VERMONA – Synthesizer-Schmiede mit Tradition

Begeistert vom ’14 Analogsynthesizer (siehe hierzu den Testbericht), haben wir HDB electronic alias VERMONA um einen kleinen Blick hinter die Kulissen gebeten. Thomas Haller hat uns freundlicherweise Rede und Antwort gestanden …

Thomas Haller - HDB electronic (VERMONA) - 14 Analogsynthesizer

Thomas Haller – HDB electronic (VERMONA)

Hallo Thomas! Nach intensiver Entwicklung und langer Vorbereitung ist der VERMONA ’14 Analogsynthesizer nun erhältlich. Habt ihr mit diesem Tasten-Synthesizer für euch Neuland betreten? Ist alles so gelaufen wie geplant?

Die Antwort auf beide Fragen ist „Ja“ und „Nein“. Dank unsere langen Erfahrung in der Musikelektronik haben wir mit dem ’14 Analogsynthesizer kein Neuland betreten. Die praktische Umsetzung stellte uns jedoch vor neue Herausforderungen. Die Lagerung aller Einzelteile, die Montage, Prüfprozesse und Dauertests bis hin hin zur Verpackung nehmen viel Platz in Anspruch. Ein paar Lancets oder Eurorack-Module herzustellen ist hier im Vergleich deutlich einfacher.

Die Herangehensweise bei der Entwicklung des ’14 war nicht anders als bei anderen VERMONA Geräten. Im Schnelldurchgang: wir beginnen mit einer Idee, entwicklen ein Konzept, probieren erste Schaltungen aus, entwerfen die ersten Leiterplatten, schmeißen Dinge über den Haufen und designen sie neu, bis schließlich ein erster Prototyp entsteht. Als kleine Mannschaft arbeiten wir nicht kontinuierlich an einem Projekt. Es ergeben sich zwischendurch immer wieder Wartezeiten, die die Entwicklungszeit verlängern … Gut Ding will Weile haben.

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Herstellung eines Gehäuses für den ’14 Analogsynthesizer

Die Tatsache, dass wir das Instrument „’14 Analogsynthesizer“ getauft haben, die ersten Exemplare aber erst im November 2016 verschickten, deutet schon darauf hin, dass nicht alles nach Plan verlief. Im Februar 2015 verstarb unerwartet mein Vater, Bernd Haller. Die Elektronik des ’14 Analogsynthesizers stammt komplett aus seiner Feder. Das Instrument war zu diesem Zeitpunkt zwar schon sehr weit fortgeschritten, wir gaben aber zunächst anderen Dingen Vorrang und legten das Projekt erstmal auf Eis.

Der ’14 Analogsynthesizer mutiert schon vorweg zum „Sammler-Instrument“. Er kostet etwas mehr als ursprünglich prognostiziert, wird dafür aber auch in einer limitierten Auflage von 222 Stück hergestellt. Was ist die Idee dahinter?

Das Instrument war immer als „Jubiläums-Instrument“ geplant. Die Idee einer Limitierung schwebte uns von Anfang an im Hinterkopf. Damit wollen wir dem Kunden einen zusätzlichen Wert mitgeben. Da wir auch nicht mehr als 10, maximal 15, Geräte im Monat fertigen können, haben wir mit 222 Exemplaren erst mal gut zu tun.

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Bereit zum Kalibrieren und Testen

Was sagst du zum Instrument? Hast du einen ’14 Analogsynthesizer zu Hause? VERMONA hat sich ja mit dem PERfourMER MKII und dem Mono Lancet einen sehr respektablen Namen gemacht. Wie würdest du den ’14 Analogsynthesizer hierzu sehen?

Ich bin vom ’14 Analogsynthesizer begeistert – wäre ja auch schlimm, wenn nicht :-). Zu Hause habe ich allerdings keinen. Wiederum habe ich das Privileg, jedes einzelne Exemplar final durchzuspielen und dann einzupacken. Ich bekomme also genügend Zeit mit dem Instrument.

PERfourMER MKII und Mono Lancet sind ganz klar mit dem ’14 Analogsynthesizer verwandt. Alle drei Instrumente basieren auf ähnlichen Schaltungen und können ihre Zusammengehörigkeit natürlich auch klanglich nicht verbergen.

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Abstimmung und Fine-Tuning

Beim ’14 Analogsynthesizer haben wir an vielen Stellen jedoch noch etwas „gefeilt“. Beispielsweise gibt es bei den Reglern für die Grobstimmung der Oszillatoren zusätzliche Abgleichpunkte, um sie, im Rahmen des analog machbaren, auf exakt eine Oktave nach oben und unten zu justieren. Das macht den Klang nicht besser, den Umgang mit dem Instrument aber intuitiver und vorhersehbarer.

