eigene, sehr intensive, räumliche und zuweilen auch mystische Klang-Atmosphäre … inklusive akustischer Fein-/Grobheiten wie Rückkoppelung und Übersteuerung.

In dieser Gesamtheit entwickeln sich klangliche Flexibilität, grandiose Performance und besagte „räumliche Dimension“ des Instruments zu einer Art Perpetuum Mobile, zu einem Selbstläufer. Dann mutiert der MatrixBrute zu einem Synthesizer „wie aus dem Bilderbuch“ (wir kehren zur Einleitung zurück), man wird definitiv süchtig nach der Matrix und all den wundervollen Details in ihrer Umlaufbahn.

Im High-Zustand besagter Matrix dankt man Arturia für die Erschaffung dieses Instruments. Denn in Windeseile mutiert der MatrixBrute zu einem musikalischen Zentrum im Studio. Sein „Sequenzer-plus-analoge-Effekte“-Paket machen ihn einerseits autark (einfach hinsetzen, Kopfhörer anstecken und loslegen), seine umfassende MIDI/USB/CV/Gate/Sync-Abteilung macht ihn jedoch ebenso zur Kommunikationszentrale mit anderen Klangerzeugern (Synthesizern, Drumcomputern, Modularsystemen, etc.)* im Studio.

[* Die Synchronisation mit externen (analogen) Geräten ist uns übrigens noch nicht zur Gänze geglückt. Die an sich sehr anspruchslose Korg Monotribe hatte ob des MatrixBrute Gate-Out-Signals – als Clock – unkontrollierbaren Schluckauf. Woran es liegt entzieht sich bisher unserer Kenntnis. Es ist jedenfalls zu erwarten, dass Arturia ab und an noch Software-Updates zum MatrixBrute nachlegen dürfte.]

Nun aber die Frage, ob man angesichts der klanglichen wie konzeptionellen Mächtigkeit eines MatrixBrute nicht alle anderen Analog-Synthesizer am Markt über den Jordan kippen könnte? Zu einem gewissen Teil: Sicher ja.

Dennoch: Ein (neuer) Minimoog ist nun mal ein (neuer) Minimoog und ein GRP A2 ist ein GRP A2. Und keines der Instrumente ist obsolet. Es gäbe weitere Beispiele, doch diese beiden Instrumente wurden gewählt, um einen allgemeinen Gedanken zum Klangcharakter des Arturia Flaggschiffs zu formulieren. Einen Charakter, den wir mithilfe von 40 Minuten Audio-Material zu präsentieren versuchen*.

[* An dieser Stelle der Tipp: Kopfhörer aufsetzen und die angefügten Klangbeispiele starten.]

Hiermit zu besagtem allgemeinen Gedanken: Der Arturia-Sound – wir dürfen ihn sicher so nennen – ist grundsätzlich äußerst vielseitig, zugleich aber etwas kühl. Was nun keine Wertung ist, denn eher eine Beobachtung. Voll analog, berstend vor nuancierter Vielfalt, musikalisch hochwertigst, nur eben: etwas kühl. Ein wenig „tight“, wenn man so will*.

[* Neutral könnte man es auch als „Arturia’s own modern touch and character“ bezeichnen, wie im Vorwort des MatrixBrute Handbuches zu lesen …]

Und damit zurück zu unseren beiden Vergleichskandidaten. Mit 3 VCOs und einem Ladder-VCF müsste der MatrixBrute doch dem Minimoog recht nahe kommen ..? Fehlanzeige. Und mit 2 VCOs und dem Steiner-VCF (Stichwort „Notch“) müsste das Instrument doch wie ein GRP A2 klingen ..? Njet.

Das ist – wir wenden es nun ins Positive – auch gut so. Obwohl eine Zauberkiste par excellence, ersetzt der MatrixBrute trotz seiner vielen Möglichkeiten nicht jeden Synthesizer. Seine Stärken liegen eben da, wo er (zu tausend Prozent) punktet: In der klanglichen Flexibilität und in der unerreichten Matrix-Performance. Wärme ist nicht seine größte Stärke, sämiges VCO-Detuning und analoges Schmatzen klingt bei anderen Instrumenten, nun ja: deutlich sämiger und analoger.

Die musikalischen Ergebnisse des MatrixBrute sind dennoch durch die Bank von herausragender Qualität … dieser Synthesizer klingt – Wärme hin oder her – exzellent. „Modern“ analog und auf seine eigene Art und Weise grandios.

Drei Dinge ließen sich allerdings betreffend Performance, Signalpfad und Audioqualität noch verbessern:

Punkt 1 (Performance): Das Umschalten der Sounds verursacht einen kurzen „Totpunkt“ – eine knappe Sekunde, in der nichts zu hören ist. Das hemmt die Performance insgesamt ein wenig.

