Sequential Prophet-T8 – der LUXUS-Analogsynthesizer

Welche Geschichte eignet sich zur Weihnachtszeit besser als die eines Propheten? Die eines besonders markanten Instruments in der Chronik, die Geschichte eines der besten je gebauten Analogsynthesizer aller Zeiten?

Noch dazu die Episode eines Propheten, der den so rasanten Umbruch ins digitale Zeitalter und somit den Niedergang der eigenen Firma nicht voraussehen konnte?

Der Zeitpunkt dieser Geschichte scheint doppelt gut geeignet, da DSI alias Dave Smith Instruments – nun wieder unter dem Namen Sequential – aktuell im Herbst 2018 den Prophet XL auf den Markt bringt. Nach dem Prophet-T8 der zweite Sequential-Synthesizer mit 76 gewichteten Tasten …

Doch damit – gemeinsamer Name, gleiche Anzahl der Keyboard-Tasten – hören die Parallelen schon wieder auf. Schließlich handelt es sich bei Prophet X / Prophet XL um digitale Sample & Synthesis Instrumente mit der Beigabe von CEM-Filtern – moderne, hochgerüstete Hybrid-Synthesizer weit weg vom noch überwiegend analogen Klangkonzept eines Prophet-T8.

Nun, zugegeben, ein wenig hybrid ist der T8 auch …

Geschichte eines Giganten

Der Prophet-T8 erstaunt. In vielerlei Hinsicht. In seiner musikalischen Leistungsfähigkeit, in seinem klanglichen Ausdruck, in seinem Konzept und in so manchem technischen Detail. Aber auch in seinem – mehr oder weniger – attraktiven Preis am aktuellen Gebrauchtmarkt …

Beeindruckend ist der komplexe Entwicklungsprozess des Prophet-T8. Dass Sequential dank des Prophet-5 ab 1978 Marktführer im Bereich polyphoner Synthesizer wurde, war die eine Sache. Hier einen würdigen Nachfolger zum so erfolgreichen Ur-Propheten zu finden, war die andere Sache …

Der Prophet-10 – sehr (sehr) groß, sehr (sehr) teuer und etwas anfällig – wurde 1980 ausgeliefert, konnte aber mit keinen wirklichen Innovationen aufwarten. Den integrierten Sequencer gab es ab 1981 auch als Zusatz für den Prophet-5 (Rev. 3.2 / 3.3) zu kaufen, und die beiden 5-Oktaven Manuale waren weder anschlagdynamisch noch sonstwie eine nennenswerte Steigerung gegenüber dem Prophet-5.

Von der Duo-Timbralität, der doppelten Stimmen-Anzahl und einigen wenigen Extras (flexible Zuweisung der Pedale … ) abgesehen, gab es nicht viel, das für den Prophet-10 sprach.

So wurde bereits Ende 1980 die Entwicklung eines neuen Instruments beschlossen. Die eines Luxus-Synthesizers mit 8 Stimmen und Klavier(ähnlicher)-Tastatur. Zwar hatte Sequentials Planungsgruppe etwas Mühe, sich auf die Verwendung eines Edel-Keyboards mit Velocity-, Split- und Layer-Funktion zu einigen, doch schließlich wurde dem Projekt „Prophet-T8“ – zusammen mit der Entwicklung eines modularen und speicherbaren Effektgerätes namens „Pro-FX“ und einem kostengünstigen, monophonen Synthesizer namens „Pro-One“ – grünes Licht gegeben. Wie die Geschichte zeigt, war lediglich der Pro-One von außergewöhnlichem Erfolg gekrönt – er wurde mit ca. 10.000 hergestellten Exemplaren zum meistverkauften Produkt der Firma Sequential.

Beim T8 spielte die bereits angesprochene Tastatur von Anfang an die zentrale Rolle im Entwicklungsprozess. Aus Sicht der Marketing-Abteilung ging es darum, den neuen Sequential-Synthesizer von der im Entstehen befindlichen (oder bereits am Markt vorhandenen) Masse an 8-stimmigen Analogsynthesizern abzuheben. Während Roland Jupiter-8, Oberheim OB-X/Xa oder Korg Trident allesamt über 61 Standard-Tasten ohne jegliche Anschlagsdynamik verfügten, sollte der Prophet-T8 mehr Tasten, noch dazu mit Velocity, aufweisen. Das „T“ (Touch) als Markenzeichen, um damit professionelle Keyboarder anzusprechen.

Während Marketing- und Verkaufsabteilung hier die große Chance sahen, waren die Techniker des Sequential-Teams deutlich skeptischer. Und das zu recht, denn in der 2-jährigen Entwicklungszeit des T8 war es die Tastatur, welche die meisten Ressourcen benötigte. Schließlich gestaltete sich das System enorm komplex: Neben einem hochwertigen (handgefertigten) Holz-Keyboard wurden weitere mechanische / technische Lösungen bzw. Sonderanfertigungen sowie die entsprechend abgestimmte Software benötigt.

Glücklicherweise konnte Sequential auf einige bereits vorhandene technische Entwicklungen und auf erfahrene Zulieferer setzen. Die Split-/Layer-Fähigkeiten des T8 beispielsweise gingen auf EMUs 4060 Keyboard zurück. Jene bemerkenswerte Tastatur (samt Software), die für das EMU-Modularsystem verwendet wurde (und die auch beim Mega-Synthesizer Audity zum Einsatz gekommen wäre). Jene Tastatur also, die bereits Mitte der 70er-Jahre eine Einteilung in Tastatur-Zonen und damit – als erste ihrer Art – Multi-Timbralität ermöglichte.

Das mechanische Keyboard des T8 stammte von Pratt-Read, einem der ältesten Werkzeug- und Klaviaturmacher der USA. Das Unternehmen wurde 1798 (!) gegründet und ist noch heute tätig. Pratt-Read – nunmehr Pratt-Read Tools, LLC – stellte zunächst Schalter, Knöpfe, Billard-Kugeln und andere Produkte aus Elfenbein her.

