Keine flockige Sommer-Lektüre für den Strand, eher etwas für lange Herbst- oder Winter-Abende: Die THEREMIN Biografie von Albert Glinsky. Mit Vorwort von Robert Moog (wem sonst?) und ausschließlich in englischer Version verfügbar. 400 Seiten stark, randvoll mit brisanter und gerade im Moment wieder hoch aktueller Zeitgeschichte (UDSSR, USA), mit bedeutenden Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts und natürlich – wenn auch nicht in erster Linie – mit elektronischen Instrumenten rund um Lev Sergeyevich Termen (aka Leon Theremin).
Da der studierte Musiker und Physiker Leon Theremin (1896 – 1993) ca. 90% seines langen Lebens in den UDSSR verbrachte und nur 10% in den USA, ist der historische und weltpolitische Überblick, den das Buch gibt, von großer Bedeutung. Kalter Krieg, KGB, Lenin (und Stalin), die UNO und der JAZZ – die Biografie liest sich wie ein surrealer Kriminalroman.
Ebenso spannend ist das Vorwort von Robert Moog. Schließlich galt Theremin als großes Vorbild von Moog und hat ihn – wenn auch vor allem indirekt durch die in den USA verfügbaren RCA Theremins bzw. durch die Musikerin Clara Rockmore – zum Bau elektronischer Instrumente bewogen. 1989 kam es übrigens zu einem späten Treffen von Moog und Theremin (und anderen Persönlichkeiten) – bei einem Musikfestival in Bourges / Frankreich.
Der im Westen lange Zeit vergessene und zuweilen sogar für tot geglaubte (da in Russland inhaftierte) Theremin hatte eine Fülle an Erfindungen vorzuweisen – im musikalischen Bereich (Termenvox/Theremin, Keyboard Harmonium, Rhythmicon, elektronisches Cello …), aber auch in militärischen und anderen Bereichen. Sein starker Einfluss auf die Elektronische Musik gilt als unangefochten, ebenso wie Theremin als bedeutender Wegbereiter für die Entwicklung der frühen Synthesizer betrachtet wird.
Dabei ist die Biografie der „Versuch“ einer Annäherung an den Mythos Theremin. Viele Unterlagen und Dokumente – speziell jene der langen UDSSR-Zeit – sind nicht mehr vorhanden. Und auch Lev Sergeyevich Termen selbst hat manche Episoden seines Lebens wiederholt in völlig anderen Darstellungen erzählt sowie Personen ungenau benannt (Stichwort Albert Einstein versus Alfred Einstein). Hierzu der Autor:
„I have run into dead-ends, tied up loose ends, and in general had no end of frustration in trying to separate the truth from legend in Theremin’s life.“ (A. Glinsky)
Erhältlich unter anderem bei Amazon.
Lesenswert!
Theremin: Ether Music And Espionage (A. Glinsky)
Taschenbuch – illustriert, 1. Februar 2005
ISBN 0-252-07275-8
Preis: ca. 29 Euro
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Links:
- Leon Theremin (Wikipedia)
- University of Illinois Press
- Printemps Bourges (Musikfestival)
x - Buch „Theremin: Ether Music and Espionage“ (Amazon)
Video zur Geschichte des Theremins mit Albert Glinsky:
(Durchaus interessant, aber kein Ersatz für das Buch (o:)