Punkt 2 (Signalpfad): Weder die beiden VCFs noch die beiden Sounds (im Dual Modus) lassen sich im Stereo-Feld verteilen. Immerhin hat man 3 VCOs, 2 unabhängige Filter und neben dem VCA noch einen zusätzlichen „hidden VCA“ für die zweite Stimme. Doch das Panorama-Bild bleibt – mit Ausnahme der Stereo-Effekte – ein versiegeltes Buch.

Punkt 3 (Audioqualität): Wie schon kurz angedeutet – das Ausgangssignal des MatrixBrute rauscht etwas. „Etwas“ bedeutet: Etwas mehr, als man einem Studio-Gerät zugestehen sollte. Im Live-Betrieb fällt das Rauschen nicht sofort auf, im Studio (beim Aufnehmen mehrerer Spuren und Abhören via Kopfhörer) hingegen sehr wohl.

Fazit

Die letztgenannten Punkte sind natürlich keine Kritik, denn eher Anregung, um dieses „Instrument der Königsklasse“ weiter zu verfeinern.

Gut denkbar, dass der MatrixBrute mit seinem überragenden Gesamt-Paket zum „Synthesizer des Jahrzehnts“ gekürt wird. Er bietet ein durch-und-durch gelungenes Konzept, er hat alles, er kann alles. Dieses Resumée wäre – nebenbei – die schnellste und finalste Form des Testberichts.

Neben den üblichen klanglichen Stärken (organische Sequenzer-Patterns, aufregende Filtermodulationen, „screamy“ Sync-Soli, extravagante Effektsounds, etc.) sei nochmals auf die beiden „Unique Selling Points“ des Instruments hingewiesen, seine Matrix und – vor allem – seine analoge Effekt-Sektion. Jene Effekte, die Raum und Magie in die klangliche Atmosphäre der französischen Kult-Ikone bringen.

So verbleiben wir mit ein paar philosophischen Gedanken (256 Presets > „ein Jahr“ Sound-Design) sowie einigen Erklärungen und Ausführungen rund um große Stärken und kleine Schwächen des MatrixBrute und huldigen auf bescheidene Art diesem meisterhaften Instrument.

Für ca. 2000 Euro erhält der Musiker einen Synthesizer par excellence. Arturia hat ganze Arbeit geleistet. Gratulation!


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Update 07/2021
. Den MatrixBute gibt es nun auch in der Noir Edition. In Schwarz und mit neuen (Hartplastik) Knöpfen. Für alle, die es „gepflegt dunkel“ lieben und / oder an den – im Laufe der Jahre – zunehmend klebrigen Gummipotis der Standard MatrixBrute-Serie verzweifeln.


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50+ Minuten Klangbeispiele sind angefügt. 95% davon ist der MatrixBrute pur. In einem Beispiel (DEMO 1) wurde der GRP A8 um Beisteuerung einer Stereo-Sequenz gebeten (für etwas mehr „Wärme“ im Gesamtklang), in einem anderen Beispiel (SOLO paraphon) ist ein indischer Drumcomputer zu hören (Electronic Tabla). Alle restliche Performance ist „direktes Geschehen“ am MatrixBrute. Die Klangbeispiele verwenden MatrixBrute Effekte (vorzugsweise Delay und Flanger), sowie in einigen Fällen das Hallgerät Quantec QRS.

Arturia MatrixBrute - Demo 1
Arturia MatrixBrute - Demo 2
Arturia MatrixBrute - Demo 3
Arturia MatrixBrute - Demo 4
Arturia MatrixBrute - Analog 1
Arturia MatrixBrute - Analog 2
Arturia MatrixBrute - Analog 3
Arturia MatrixBrute - Analog 4
Arturia MatrixBrute - Analog 5
Arturia MatrixBrute - Analog 6
Arturia MatrixBrute - Oxygène
Arturia MatrixBrute - Massive
Arturia MatrixBrute - Lead Line 1
Arturia MatrixBrute - Lead Line 2
Arturia MatrixBrute - Vangelis
Arturia MatrixBrute - Sequence 1
Arturia MatrixBrute - Sequence 2
Arturia MatrixBrute - Sequence 3
Arturia MatrixBrute - Sequence 4
Arturia MatrixBrute - Filter Resonance
Arturia MatrixBrute - Rhythm 1
Arturia MatrixBrute - Rhythm 2

Arturia MatrixBrute

Paraphoner Analoger Synthesizer
mit Mod Matrix / Sequencer

Preis:
Standard Edition: ca. 1.929 Euro
Noir Edition: ca. 1.949 Euro
(10/2023)

Website Hersteller:
www.arturia.com

Download:
MatrixBrute Foto (3400 x 2400 px)

Links:
MatrixBrute Test Report von Gordon Reid (SoundOnSound)
Youtube Video von Olivier Briand

Testbericht Arturia MiniBrute
Testbericht Arturia MiniBrute 2

Testbericht Arturia MicroBrute

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