Dem folgte Mitte des 19. Jahrhunderts – zur ersten Hochblüte des Forte-Pianos – die Erzeugung von Elfenbein-Tastaturen (und eventuell auch Klavier-Mechaniken). Schon einige Jahre zuvor – 1834 – startete zudem die Produktion von Schraubenziehern, was noch heute Kern des Unternehmens ist.

Doch zurück zum Klavier und seiner Tastatur. Nach Unterbrechungen während des Zweiten Weltkriegs nahm Pratt-Read die Herstellung von Klaviaturen wieder auf, erweiterte die Produktpalette auf die Bereiche Orgeln / Keyboards und führte diese Tastatur-Abteilung bis Ende der 1980er-Jahre fort. Ganze Armeen amerikanischer Instrumente wurden in den 70er- und 80er-Jahren mit Pratt-Read Keyboards versehen – monophone wie auch polyphone Synthesizer.

Die abgebildete Keyboard-Mechanik – mit langer Holztaste und Klöppel (möglicherweise eine Reminiszenz an die Tradition aufwendiger mechanischer Klaviaturen bei Pratt-Read in früheren Jahren) – war zur Entwicklungszeit des Prophet-T8 nicht ganz neu. Schon ab 1979 verwendete ARP diese Tastatur in seinem 16-stimmigen „Electric Piano“.

Sequential ging allerdings noch einige Schritte weiter, verbesserte und verfeinerte die Umsetzung von Velocity (Licht-Sensoren) und fügte Release-Velocity (!) sowie polyphonen Aftertouch hinzu (mit Umformer / Druck-Umwandler unter jeder Taste). Wie die Tastatur im Detail aussieht, ist diesem Youtube Video gut zu entnehmen.

Die Techniker Steve Salani (Velocity) und David Sesnak (Polyphonic Pressure) zeichneten sich maßgeblich für diese Entwicklungen verantwortlich. David Sesnak war später übrigens Teil jenes Teams, das mit dem Niedergang von Sequential im Jahr 1987 das Unternehmen Wine Country Productions gründete – eine Firma, die bis heute Ersatzteile und Services für Sequential-Instrumente anbietet.

„Sequential Circuits® financial condition in 1987 prompted a small group of ex-Sequential Circuits® employees to form Wine Country Productions in an effort to provide after market support for all Sequential Circuits® products. In 1988, Wine Country Productions acquired the entire remaining Sequential Circuits® stock, technical documentation, software, and spare parts. Since 1987, Wine Country Productions Inc. has provided spare parts, technical service, and operational support for the entire line of Sequential Circuits®instruments every single day.“

(Quelle: www.winecountrysequential.com)

Wie hochwertig die T8-Tastatur schließlich im Gesamtpaket war, zeigte sich – neben dem Propheten selbst – auch daran, dass New England Digital (NED) ab 1984 genau dieses Keyboard im Synclavier zum Einsatz brachte. Sequential lieferte bis zu seiner Übernahme durch Yamaha im Jahre 1988 einige hundert T8-Tastaturen an NED aus.

Das sehr aufwendige Holzkeyboard erklärt zudem, warum der Prophet-T8 über eine Tiefe von 54 (!) Zentimetern verfügt. Bei einer Breite von 122 Zentimetern und einen Gewicht von knapp 30 kg darf der T8 zu recht als „sperriger“ Synthesizer bezeichnet werden. Der vorläufige Prototyp des Instruments wurde übrigens von ursprünglich 73 Tasten auf 76 Tasten erweitert und mit einem doppeltem Prozessor ausgestattet.

Dieser Extra-Chip war notwendig, um die hohe Rechenleistung der Velocity / Aftertouch-Umsetzung zu bewältigen. Genau genommen blieb es sogar beim (bereits im Prophet-5/-10/-600 verwendeten) Z80 8-bit-Prozessor*, dem eigentlichen Gehirn des Instruments, doch als Ergänzung wurde noch ein Z8002 16-bit-Baustein beigefügt. Zuständig für die LFOs und Hüllkurven des T8 – jene „Software“ also, die nach Markteinführung für so manche Kritik sorgte.

[* Der Z80 Chip als Zentrale für alle Rechen-Abläufe – der Statusabfrage aller Potis und LEDs, dem Ausführen von Werteänderungen, dem Abspeichern/Aufrufen von Sounds und des digitalen Keyboard-Scannings – der Tastaturabfrage und Stimmenzuweisung. Schon mit dem Prophet-5 beginnend, verwendete Sequential letztgenannte Scanning-Technologie – die, wie man dachte, von EMU stammt – in fast all seinen Instrumenten. Bis 1980 (und darüber hinaus) sogar unter Lizenz-Vereinbarung: Für jeden verkauften Prophet-5 gingen 75 USD an EMU.

Doch EMU wurde verklagt, weil das Patent „Multiplexing System For Selection Of Notes And Voices In An Electronic Musical Instrument“ bereits seit 1971 von Allen Organs in Verwendung war. Dieses Patent, das eigentlich der North America Rockwell Corporation gehörte, wurde 1969 von George A. Watson entwickelt. Teile davon stammten allerdings wieder von Bell Labs … was Allen Organs wusste, aber tunlichst verschwieg. EMU fand dies heraus und bekämpfte die Klage (verlor jedoch den Prozess). Sequential wiederum bezweifelte, dass es weiterhin Lizenz-Gebühren zahlen sollte für ein Patent, das EMU gar nicht gehörte. Zusammengefasst: Die Anwälte hatten viel zu tun!]

