Ein wenig skurril mutet die Sache schon an: Moog Music baut im Jahr 2015 wieder Modularsysteme der späten 60er bzw. frühen 70er Jahre. Handgemacht und in edlem Design. Da werden Erinnerungen an Wendy Carlos, Tomita, ELP und den Ohrwurm „Popcorn“ wach.
Doch sehen wir uns zunächst die Modell-Palette an …
Folgende Modularsysteme oder Zubehörteile sind auf Bestellung erhältlich:
- Moog Model 15
- Moog System 35
- Moog System 55
- Keith Emerson Moog System
- Sequencer Complement B
- 5-Oktaven Keyboard
Wie zu erwarten, ist die Verfügbarkeit der Modulsysteme schon im Vorfeld etwas eingegrenzt. So werden vom Model 15 nur 150 Stück gebaut (was ja gar nicht so wenig ist) und vom System 55 nur 55 Exemplare. Für alle Instrumente gilt: Vorbestellung ist erforderlich (was bei Synthesizern dieser Preisklasse auch verständlich und ganz klar ist).
Aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, kann man den neuen Moog Modularsystemen unterschiedlichste Aspekte abgewinnen …
Beginnen wir mit den positiven Überlegungen:
- Studio-Musiker mit reichlich Kleingeld können sich einen langgehegten Traum erfüllen und ein Modularsystem im Holzgehäuse, mit dem legendären Klang und mit der Aufschrift „Moog“ erwerben
- Besitzer eines originalen Moog Systems aus den 60er bzw. 70er Jahren können ihr System nun gezielt erweitern (z.B. durch den doppelten Sequenzer-Aufsatz oder das optional erhältliche Keyboard)
- Übertriebenen Spekulationspreisen am Gebrauchtmarkt dürfte nun Einhalt geboten werden. Wozu 50.000 USD für ein „altes“ Moog System zahlen, wenn das „neue“ nur 35.000 USD kostet?
Dem gegenüber gibt es aus musikalischer Sicht eine Reihe an Fragezeichen:
- Sind die „neuen“ Moog-Systeme zeitgemäß? Welche Vorteile hat es, dass Moog Music konsequent am technologischen Stand von 1970 festhält? Denn nachgefragt: Wer benötigt heute S-Trigger Verbindungen? Und würde nicht ein eingebautes MIDI Interface die Integrierung des „neuen“ Moog-Systems in ein modernes Studio erleichtern?
- Schließlich: Sind die hoch angesiedelten Preise gerechtfertigt? Ein Model 15 für 10.000 USD ist beinahe absurd teuer. Und wie kann ein doppelter Sequencer-Block 8.500 USD kosten, wo doch gerade der Moog Sequencer musikalisch sehr mittelmäßig ist und wenig Innovatives zu bieten hat? Zugegeben, Moog Music wird betreffend Fertigung und Abwicklung einen erstklassigen Service bieten, doch rechtfertigen Service und der Markenname solch hohen Preise?
Fest steht, dass es zu den von Moog Music geforderten Preisen heute viele erstklassige (und deutlich leistungsfähigere) Alternativen gibt. Seien es Modularsysteme von Synthesizers.com (schon die neuen Keyboard Controllers gesehen?), Club Of The Knobs, Moon Modular oder anderen Herstellern: Der Mythos von Moog wurde – aus musikalischer Sicht – schon vor vielen Jahren von der Realität eingeholt.
Nichts desto trotz ist es erfreulich, dass der aktuelle Modular-Boom auch bei Moog Music Einzug gehalten hat. Wer sich mit der Philosophie und Aura der „großen“ Systeme vertraut machen möchte, dem sei noch das folgende Youtube Video empfohlen:
Moog Modular Systeme
Preis: ab 10.000 USD
Link: Moog Music Modulars
Vielen Dank für diesen hochinteressanten Kommentar! „Downsizing“ war bei Moog schon in den 70er Jahren Programm: Aus den großen Modularsystemen wurde der Mini-, der Micro-, der Multimoog u.a. entwickelt. Das geht im Prinzip bis heute so. Der Diskussion hinsichtlich Sinn- oder Unsinns der Neuauflage dieser Modularsysteme würde ich gerne das Kriterium „Klang“ hinzufügen: Wie klingen die neue Systeme im Vergleich zum originalen Moog Modular, zu COTK, zu syntheseizers.com etc. ? Das weiß wahrscheinlich zum jetzigen Zeitpunkt noch keiner so richtig.
… stimmt, Klang ist natürlich die wichtigste Frage. Die kann wohl nur der beantworten, der ein „altes“ und ein „neues“ Moog-System (und im Idealfall alle Konkurrenten gleich noch dazu) vergleichen kann. Ich hatte einmal ein ziemlich großes (originales) Moog-System. Und habe heute ein COTK Model 15, dem ich klanglich (und auch fertigungstechnisch) absolute Moog-Authentizität bescheinigen möchte. All die satten VCOs, die feinen Schwebungen, die vielen Klang-Schattierungen bei unterschiedlichsten VCF-Resonanzwerten, die äußerst zackigen Hüllkurven und die absolut mächtigen VCAs … Nebenbei hat das COTK Model 15 schlanke 3000 Euro (+ MwSt. + Versand) gekostet. Die geforderten 10 000 USD von Moog Music sind hingegen zumindest ein Drittel oder die Hälfte zu hoch gegriffen …