Richard Lawson – Inhaber von RL Music

RL Music ist der größte Händler für Vintage Synthesizer in Europa. Das Unternehmen befindet sich in Reading, Berkshire im Süden Englands. Lesen Sie hier das Interview, das wir mit Richard Lawson, dem Inhaber von RL Music, geführt haben.

Richard Lawson of RL Music

Richard Lawson of RL Music in his studio

GS: Richard, kannst du zunächst etwas über dich selbst erzählen? Wie bist du mit Synthesizern in Kontakt gekommen, was hat dein Interesse geweckt? Waren es Musiker, ihre Stücke oder die Instrumente, die sie verwendeten?

Richard Lawson: Nun, lasst mich mal überlegen. Meine aus heutiger Sicht interessante Zeit begann wohl als Teenager. Es war in den 1970er Jahren, als ich die Liebe zu Synthesizern entdeckte. Diese Begeisterung hat sich bis heute gehalten. Wenngleich ich nie eine Karriere im Musikbereich angedacht habe, kommt mir mein, sagen wir, „Vorleben“ aus dem IT-Geschäftsbereich heute sehr zugute. Als ich RL Music 2002 gründete, hatte ich gerade die richtige Mischung von professionellem Verkauftalent und der Hingabe zum Produkt (eben zu  Vintage Keyboards) vorzuweisen. Wie so viele Synthesizer-Liebhaber bin auch ich ein, sagen wir, Möchtegern-Musiker. Ich machte es immer gut, doch mit zu wenig Professionalität um davon leben zu können. Daher schien es mir ratsam, nicht vom künstlerischen Standpunkt aus sondern eben im Bereich Equipment in das Musik-Geschäft einzusteigen.

In der Jugend waren meine großen musikalischen Einflüsse Tomita, Jean-Michel Jarre und Vangelis. Nun, sie sind es noch immer. Wie auch immer – es inspirierte mich, was diese Künstler mit den Synthesizern zu Wege brachten (und es noch tun) … und natürlich wollte ich das auch. Dabei waren es vor allem die riesigen Modularsysteme, die mir große Ehrfurcht einflößten. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich eines Tages mit dem An- und Verkauf dieser Instrumente Geld verdienen würde, ich hätte es niemals geglaubt!

RL Music Webseite

RL Music Webseite

GS: Wie kam es dann zur Gründung von RL Music?

Richard Lawson: Ich rief RL Music aus zweierlei Gründen ins Leben. Erstens war da natürlich meine ungebrochene Leidenschaft zu analogen Synthesizern. Zweitens gab es (und gibt es) meine feste Überzeugung, dass viele Leute in der Welt genau diese schönen Instrumente haben möchten … und zwar im perfekten Zustand, professionell restauriert. Zuverlässige Geräte also, die – mit Garantie versehen – dem Besitzer für viele Jahre Freude bereiten.

eBay Shops und andere Synthesizer-Händler sind vor allem daran interessiert, Geräte möglichst im schnellen Durchlauf zu veräußern. Ich bin jedoch daran interessiert, eine langfristige Zufriedenheit meiner Kunden zu erreichen. Dafür benötigt es umfassende Service-Arbeiten an den Instrumenten, sodass letztlich entsprechend hochwertige Synthesizer ausgeliefert werden. Ich wollte seit jeher RL Music zum einem etablierten Vintage-Synthesizer Shop in der Welt machen … und an diesem Anspruch hat sich natürlich nichts geändert.

Die RL Website ist so zu sagen das nach außen hin präsentierte Unternehmen. Doch in Wirklichkeit passieren die entscheidenden Vorgänge im Unternehmen hinter den sichtbaren Kulissen. Das gesamte Geschäft ist in der Tat recht komplex, zumal es ein Team von sehr gut ausgebildeten und hochprofessionellen Fachkräften benötigt, die zur Restauration der Instrumente beitragen. Daher arbeite ich mit einigen wenigen, dafür aber spezialisierten Unternehmen in Großbritannien zusammen. Ein Großteil der wichtigen Synthesizer-Restaurierungen wird beispielsweise von meinem guten Freund Kent Spong (KSR = Kent Spong Restorations) durchgeführt.