800 Mal Prophet-T8

Die Entwicklung des T8 dauerte 2 Jahre. 1981 beginnend, war der schon erwähnte Prototyp immerhin zur NAMM-Show im Januar 1982 fertig und wurde im folgenden Monat, Februar 1982, auch bei der Frankfurter Musikmesse gezeigt. Doch es dauerte ein weiteres Jahr, um die Entwicklung des Instruments abzuschließen und mit der Produktion zu beginnen. Erste Prophet-T8 wurden in Folge nicht früher als zur Jahreshälfte 1983 hin ausgeliefert.

Nun, das war etwas spät, denn genau in jener Zeit fanden große Umbrüche statt. Günstige polyphone Analogsynthesizer – Roland Juno-6/60, Korg Polysix, ab 1984 noch der Poly-800 (100.000 hergestellte Exemplare!) – erreichten den Markt. Keine grundsätzlichen Konkurrenten zum T8 natürlich, aber in Summe eine von vielen Strömungen, auf die Sequential – in diesem Fall mit seinem preiswerten Prophet-600 – reagieren musste.

Doch während günstige Polyphone aus Japan noch als zweitklassige Synthesizer abgetan und belächelt wurden (welcher Profi-Musiker würde sich – bitte sehr! – einen Polysix kaufen?), kam die unmittelbare Konkurrenz aus den USA selbst. 1982 veröffentlichte Rhodes seinen Chroma …

Dieser 8-/16-stimmige Synthesizer verfügte über dieselbe hochwertige Pratt-Read Holz-Tastatur und wies auch in seinem klanglichen Aufbau Parallelen zum T8 auf (8 Stimmen bei 2 VCOs, …). Zudem bot das Instrument sehr umfassende Modulationsmöglichkeiten und war darüber hinaus sogar etwas günstiger als der T8. Schließlich aber hatte der Chroma, von dem etwa 1500 (einige Quellen sagen 1800) Stück das Licht der Welt erblickten, den Vorteil, das eine, entscheidende Jahr vor dem Yamaha DX7 auf Markt zu kommen. Denn mit Erscheinen des 16-stimmigen DX7 – von David Abernethy liebevoll „The Prophet Killer“ genannt – war, wie allgemein bekannt, die gesamte Ära der Analogsynthesizer im Abstieg begriffen.

So musste der Prophet-T8 vom ersten Tag an mit harten Bedingungen an mehreren Fronten kämpfen. Direkte Konkurrenz durch den Rhodes Chroma und durch digitale Instrumente* mit höherer Polyphonie bzw. günstigerem Preis einerseits (von Yamaha und – zwar erst ab 1985, aber nicht zu vergessen – Casio). Eine gewisse Unpopularität des T8 andererseits, aus mehreren Gründen: Sperrige Ausmaße, hohes Gewicht, hoher Verkaufspreis.

[* Neben-Effekt der digitalen Invasion war eine Überflutung des Gebrauchtmarktes durch alte (aber hochwertige und nun eben „leistbare“) Analog-Synthesizer. Ab 1983 kam es zu einer Schwemme an Moog- / ARP- / Oberheim-Synth-Verkäufen.]

Auch erschien das Konzept des T8 „veraltet“. Dieser Synthesizer war in den Augen vieler Musiker nichts anderes als ein Prophet-5 mit mehr Stimmen und besserer Tastatur. Was im Grunde ja auch korrekt war.

Nicht verbessert wurde die Lage dadurch, dass Klang-Puristen den T8 eher mit dem Prophet-600 verglichen, der einige Monate früher, Anfang 1983, auf den Markt kam. Der Prophet-600 verfügte wie der T8 über MIDI und Software-Hüllkurven und hatte – klanglich betrachtet – nicht ganz die „Präsenz“ des Prophet-5. Der Vergleich hinkte zwar, da der T8 – wie schon erwähnt – zwei Prozessoren vorweisen konnte (wovon der schnellere für die Hüllkurven zuständig war), doch so gesellte sich ab Mitte 1983 eine ungünstige Situation zur anderen und die Verkäufe des T8 blieben weit hinter den Erwartungen zurück.

Zu guter Letzt wurde das Instrument für das Sequential-Team selbst zum Klotz am Bein. Sehr hohe Entwicklungskosten einerseits, die aufwendige Herstellung und – ganz besonders – zeitraubende Kalibrierung jedes einzelnen Geräts andererseits. Das „Abgleichen“ der Tastatur (alle 76 Tasten mussten individuell eingestellt werden) bedeutete zwischen 6 und 8 Stunden Arbeitszeit „extra“ für jeden T8 …

… Zeit, in der so mancher Pro-One oder Prophet-600 beispielsweise fix und fertig gebaut, verpackt und wohl auch verschickt werden konnte.

Nach zweieinhalb Jahren und 800 gebauten Exemplaren stellte Sequential die Produktion des Prophet-T8 schließlich Ende 1985 ein. Einzig die Herstellung und Lieferung von T8 Tastaturen für das Synclavier fand bis zum Niedergang der Firma ihre Fortsetzung.

Dass der Prophet-T8 nicht ganz zum Fiasko wurde, war übrigens – zu einem gewissen Teil – Europa zu verdanken. Nachdem Sequential Anfang der 80er-Jahre den Verkauf seiner Instrumente am europäischen Markt selbst in die Hand nehmen und nicht weiterhin einigen wenigen (wenn auch durchaus erfolgreichen) Vertrieben überlassen wollte, wurde 1982 eine Zweigstelle samt großem Warenlager in Mijdrecht nahe Amsterdam eröffnet. England war als Standort im Gespräch, doch überzeugte Holland mit günstigeren Unternehmenssteuern plus günstigerer Lage am Festland. Zudem galt Amsterdam als „funky city“ … was auch immer im Detail damit verbunden gewesen sein mag.