Namensgeber des Instruments war das Firmenjubiläum anno 2015 … 14 Jahre zuvor – also 2001 – wurde die „neue“ Firma VERMONA ins Leben gerufen. Kannst du uns etwas zur alten wie neuen Geschichte von VERMONA erzählen? Die Ursprünge liegen ja in DDR-Zeiten …

Über die alte Geschichte von VERMONA kann ich leider nicht allzu viel erzählen. VERMONA – oder vielmehr die Klingenthaler Harmonikawerke – waren zu DDR-Zeiten ein sogenannter Volkseigener Betrieb (VEB) und elektronische Tasteninstrumente, Verstärker und Lautsprecherboxen waren nur ein kleiner Teil dessen, was hergestellt wurde.

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Der Musikwinkel an der Grenze von Sachsen zu Böhmen

Bernd Haller, Lothar Dietrich und Thomas Buchheim lernten sich dort in der Entwicklungsabteilung kennen und hatten schon damals den Wunsch, eigene Ideen – fernab vom vorgegebenen 5-Jahresplan – umzusetzen. Leider war das in der DDR eben nicht möglich.

Nach der Wiedervereinigung haben sich die drei sofort selbstständig gemacht und die Firma HDB electronic gegründet. Nach ein paar Umwegen sind sie Mitte der 90er-Jahre schließlich wieder in der Musikelektronik gelandet. Durch glückliche Umstände gelangte der Markenname VERMONA wieder zu uns. 2001 war der DRM1 MKII das erste Produkt, welches wieder unter VERMONA erschien.

Das alte und das neue VERMONA haben also nicht wirklich viel miteinander zu tun, obwohl ein paar der alten Entwicklungen von den Machern der aktuellen Geräte stammen.

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Haller – Dietrich – Buchheim: HDB electronic

Ist es in irgendeiner Weise für euch problematisch, dass noch einige alte VERMONA-Geräte aus den 80er Jahren im Umlauf sind? An sich ist das ja ein gutes Zeichen, aber natürlich sind es nicht „eure“ Instrumente im eigentlichen Sinn …

Das ist nicht problematisch und in gewisser Weise fühlen wir uns den alten Geräten auch verpflichtet. Häufig bekommen wir Reparaturanfragen, können aber leider keinen Service dafür bieten. Wir haben keine Ersatzteile und Reparaturen übersteigen bei den meisten Geräten den Zeitwert um ein Vielfaches. Wir haben auf unserer Homepage eine „Heritage“-Sektion und stellen dort Bedienungsanleitungen und Service-Unterlagen für einige der alten Geräte zum Download bereit. (Diese wurden uns freundlicherweise von Lutz Würmer zur Verfügung gestellt.)

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Chassis für das Fußpedal des ’14 Analogsynthesizers

VERMONA ist – im Gegensatz zu den Global Playern am Markt – eine überschaubare und, wenn wir so sagen dürfen, eine durchaus zurückhaltende, ja, noble Firma. Die Produktpalette konzentriert sich auf einzelne Modelle, auf bestimmte Nischen. Ist das von Vorteil? Worin liegen die Stärken des Unternehmens?

Wir fühlen uns sehr wohl mit den Produkten, die wir entwickeln und herstellen dürfen. Unsere aktuelle Produktpalette umfasst sowohl Einzelgeräte als auch Eurorack-Module und -Zubehör. Das ist ein guter Mix und lässt sich von uns gut bewältigen.

Zu unseren Stärken gehört es, Produkte mit optimalem Zusammenspiel von Bedienbarkeit und Funktionsumfang zu gestalten. Wir legen großen Wert auf Musikalität und Qualität, sowohl bei der elektronischen als auch bei der technische Umsetzung.

Alle VERMONA-Produkte sind „Made in Germany“?

Ja. Alle VERMONA-Produkte fertigen wir in unserer „Elektroakustischen Manufaktur“ in Markneukirchen/Erlbach. Wo wir können, setzen wir auf Zulieferer aus unserer Region und Deutschland.

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Innenleben des ’14 Analogsynthesizers

Die Herstellung beginnt bei uns mit dem Bestücken der Leiterplatten. Die Montage der Geräte und sämtliche Tests werden ebenfalls bei uns im Haus durchgeführt, bis schließlich das fertige Gerät oder Modul verpackt und verschickt wird.