Oberheim OB-Xa

Oberheim OB-Xa – „8 voice“ Special Edition, dessen Restaurierung sechs Monate in Anspruch genommen hat

GS: Was war die größte Herausforderung, als du mit RL Music begonnen hast? Gab es unerwartete Überraschungen?

Richard Lawson: Nun, wo soll man hier beginnen? Schon das erste Instrument, welches ich verkaufte, war eine unerwartete Herausforderung. Nicht das Instrument selbst (ein Roland VP330 MKI Vocoder), aber die Situation. Da stand eine tränenüberströmte junge Frau, die augenscheinlich das Geld für das Instrument nicht dabei hatte und dennoch den Roland Vocoder dringend für einen Auftritt an selbigem Abend benötigte. Spezielle Herausforderungen sind heute natürlich die unterschiedlichen Zusammenarbeiten mit technischen Unternehmen und Ingenieuren wenn es um die Entwicklung von Synthesizern bzw. Prototypen geht.

Sicher ist es schön, ein Unternehmen von der Pieke auf zu gründen, man ist gewissermaßen frei und hat große Freude. Doch gleichzeitig ist es sehr hart, denn “alles” ist neu. Zu den großen Problemen zählten die Bereiche Verpackung und Versand von Instrumenten. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass dies so heikel wäre. Es dauerte auch Jahre, bis ich hier ein absolut hochwertiges Qualitätsniveau erreichte. Verpacken und Versenden ist eine banale und an sich sogar langweilige Arbeit, doch sie zählt zu den wichtigsten Dingen in meinem Beruf. Eine liebevolle Restauration des Synthesizers nützt wenig, wenn die Verpackung dann nicht stimmt.

Die größte Schwierigkeit ist jedoch grundsätzlich das Finden von guten Leuten, mit denen man zusammen jene Services anbieten kann, die hochwertig restaurierte Instrumente zum Ziel haben. Es braucht sehr gut ausgebildete Fachleute. Kent Spong, um ihn nochmals zu nennen, ist ein treuer Weggefährte seit 37 Jahren. Er gehört zu jenen Leuten, auf die ich mich verlassen kann. Anders sieht es jedoch bei Drittanbietern aus, bei Firmen, mit denen man sehr schnell weniger positive Erfahrung macht und die eben andere Qualitätsansprüche stellen, als man sich diese wünscht. Wie dem auch sei, ich habe heute ein sehr hochwertiges Team um mich … und das zu finden war wohl die größte Herausforderung.

Yamaha CS-80

Yamaha CS-80 – Richard’s Lieblings-Synthesizer

GS: Wie lange benötigst du für eine Synthesizer-Restauration? Ist es schwierig Ersatzteile zu finden?

Richard Lawson: Der Aufwand ist natürlich von Gerät zu Gerät verschieden. Die Restauration eines ARP-2600 kann bis zu 8 Wochen dauern sobald neben den technischen auch die kosmetischen Reparaturen hinzukommen. Auch ein CS-80 benötigt ohne weiteres bis zu 8 Wochen Arbeit. Der Juno-60, den ich gerade fertig stellte, hat 4 Monate Zeit beansprucht! Es ist nicht einfach nur die Arbeit, um die es geht. Es sind vor allem die vielen unterschiedlichen Personen, die – in ihrem speziellen Fachgebiet – Teile der Restaurierung übernehmen. So wird der betreffende Synthesizer ein Gesamtwerk aller … und natürlich sind derart umfassende Reparaturen bzw. Restaurationen keineswegs billig.

Restauration bedeutet bei uns nicht einfach ein technischer Check, es ist ein umfassendes Service das jeden Aspekt des Instruments beinhaltet. Restauration bedeutet grundsätzlich immer „Wochen“ an Arbeit …

Ersatzteile sind natürlich ein heikles Thema. Doch ich denke die Situation hat sich verbessert. Heute sind mehr Leute bzw. Firmen mit der Neuauflage von bestimmten Synthesizer-Teilen beschäftigt als jemals zuvor. In gewisser Weise hat sich die Situation der Ersatzteile also entspannt.