Von Mijdrecht aus bediente Sequential – mit seinem Office, Warehouse und einer Handvoll Mitarbeitern – den europäische Markt. Man kontaktierte Musikhäuser, veranstaltete Werbe-Touren quer über den Kontinent und betrieb eine Kooperation mit SIEL / Italien.

Eine weitere Zusammenarbeit war die mit Paul Wiffen. Der Synthesizer-Guru – zu jener Zeit EDP Wasp- und in Folge OSCar-Synthesizer verkaufend – rührte die Werbetrommel sehr erfolgreich und trieb Prophet-T8 Absätze vor allem in England erfreulich in die Höhe.

Nach Erscheinen des Rhodes Chroma und mit dem Stagnieren des amerikanischen Marktes erwies sich die europäische Sequential-Niederlassung jedenfalls als rettender Anker. 1983/84 war dann – in Summe – auch die Zeit der höchsten Umsätze des Unternehmens:

„The T8 was Sequential’s flagship instrument for a couple of years, and it gave customers the option of the absolute top-of-the-line Prophet. Through 1983-84, the Prophet-5 and Prophet-10 were still in production, and the Pro-One, Prophet-600, Six-Trak and Drumtraks were all selling well. It was Sequential’s peak productive period, reaching 13 million USD in sales in 1984. Eventually, however, the time and expense of manufacturing the slow-selling T8 became harder to justify, and production ceased at the end of 1985. Nowadays, of course, the T8 is a highly prized vintage synth.“

(David Abernethy in „The Prophet From Silicon Valley“, Seite 118)

Dass der Prophet-T8 heute – neben Yamaha CS-80 und Rhodes Chroma – als Teil des „goldenen Triumphirats“ der edelsten aller Vintage-Polyphon-Analogsynthesizer gehandelt wird, gibt dem Instrument eine hohe Reputation. Zahllose Profi-Musiker rund um den Globus bringen den T8 nach wie vor zum Einsatz. Seines hochwertigen Klanges, vor allem aber seiner exzellenten Tastatur (und der damit verbundenen musikalischen Ausdrucksfähigkeit) wegen.

Umso erstaunlicher ist jedoch der Wert des Instruments am aktuellen Gebrauchtmarkt. Kaum höher gehandelt als ein Prophet-5, bewegt sich der Preis eines T8 in den Regionen zwischen 4000 und 7000 Euro. Warum ein Synthesizer dieses Kalibers nicht zumindest doppelt so hohe Preise erzielt, bleibt wohl eines der ungeklärten Mysterien rund um den allgegenwärtigen Analog-Hype.

Aufbau und Funktionen

Da die Klangerzeugung des T8 im Wesentlichen sehr ähnlich zu seinem eben genannten Vorgänger ist, sei die Lektüre des Testberichts Sequential Prophet-5 – Meilenstein und Musiklegende empfohlen. Damit lässt sich die technische Beschreibung des T8 auf ein übersichtliches Maß reduzieren …

Der Prophet-T8 verfügt über:

  • 8 Stimmen mit je
    – 2 VCOs
    – 2 Hüllkurven
    – VCF
    – VCA
    x
  • LFO (0,005 – 40 Hz)
    Eigentlich 2 LFOs (Upper / Lower Voice)
  • Noise
    x
  • Poly-Modulation
    Quellen: Filter Hüllkurve, Oszillator B
    Ziele: Freq A, PW A, Filter
    x
  • Polyphonen Aftertouch (Pressure Modulation) auf
    – Frequ A
    – Frequ B
    – PW
    – Filter
    – Amp
    – LFO Amount
    – LFO Frequency

  • Velocity (bzw. Release-Velocity) auf
    – Attack / Decay
    – Release
    – Filter Envelope
    – Amp Envelope
    x
  • 128 Speicherplätze
    64 Upper / 64 Lower Sounds
  • Sequencer
  • Glide
    x
  • Single / Split / Double Mode
  • Unison (Simple / Tracking – mit Chords)
    x
  • Right / Mono / Left Audio Out
  • Footswitches (End Release, Unison Track, Sequencer)
  • Cassette Interface
    x
  • Keyboard mit 76 Holz-Tasten
  • Pitch-/Modulations-Wheel
    x
  • MIDI IN / OUT

Das kann sich natürlich sehen lassen. Doch zugegeben, anno 1983 waren viele dieser Features, von MIDI abgesehen, nicht wirklich neu. Schließlich betrat das Prophet-Konzept bereits 1978 die Weltbühne und war damit anno 1983 seit 5 Jahren am Markt.

Dennoch, aus heutiger Sicht strotzt der Prophet-T8 nur so mit eleganten Details, mit einer Fülle an herausragenden Möglichkeiten, die das Instrument an die oberste Spitze der polyphonen Analogsynthesizer stellt.

Oszillator-Synchronisation und Cross-Modulation sind dabei noch Peanuts. Auch der (gegenüber dem Prophet-5) im Frequenzgang erweiterte LFO sowie OSC B im LO FREQ Modus lassen die Augenbrauen des versierten Sound-Designers nur minimal heben. Doch bei der Poly-Modulation erbebt das Herz des Klang-Enthusiasten recht deutlich. Und spätestens in Anbetracht all den Steuer-Möglichkeiten rund um Poly-Pressure und Velocity erklimmt der Studio-Musiker schließlich sein Mischpult (die Studer Konsole hält das schon aus), bringt einen Toast aus und besingt die Herrlichkeit des Prophet-T8.

Musikalische Expressivität

Doch nein, so schnell geht es nicht. Zuerst drückt der Musiker eine Keyboard-Taste des T8. Egal, welche. Und drückt sie dann etwas fester. Und merkt, wie unglaublich sensibel der minimale Mehr-Druck in klangliche Veränderung – in musikalische Expressivität – umgesetzt wird.