Eine Frage, die uns sehr am Herzen liegt: Wird es eines Tages einen PERfourMER MKIII geben? (Wir hätten da kleine Vorschläge für diverse Modifikationen …)

Im Moment ist der PERfourMER MKII gut so, wie er ist … ein Nachfolger ist nicht in Planung. Wir halten aber ständig unsere Ohren offen und sind für Vorschläge dankbar und nicht abgeneigt, diese auch irgendwann in ein Produkt fließen zu lassen. Ausgeschlossen ist ein PERfourMER MKIII also nicht.

Vermona PERfourMER MKII

Der seit gut 20 Jahren anhaltende Analog-Boom der „neuen Generation“ scheint derzeit einen Höhepunkt zu erreichen. Wie kann man das noch toppen? Wie ist deine Einschätzung? Es überrascht doch sehr, dass der Markt für Analogsynthesizer offensichtlich noch nicht gesättigt ist …

Muss man das denn toppen? Die derzeitige Vielfalt an Synthesizern, Effekten und vor allen Eurorack-Modulen ist gut für den Anwender. Jeder kann das für sich beste Instrumente, das vielversprechendste Modul in nahezu allen Preiskategorien aussuchen und käuflich erwerben. Ob und wie lange das so weiter geht, kann ich natürlich auch nicht sagen.

Aber: Auch in Zeiten von Musik-Streaming und MP3 gibt es Plattenspieler und Menschen, die auf Vinyl schwören. Wahrscheinlich wird es immer Analogsynthesizer geben. Wir hoffen und arbeiten darauf hin, auch in schwächeren Zeiten noch unsere Ideen umsetzen zu dürfen.

Hast du Ideen und Prognosen für die Zukunft?

Wir arbeiten derzeit an einigen Ideen, hauptsächlich aber daran, den ’14 Analogsynthesizer herzustellen. Da ist im Moment genug zu tun …

Vermona '14 Analogsynthesizer


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Kategorie 2017, Interviews

“Es genügt, einen Ton schön zu spielen” sagte der Komponist Arvo Pärt im Jahre 2005. Diese Aussage ist ebenso einfach wie ich auch exzellent: Es braucht kein Meer an Tönen, denn entscheidend ist der Klang. Dass so mancher Vintage-Synthesizer der 70er und 80er Jahre teils unerreicht hochwertige Klänge liefert, steht außer Frage. Doch tatsächlich leben wir “heute” in einer nahezu perfekten Zeit. Einerseits hat man – mehr oder weniger – noch Zugriff auf die Vintage Analogen, andererseits wird auch bei Neugeräten die wichtige Komponente des hochwertigen Klanges wieder zunehmend berücksichtigt. Doepfer, Cwejman, Synthesizers.com, MacBeth, Moog, GRP, Studio Electronics, COTK, John Bowen und andere Hersteller bauen hervorragende Synthesizer, die den “Klassikern” in nichts nachstehen. All diesen (alten wie neuen) “großartigen” Instrumenten ist Great Synthesizers gewidmet. _________________________________________________________ In 2005 composer Arvo Pärt said: “Playing one tone really well is enough”. In other words, it is sufficient to play one tone 'beautifully'. I agree with that. All musical efforts are focused on the sound itself. Although I studied classical music (piano and drums), it’s the electronic sound that inspires me. Synthesizers are the epitome of new sounds and exciting tonal spheres. Today, many companies produce high-quality - excellent! - synthesizers: Doepfer, Cwejman, MacBeth, Moog, GRP, Synthesizers.com, COTK, Studio Electronics, John Bowen and others. It's their products I'm really interested in ... apart from Vintage Synthesizers, which I have been collecting for 20 years. Subsequent to our former websites Bluesynths and Blogasys, Peter Mahr and I have now created GreatSynthesizers. We hope you like it.

2 Kommentare

  1. Johnny

    „Wir halten aber ständig unsere Ohren offen und sind für Vorschläge dankbar und nicht abgeneigt, diese auch irgendwann in ein Produkt fließen zu lassen.“

    Ein sechsstimmiger analoger Synthesizer von Vermona wäre ja mein Traum (vielleicht eine Art Matrix 1000 mit Controller). Ansonsten fände ich einen Mono Lancet mit Audioeingang, CV/Gate und eventuell einen Oszillatorausgang direkt am Gerät toll.

  2. Johnny

    Nachtrag: Ein analoges Effektgerät, das Echo (BBD), Flanger, Phaser und Chorus kombiniert, würde ich auch sofort kaufen ;)

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