Kent und ich haben auch seit jeher in Vintage Synthesizer investiert, die einzig dem Ziel dienten, als Ersatzteillager zu fungieren. Wir kauften einige Memorymoogs, CS60, T8, Polymoogs und Prophet-5 und nützen sie zum Ausschlachten. Die ist übrigens eine weitere Investition, die die Leute natürlich „nicht“ sehen können. Jedenfalls ermöglichen uns genau diese Instrumente bzw. Ersatzteillager, die Aufträge zu bestimmten Restaurationen überhaupt erst durchzuführen.

EMS VCS3

EMS VCS3

GS: Welche Synthesizer sind im Moment am häufigsten gesucht?

Richard Lawson: Zurzeit sind es der EMS AKS bzw. VCS3. Sobald wir einen rein bekommen ist er auch schon verkauft. Dann wäre der ARP-2600 zu nennen und der Elka Synthex. Das sind sozusagen die meist gefragten Vintage Synthesizer, doch sie stellen ohnehin nur die Spitze des Eisberges dar. In meinen Auftragsbüchern sind dutzende von Leuten notiert, die nach bestimmten Instrumenten suchen. Doch wird es auch für uns zunehmend schwieriger, Vintage Synthesizer in einem vernünftigen Zustand zu finden.

GS: Hast du persönlich einen Lieblings-Synthesizer?

Richard Lawson: Doch, da gibt es zwei – das Moog System 55 und den Yamaha CS-80. Ich hatte das System 55 im Jahre 2008, es wurde gemeinsam mit KSR komplett restauriert. Da wurde sozusagen ein Lebenstraum für mich wahr. Doch ein Deutscher Filmmusik-Komponist aus Hollywood wollte das System 55 unbedingt haben und so habe ich es schließlich doch wieder verkauft. Immerhin, den Yamaha CS-80 habe ich noch und es ist wohl auch der schönste Synthesizer, der jemals gebaut wurde. Man höre sich nur den Blade-Runner Soundtrack von Vangelis an … was will man da noch sagen?

Moog System 55

Moog System 55 – das nun von einem bekannten deutschen Filmkomponisten verwendet wird

GS: Welche Instrumente verwendest du zum Musikmachen? Kannst du uns etwas über dein aktuelles Setup sagen? Gibt es spezielles Outboard-Equipment wie High-End Kompressoren oder Equalizer, das du verwendest?

Richard Lawson: In meinem Studio findest du zurzeit folgende Instrumente: CS80, Minimoog, Memorymoog, Korg OASYS, 2 x den Steiner Parker Synthacon and ein Kurzweil SP3X. Weiteres Eqipment sind Euphonix MC Control V2, Apogee Audio und die Mackie HR624 Monitore sowie der Korg D3200 HD-Recoder.

Ich bin Apple-User und habe ein Pro-Desktop System mit Logic 8 und anderer Software wie Spectrasonics Omnisphere, GForce impOSCar2, Ivory Grand, NI Komplete, East West Gold, ProjectSam, etc.

An Effektgeräten verwende ich nur das Lexicon LXP-1, zusammen mit dem Yamaha CS80.

Klar, es gibt da natürlich auch die ganzen RL Music Synthesizer und weitere Studioausrüstung, auf die ich zurückgreifen kann. Doch das Business rund um RL Music ist so intensiv, dass ich immer weniger Zeit mit Musizieren verbringen kann.

Elka Synthex

Elka Synthex

GS: Was ist deine Meinung zu digitalen Synthesizern und PlugIns? Gibt es da Favoriten? 

Richard Lawson: Als OASYS- und Kurzweil SP3X-Besitzer und Inhaber einer umfangreichen Software-Sammlung muss ich sagen, dass das Preis/Leistungsverhältnis von digitalen Synthesizern und von Software-Synthesizern hervorragend ist. Mein liebster Digitaler ist der OASYS (der besser ist als der Kronos) – seine Hardware und seine klangliche Qualität sind hervorragend. In punkto Hardware würde ich mit dem OASYS alleine schon auskommen. Mein liebstes virtuelles Instrument ist Omnisphere – ein sagenhaftes Produkt von Eric Persing und Co.