Nun beginnt unser Musiker die vielen Einstellungen rund um den Mehr-Druck zu erkunden. Steuerung der Pulsweite mittels Fingerspitze? Mittels nur „einer“ Fingerspitze, während andere gedrückte Tasten unverändert bleiben? Minimales Aufhellen dieser oder jener Stimme durch feinste Veränderung der individuellen Filter-Frequenz?

Jede der 8 Stimmen kann „für sich“ gestaltet werden! Damit kehren wir zu den Ursprüngen musikgeschichtlicher Entwicklungen zurück. Zu dem, was Poly-Phonie in seinem Kern bedeutet: Viel-Klang – das gemeinsame Erklingen unabhängiger und individueller Stimmen. Das, was im Synthesizer-Bereich später wohl als Multi-Timbralität verstanden wird (das Schichten / Abspielen unterschiedlicher Klänge bei individuellem musikalischem Verlauf).

Zugegeben, wirklich multi-timbral ist der T8 nicht. Doch seine Tastatur erlaubt die Hervorhebung und Gestaltung jeder einzelnen der 8 Stimmen, was so gesehen – wenn man diese Sichtweise erlaubt – doch wieder Multi-Timbralität hervor bringt, klanglich betrachtet.

Zurück ins Studio (unser Musiker wartet). Polyphoner Aftertouch erfordert Fingertechnik und Spielgefühl, doch das kann der Musiker erlernen. Und er möchte es auch, denn jede Nano-Sekunde des Tuns am Prophet-T8 bedeutet Freude, bedeutet persönlichen Ausdruck, bedeutet die akustische Umsetzung von Gefühlen und Stimmungen.

Für sensiblen Aftertouch braucht es eine erstklassige Tastatur, eine erstklassige gewichtete Tastatur. Und die spürt unser Musiker am T8 – sogar dann, wenn er dieselbe auch nur berührt. Ohne eine Taste zu drücken, einfach der bloße Kontakt zum hochwertigen Material, jenem Naturstoff namens Holz. Vertrautheit und Inspiration noch bevor der Prophet selbst zum Klingen beginnt. Wie viele elektronische Instrumente können derlei Attribute für sich verbuchen?

Dieses Gefühl der inneren Verbundenheit ist für unseren Musiker nun der richtige Augenblick, um – bewaffnet mit einem Arsenal an Taschentüchern – das Mischpult zu erklimmen und den Prophet-T8 ob seines haptischen Genusses, seiner vielen feinen Nuancen und seiner Aura wegen zu besingen.

Künstlerisch Feines

Noch einmal zur Tastatur. Velocity reagiert exzellent und ermöglicht die nuancierte Steuerung von VCF und VCA, aber auch von Attack (Decay) und von Release. Release-Velocity misst, wie schnell man eine Taste loslässt und gibt den Release-Wert entsprechend aus. Schnelles Loslassen: Kurzes Ausklingen, langsames Loslassen: längeres Ausklingen.

Das ist eine neue Stufe der Tasten-Auswertung, wie man sie bei nur bei wenigen Synthesizern vorfindet. Und die – selbst für geübte Pianisten – erst erlernt werden muss. Schließlich spielt das Loslassen der Tasten am Klavier – und grundsätzlich bei so gut wie jedem „Keyboard“ – eine völlig untergeordnete Rolle. Doch für musikalische Expressivität, für ausdrucksstarke Soli etwa, gibt es fast nichts Besseres: Das individuell unterschiedliche Ausklingen jeder einzelnen Stimme – wir sind wieder beim Thema Poly-Phonie – für das Extra an Natürlichkeit und Noblesse im Klang.

2nd Release – das Einschalten eines zweiten Ausklingverhaltens – ist eine weitere Option der Tastatur. Sie kann per Taster (am Panel) oder noch eleganter per Pedal (an der Rückseite) aktiviert werden und die Funktion des Halte-Pedals am Klavier übernehmen.

Jenes Halte-Pedals, das ja Langes-Ausklingen-Pedal heißen müsste. Durch An- und Ausschalten der 2nd Release ist es am Prophet-T8 möglich, besagtes Klangverhalten des Klavieres zu simulieren. Natürlich bei begrenzter Polyphonie von 8 Stimmen, was nun der kleine Hasenfuß an der Geschichte ist.

Wie auch immer, es mag etwas schalkhaft anmuten: Die Verwendung des T8 – eines der besten je gebauten Analogsynthesizer – als Klavier-Ersatz. Doch anno 1983 war es genau so. John Bowen entwickelte ein sehr realistisches Piano-Preset am T8. Realistisch betreffend den Möglichkeiten der analogen Klangsynthese, wohl gemerkt. Zusammen mit der Quasi-Klavier-Tastatur und jener schon genannten 2nd-Release-Funktion (Sustain) ergab sich – für damalige Verhältnisse – eine recht authentische Möglichkeit der Klavier-Imitation am T8.

Heute dürfte das Piano-Preset des T8 nicht mehr von so „außergewöhnlicher“ Bedeutung sein. Doch die Kombination von Holz-Tastatur mit Velocity, 2nd Release und Aftertouch samt der herausragenden Klangerzeugung, die ist geblieben und macht den großen Propheten nach wie vor zu einem der ausdrucksstärksten Keyboard-Instrumente aller Zeiten.

Verfeinert wird der Ausdruck durch den polyphonen Aftertouch, wo nicht nur – wie unser sehr geduldiger Musiker feststellt – die Pulsweite oder die Filterfrequenz pro gedrückter Taste individuell moduliert werden können. Auch die Tonhöhensteuerung beider VCOs (Bending) oder nur eines VCOs (zur Erzeugung feiner Schwebungen etwa) gehört in das Repertoire der individuellen Sound-Gestaltung. Die Möglichkeit der Veränderung von LFO-Intensität und LFO-Geschwindigkeit nicht zu vergessen, für Vibrati unterschiedlicher „Dichte“ bei feinfühlig gedrückten Akkorden.