SCI Prophet P5

SCI Prophet P5

GS: Gibt es etwas, das du an modernen Synthesizer vermisst?

Richard Lawson: Ja  – Charakter. Von meinen Lobeshymnen zu OASYS und Omnisphere abgesehen vermissen Software Instrumente den Charakter der Vintage Synthesizer. Selbst wenn die Software eines Tages so weit sein sollte und den Klangcharakter perfekt imitieren kann, man wird darin dennoch nie die Konstruktion, die Hardware und einfach die Ästhetik der alten Synthesizer der 70er und 80er Jahre wieder finden.

Daher ist meine Leidenschaft für Vintage Analoge heute auch umso größer denn je. Nie wieder wird man diese Instrumente in solch wunderbarer Qualität bauen. Und nie wieder werden sie so individuell, so charakterstark klingen.

Die beste Software ist wohl in der Lage, einen guten Moog Sound zu erzeugen. Doch selbst wenn man einen hochwertigen Controller hinzufügt und so die Bedienung verbessert … es ist doch nichts im Vergleich zum Spiel am originalen Minimoog!

Daher schließen sich Digitale / Software Synthesizer und Vintage Analoge eben nicht aus. Die ideale Lösung wäre, Vertreter aus beiden Welten zu besitzen. :o)

Moog Minimoog

Moog Minimoog

GS: Gibt es Pläne einen RL-Synthesizer zu bauen?

Richard Lawson: Ja, wir haben da einige gute Ideen. Speziell ein mehrstimmiger Analoger wäre eine wunderbare Sache. Doch weder Kent noch ich haben die nötige Zeit um einen Prototypen zu entwickeln. Man frage jemanden aus der aktiven Szene – Ken MacBeth, Tom Carpenter oder John Bowen etwa – und wird wohl eindeutige Antworten dazu bekommen, “wie viel” Arbeit die Entwicklung eines Synthesizers ist. Entwurf und Bau des impOSCar2 Controllers haben uns beispielsweise schon 14 Monate Arbeit gekostet!

Jedenfalls, sobald wir wieder Luft haben und es das Geschäft erlaubt, werden wir uns solchen Projekten zuwenden – wie etwa besagtem 8-stimmigen Analogsynthesizer mit polyphonem Aftertouch!

GS: Alles Gute, Richard – und vielen Dank für das Interview!

Mehr Informationen zu RL Music gibt es unter diesem Link zu finden.

03.08.2012 © Peter M. Mahr (Übersetzung: Theo Bloderer)

 

Kategorie 2012, Interviews

Es muss Mitte der 70er Jahre gewesen sein, als ich das erste Mal “Switched on Bach” von Walter/Wendy Carlos gehört habe. Seitdem haben Elektronische Musik und Synthesizer nichts an Faszination und Vielfalt in ihren Ausdrucksmöglichkeiten für mich verloren. Der Haptik wegen und wohl auch bedingt durch meine Wurzeln, gebe ich nach wie vor Hardware den Vorzug, selbst wenn die Qualität so mancher Plug-Ins mittlerweile beeindruckend ist. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben eine neue Generation an Klangschaffenden und Musikern hervorgebracht, die wie es scheint nun wiederum der Faszination der alten analogen Instrumente erliegen. Genau in diesem Spannungsfeld soll sich der Inhalt unseres Magazins wieder finden. ________________________________________________________ It must have been the middle of the 70′s when I first heard “Switched on Bach” by Walter/Wendy Carlos. Since then, electronic music and synthesizers have lost none of their fascination and variety in their means of expression for me. Because of the tangibility of it and probably also due to my roots, I still prefer hardware, even if the quality of some plug-ins is now impressive. The developments of recent years have spawned a new generation of sound professionals and musicians, who seem to again succumb to the fascination of old analog instruments. It is precisely in this area of tension that the content of our magazine can be found.

2 Kommentare

  1. Jürgen

    Das ist ein sehr interessantes Interview und gleichzeitig ein aus meiner Sicht in vielen Punkte sehr objektives.

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