Schließlich aber noch ein (beinahe) allerletztes Wort zum Keyboard des T8. 76 Tasten bedeuten für den versierten Keyboarder das Paradies auf Erden. Dieses Extra an Keyboard-Länge für den „nochmals tieferen“ Basston (gedoppelte Oktave) oder für den „unerwarteten“ Solo-Sound in den Höhen.

Es bleibt jedenfalls ein Rätsel, warum – bis heute – 5 Oktaven als Maß der Dinge im Keyboard-Bereich gesehen werden (in den letzten Jahren zunehmend gar auf 4 Oktaven verkürzt). Natürlich, ein verändertes Instrumenten-Konzept und hohe Herstellungskosten als schnelle Antwort seitens der Industrie. Mehr Gewicht, größerer Platzbedarf und ein höherer Anschaffungspreis als mögliche Einwände seitens der Musiker. Das ist alles nachvollziehbar.

Doch aus künstlerischer Sicht ist der 88-Tasten-Umfang eines Klaviers nicht zu übertreffen. Wobei 76 Tasten dem in hohem Maße zumindest noch „gerecht“ werden. 61 Tasten hingegen schon lange nicht mehr, 49 dann umso weniger. Dass der Prophet-T8 der einzige Analogsynthesizer überhaupt ist, der über luxuriöse 76 gewichtete Tasten verfügt, muss an dieser Stelle wohl gar nicht mehr erwähnt werden.

Musikalisch sehr ansprechend ist auch das Stereo-Verhalten des T8. Einer der ganz (!) wesentlichen Fortschritte gegenüber dem Prophet-5, nebenbei. Im 8-stimmigen Single-Modus erscheinen die einzelnen Stimmen abwechselnd links und rechts (ein Feature, das z.B. auch einem Roland Jupiter-8 sehr gut zu Gesicht gestanden hätte).

Im Split- bzw. Double-Modus sind die beiden Sounds dann natürlich dem jeweiligen Kanal (Upper – rechts / Lower – links) zugeordnet. Darüber hinaus gibt es aber den dritten – Mono – Ausgang. Damit lässt sich das gesamte Klangbild nochmals abgreifen und z.B. durch gezielte Effekte verfeinern, um schließlich dem finalen Klang wieder zugeführt zu werden.

Klangliche Stärken

Seinem (wenn man so will) ergonomischen Profil und dem Schwerpunkt seiner Werk-Sounds angepasst, eignet sich der Prophet-T8 sehr gut zum Spielen von Klavier/E-Piano/Clavinett-ähnlicher-Klänge. Auch sehr überzeugende Hammond-Imitate lassen sich am T8 erstellen, durch das Layern zweier Sounds – für den Percussive-Teil und für den Zugriegel-Teil – die LFO-Rotation alias Leslie dann per Fingerdruck im Tempo beschleunigend und verlangsamend.

Nun, solche Klavier/Hammond-Experimente dürften so manche Studio-Musiker in der heutigen Zeit kaum mehr im Sinn haben. Dem Naturell der T8-Analog-Synthese entsprechend, sind Solo-Sounds, exakter: monophone Synthesizer-Soli aller Schattierungen, von höchster Güte. Dank der massiven Klangerzeugung und dank der ausdrucksstarken Tastatur. Oszillator-Synchronisation, Unison-Modus und Glide als drei Schlagworte in diesem Zusammenhang.

Vollmundige, vielstimmige Bläser und Streicher – weitere Highlights des T8. Wieder mit 76 Tasten (ausreichend viel Platz), polyphonem Aftertouch und allen nur erdenklichen Raffinessen. Stereo-Filtersweeps, perkussive Sequenzer-Sounds, Effekte aller Art (Cross-Modulation, Filter-FM, …) – das Potenzial ist enorm! Ein Hinweis an dieser Stelle, dass das Filter in Eigenresonanz sehr musikalisch klingt und sich für eine Vielzahl ungewöhnlicher Sounds einsetzen lässt.

Weiters das Schichten zweier Klänge als Gestaltungswerkzeug, das exakte Anpassen des Upper/Lower Lautstärke-Verhältnisses, das Individuelle Steuern einzelner Tasten „gerade“ bei Effekt-Klängen und vieles mehr.

Die exzellenten MIDI-Fähigkeiten nicht zu vergessen: Der Prophet-T8 macht im modernen Studio-Setup noch immer eine gute Figur. Die Übertragung von polyphonen Aftertouch-Daten veranlasste (bzw. veranlasst noch heute) viele Musiker, den T8 als zentrales Master-Keyboard im Studio und auf der Bühne zu verwenden. Joe Zawinul als eines der bekanntesten historischen Beispiele.

MIDI bietet übrigens auch die Möglichkeit, die Stimmung der 12 Einzeltöne des T8 zu verändern – ein Feature, das Sequential nach Fertigstellung umgehend beim Prophet-5 mit der Rev. 3.3 implementierte.

Die ausgereifteste MIDI Version – heute noch verfügbar über Wine Country – ist OS 3.8:

„This 3 chip-set is the highest level operating system ROMs available from Sequential Circuits® for the T8. It offers MIDI operation in OMNI & POLY Modes, 16 MIDI channel assignments, send & receive program select data, pitch/mod wheels, sustain/hold alternate release commands by footswitch, and current program & sequencer data dumps via MIDI from a control panel command.“

(Quelle: http://www.winecountrysequential.com)

Haken und Ösen?

Es gibt ein paar Aspekte, die betreffend „Beurteilung des T8“ nicht verschwiegen werden dürfen. Zunächst einmal fehlen gegenüber dem Prophet-5 sowohl der CV/Gate Eingang (zur analogen Steuerung der „einen“ Prophet-Stimme) wie auch die Filter CV-IN Buchse. Dass sich all dies beim T8 bequem über MIDI erledigen lässt, ist korrekt. Und dennoch hätten die Feinheiten der analogen Steuerung auch dem T8 gut zu Gesicht gestanden.

Weiters haben die Hüllkurven ein etwas eigenartiges Release-Verhalten. Sie klingen aus, brechen dann aber gegen Ende der Release-Zeit fast abrupt ab. Ein wirklich konstantes Fade-Out im Klangbild gibt es jedenfalls nicht. Ob dies nur bei unserem Modell der Fall ist, und ob sich dies – Stichwort Software – kalibrieren lässt, es wäre eine Nachfrage bei Dave Sesnak / Wine Country wert. Tatsächlich erinnert die Situation an den Chroma Polaris, bei dem das Problem des abbrechenden Release-Verlaufes ebenso vorkommen kann und in Folge Kalibrierung Abhilfe schafft.

Schließlich: Die Holz-Tastatur verursacht – möglicherweise – bei dem einen oder anderen T8 Probleme. Wenn das Material arbeitet, sich das Gehäuse minimal verzieht, wenn einzelne optische Sensoren (zu finden an jeder Keyboard-Taste) neu ausgerichtet werden müssen.

Dann reagieren einzelne Tasten anders (oder kaum oder gar nicht) auf die Anschlagstärke. Wie auch immer – es sind alles Dinge, die behoben werden können, die jedoch ein Hinweis darauf sind, dass der T8 sein Leben bevorzugt im Studio verbringt und nicht „On Tour“ bzw. auf der Bühne.

Der letzte Punkt, der Klang des T8 und der damit verbundene (zwingende) Vergleich zum Prophet-5, ist nur im Ansatz zu beantworten. Ja, es stimmt: Der T8 klingt weniger brachial und etwas weniger „unmittelbar“ als sein Vorgänger.

Dies hat „zum Teil“ mit den Software-Hüllkurven und mit der sensiblen T8-Tastatur zu tun. Das Keyboard reagiert bei vielen Sounds auf VCF und/oder VCA und liefert damit zurückhaltende Einzeltöne ebenso wie massive, prägnante Passagen in der Musik. Wir möchten das Thema „Sound-Vergleich“ jedoch als Ganzes relativieren, ist doch von 1000 Prozentpunkten (Prophet-5) minus 100 die Rede. Bleiben immer noch 900 Prozentpunkte T8-Power, die (fast) jeden Konkurrenten der polyphonen Analog-Synth-Gattung sofort in Grund und Boden spielen.

Und schließlich ist brachial ohnehin relativ: Im Double-Modus entwickelt der T8 enorme Kraft. Sogar „zu viel“ Kraft, wie manche Studio-Musiker sagen und dem Instrument an dieser Stelle vorwerfen, im Mix alles dicht zu machen. Sprich: Der T8 als Ego gegenüber anderen Klangerzeugern. Und Unisono bei 16 VCOs? Wir wagen nicht daran zu denken …

Für „wahre“ Keyboarder?

Die Empfehlung des T8 an bestimmte Musiker ist nicht so ganz einfach. Möchten wir doch niemanden vor den Kopf stoßen und keine Gruppe ausschließen. Dennoch gilt es – wir sprechen hier von einem 5000-Euro-Instrument – mögliche Fehlkäufe zu vermeiden, oder, noch besser, richtige Kauf-Entscheidungen unter klarer Einschätzung der Lage auf den Weg zu bringen.

Alles dreht sich dabei (wieder einmal) um das Keyboard des T8. Konkret um die Frage, wie effizient der Musiker dieses hoch sensible Werkzeug nützen kann. Noch konkreter: Wie gut sind die Spielfertigkeiten des Künstlers? Auf jene Musiker, deren Fingertechnik bescheiden ist, dürfte ein T8 eher einschüchternd oder gar verstörend wirken. Seiner sehr fein reagierenden Keyboard-Mechanik und den damit verbundenen sensiblen klanglichen Auswirkungen wegen. Für diese Musiker wäre ein Instrument mit Standard-Keyboard sicher die passendere Wahl.

Schließlich: Wer Tastaturen grundsätzlich lieber aus der Distanz betrachtet („Huch, Noten!“) bzw. sein künstlerisches Tun bevorzugt vom Computer aus erledigt, der wird besser nicht auf die Suche nach einem Prophet-T8 gehen. Als bloßer MIDI-Expander scheint das Instrument möglicherweise doch ein Stück zu groß …

Doch andererseits: Auch das dürfen wir relativieren. Immerhin reagiert der T8 über MIDI auf vollem Umfang von 76 Tönen. Während ein mit MIDI versehener Jupiter-8, Memorymoog, OB-8 oder so manch anderer Klassiker nicht über den Bereich von 61 Tasten hinausgeht, steht beim T8 die volle Bandbreite zur Verfügung. So gesehen macht ein T8 – vorausgesetzt, es ist genug Platz im Studio – auch als reiner MIDI-Expander eine gute Figur.

Wie dem auch sei: Der Prophet-T8 spricht – in erster Linie – Keyboarder an. Wahre Keyboarder. Jene Musiker also, die gerne in die Tasten greifen und sich auf einer Klaviatur „wie zu Hause“ fühlen, die Musik unmittelbar am Instrument erleben und umsetzen möchten (nein, müssen), denen es schon beim Anblick einer edlen Tastatur in den Fingern juckt. Diesen Musikern dürfte der T8 das Herz öffnen, denn schließlich gibt es für versierte Keyboarder betreffend analoger Klänge „plus“ exzellenter Tastatur bis heute kein vergleichbares Instrument zum Prophet-T8.

Fazit

Dass der T8 zu den besten je gebauten Analogsynthesizern ever (!) zählt, diese Aussage haben sowohl Lobpreisungen zahlloser Künstler weltweit, als auch die internationale Fachliteratur schon seit Jahrzehnten festgeschrieben.

Im vorliegenden Fall umfasst die Auszeichnung auch deutlich mehr als die Beurteilung der klanglichen Qualitäten alleine. Immerhin geht es beim T8 wie bei keinem zweiten Synthesizer um das „Instrument“ als Ganzes, um Bonus-Punkte, um das extra Extra. Daher verfügt der Prophet-T8-Besitzer – idealerweise ein Vollblut-Keyboarder mit dem immer währenden Verlangen nach einer guten, gewichteten und großen Tastatur – über ganz spezielle Privilegien.

Er darf das inzwischen recht selten gewordene Gefühl des Bezugs zu einem Instrument in sich spüren und am T8 erfahren, dass schon die bloße Berührung einer hochwertigen (Holz)Tastatur sensitiven Genuss bedeuten kann. Er darf mittels dieser Tastatur und den damit verbundenen klanglichen Möglichkeiten des Prophet-T8 musikalische Höhenflüge erleben, die kein anderer Analogsynthesizer zu bieten hat. Und er darf seine eigenen künstlerischen Grenzen mit Freude, Sinnlichkeit und etwas Geduld – Stichwort: Anpassung der Spielfertigkeiten an die besagten Möglichkeiten des Instruments – ausweiten.

Schließlich aber darf dieser Musiker sein Mischpult erklimmen und einen Toast aussprechen. Auf den Sequential T8, den größten – und sensibelsten – aller Propheten.


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Prophet-T8 Solo / Bruno Cardozo

 Prophet-T8 Song / Mr. Firechild


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Vielen Dank an Mark Wilcox / Sequential für die Erlaubnis der Verwendung des Sequential-Team Fotos, sowie für die Zusendung aktueller Bilder von Dave Smith’s Prophet-T8.

Kategorie 2018, Featured, Testberichte

“Es genügt, einen Ton schön zu spielen” sagte der Komponist Arvo Pärt im Jahre 2005. Diese Aussage ist ebenso einfach wie ich auch exzellent: Es braucht kein Meer an Tönen, denn entscheidend ist der Klang. Dass so mancher Vintage-Synthesizer der 70er und 80er Jahre teils unerreicht hochwertige Klänge liefert, steht außer Frage. Doch tatsächlich leben wir “heute” in einer nahezu perfekten Zeit. Einerseits hat man – mehr oder weniger – noch Zugriff auf die Vintage Analogen, andererseits wird auch bei Neugeräten die wichtige Komponente des hochwertigen Klanges wieder zunehmend berücksichtigt. Doepfer, Cwejman, Synthesizers.com, MacBeth, Moog, GRP, Studio Electronics, COTK, John Bowen und andere Hersteller bauen hervorragende Synthesizer, die den “Klassikern” in nichts nachstehen. All diesen (alten wie neuen) “großartigen” Instrumenten ist Great Synthesizers gewidmet. _________________________________________________________ In 2005 composer Arvo Pärt said: “Playing one tone really well is enough”. In other words, it is sufficient to play one tone 'beautifully'. I agree with that. All musical efforts are focused on the sound itself. Although I studied classical music (piano and drums), it’s the electronic sound that inspires me. Synthesizers are the epitome of new sounds and exciting tonal spheres. Today, many companies produce high-quality - excellent! - synthesizers: Doepfer, Cwejman, MacBeth, Moog, GRP, Synthesizers.com, COTK, Studio Electronics, John Bowen and others. It's their products I'm really interested in ... apart from Vintage Synthesizers, which I have been collecting for 20 years. Subsequent to our former websites Bluesynths and Blogasys, Peter Mahr and I have now created GreatSynthesizers. We hope you like it.

5 Kommentare

  1. Ich hatte eine zeitlang den T8 neben dem OB-8 und dem Jupiter-8 im Einsatz… einzigartig ist der T8 definitiv, die Ausdrucksstärke via Tastatur exzellent.. habe einige Kniffe hinbekommen ihn „aus der Reserve“ zu locken – die Anschlagsdynamik hat auch seinen Preis: konnte der minimoog in der Mixersektion schon in die Sättigung gefahren werden ist der T8 diesbezüglich eher zurückhaltend da erstens Dynamik und zweitens der Dual-mode headroom-Reserven benötigen.. daher fand ich das Klangvolumen des T8 eher „jazzig“ schlank und weniger rockig punchy. Den headroom an die Decke fahren und ein wenig Chorus (CE-1 bzw. Dimension D), dann ging da schon die Post ab… das gesagt: der aktuelle Prophet-6 toppt ihn für mich in Sachen Hüllkurven-snappiness, sound-Ästhetik (und vor allem unbeschwertes Musizieren aus technischer Sicht, sprich Zuverlässigkeit..)
    Hier ein soundcloud link mit Beschreibung zum „headroom trick“ (external midi trigger mit Wert 127 inkl. Maximierung der ENV PEAK Sektion (!) – dann erwacht der (Prophet) T8:
    https://soundcloud.com/hans-laubreiter/sequential-circuits-prophet-t8-with-midi-vel127-max-env-peaks

    Chapeau Prophet T8!

  2. Theo Bloderer

    … hallo Hans – danke für die Ergänzung. Und für den SoundCloud Link – sehr gute T8-Soundfiles! Der Sub-Text des Kommentars: Prophet-6 ins Auge fassen, das sollte ich wohl mal tun … LG

  3. Hallo Theo.. ja, das wäre ein guter Vorsatz für 2019! :))
    In diesem Sinne – ein farbenfrohes und grooviges Neues Jahr! LG

  4. microbug

    Hi Theo,

    Der Prophet X hat keine CEM Filter drin, sondern wieder welche von Dave Rossum, die aber nicht mehr SSM, sondern SSI heißen.

  5. Theo Bloderer

    … vielen Dank für die Info !!!

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