Roland Jupiter-4 – der polyphone SH-Synthesizer?

Dem Bericht des legendären ersten programmierbaren / speicherbaren Poly-Synthesizers Sequential Prophet-5 folgend, MUSS man im selben (sehr langen) Atemzug auch Rolands Jupiter-4 nennen …

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Nicht, weil er dem amerikanischen Kollegen das Wasser reichen könnte (das kann er nicht, weder optisch, noch konzeptionell, noch in seiner Klangvielfalt), doch ganz einfach deshalb, weil er mit Erscheinungsdatum Mitte 1978 der ZWEITE speicherbare polyphone Synthesizer am Markt war (dicht gefolgt vom Korg PS-3200).

Während jedoch dem Prophet-5 die Bezeichnung „most sexy synthesizer in the world“ zustehen dürfte (ich würde an dieser Stelle sofort den Roland Jupiter-8 mit einschließen), wird das „hässliche Entlein“ Jupiter-4 mit viel Glück gerade noch den „bronzenen Kaktus“ als Auszeichnung erhalten.

Nur wenige polyphone Analogsynthesizer sehen derart unspektakulär und veraltet aus, oder, um es mit den Worten von Peter Forrest zu sagen: „All technology eventually goes cheesy, but the JP-4 went cheesy quicker than most.“

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Polyphoner Meilenstein – erster „speicherbarer Japaner“

Kaum zu glauben, doch wir hören im Jahre 1978 mehrere „Hurras“ in Musikerkreisen! Hurra seitens gut betuchter Künstler, die sich einen echten Prophet-5 leisten können. Ein etwas kleineres Hurra seitens der Durchschnittsverdiener, die mit der japanischen Quasi-Billig-Prophet-Variante Jupiter-4 vorlieb nehmen müssen. Doch wie dem auch sei: 1978 ist Polyphonie mit Speicherbarkeit noch keineswegs selbstverständlich und sicher ein Hurra in jeder Preisklasse wert …

Kurzer Rückblick: Erste mehrstimmige Ansätze im Synthesizerbereich datieren zurück auf das Jahr 1974. Tom Oberheim bringt mit seinen SEM-Instrumenten polyphone Synthesizer auf den Markt, die teils programmierbar sind (Four-Voice / Eight-Voice, mit Programmer ab 1975) oder mit 2 Stimmen (Two-Voice, diesmal ohne Programmer, dafür aber mit Sequencer) des Musikers Herz beglücken (und sein Konto stark belasten). Allerdings ist die Bedienung dieser frühen polyphonen Synthesizer keineswegs ein ‚Klacks‘. Das parallele Justieren und Bändigen von zwei, vier oder mehr SEMs kann durchaus zu genervten Seufzern im Studio und ungewollten Adrenalinschüben auf der Bühne führen.

Jupiter4-Report-Oct1978

Einer der ersten Testberichte anno 1978, mit Abbildung des Jupiter-4 Prototypen …

Der Moog Polymoog ist ein weiterer früherer mehrstimmiger Synthesizer, ein vollpolyphones Monster anno 1975, nur bedingt bühnentauglich und auch nicht speicherbar, ebensowenig wie das Brüderpaar Korg PS-3100 und PS-3300 aus dem Jahre 1977. Erst der ein Jahr später (kurz nach dem Jupiter-4 erschienene) Korg PS-3200 ermöglicht schließlich die Speicherung – und sogar nachträgliche Veränderung/Anpassung – von Sounds. Yamaha CS-60 und CS-80 – wir sind wieder im Jahr 1977 – bieten „einen“ bzw. „vier“ Speicherplätze in Form von miniaturisierten Nachbildungen der Schieberegler am Panel, was eine Nothilfe, jedoch keine wirklich professionelle Lösung der Speicherbarkeit darstellt.

Dann der Durchbruch: Im Frühjahr 1978 läutet Sequential mit dem bereits mehrfach genannten Prophet-5 einen beispiellosen kommerziellen Erfolg ein. Der PROPHET: Mehrstimmig, speicherbar, veränderbar, wieder speicherbar. 40 Sounds! Sahnigster Klang! Eine Revolution – der perfekte Synthesizer für Studio und Bühne. Die Antwort Oberheims folgt prompt (nun ja, 18 Monate später) und kommt unter der Bezeichnung Oberheim OB-X ab Ende 1979 ebenso zu Ruhm und Ehre. Doch so unterschiedlich die Instrumente und Konzepte auch sind, alle Synthesizer haben anno dazumal eine Gemeinsamkeit: Sie sind sehr (!) teuer und für viele Musiker unerschwinglich.

In dieses Szenario platzt im Sommer 1978 ein neues Produkt aus dem Hause Roland. Der Analogsynthesizer Jupiter-4 bietet – nomen est omen – 4 Stimmen, Programmspeicher mit Compuphonic Technologie und darüber hinaus Extras wie Arpeggiator und Chorus. Das alles zum Sensationspreis von unter 4.000 DM,- (1978).

Jupiter4-Roland-Advert

Tanzmusiker haben mir schmunzelnd geschildert, wie in jenen Tagen nach dem Motto „das ist die höchste Stufe der Synthesizer-Entwicklung, nun haben wir alles (!) gesehen (und gehört)“ der Jupiter-4 geradezu umjubelt wurde.

Musikalischer Meilenstein – der „Human League Synth“

Nicht nur Tanzmusiker, auch Pop- und Studiomusiker schätzten den Jupiter-4. Das Instrument hat den Sound der späten 70er Jahre deutlich geprägt. Duran Duran, Human League*, Vangelis … es gibt viele Beispiele zu nennen, in denen Rolands erster Poly-Synthesizer zum Einsatz kam.

* Zugegeben, es ist etwas vermessen, den Jupiter-4 als „Human League Synth“ zu betiteln. Die Gruppe hatte viele Roland Synthesizer im Einsatz, allem voran das System-100, aber auch das System-700 und zudem noch ganz andere Instrumente: Korg-, ARP-, Siel-Synthesizer und mehr.

Wie dem auch sei: Kaum ein Instrument ist in Human League Songs der späten 70er Jahre klanglich derart charakteristisch herauszuhören wie der Jupiter-4 (sowie die Schlagzeugsounds des System-100). Der Jupiter-4 im Unisono-Modus, um genau zu sein. Solch massiven Bässe und bebende Lautsprecher erlebt man selten. Und man vergisst sie auch nie wieder!

Im Video (nun, Audio …) ist der Roland Jupiter-4 als Bass-Sound deutlich zu hören … sogar der aktive (hochfrequente) LFO ist akustisch deutlich auszumachen …

Persönlicher Meilenstein – der erste Kontakt zu ANALOG

In meiner eigenen Synthesizer-Geschichte ist der Jupiter-4 ebenso ein „Meilenstein“. Dieses Instrument war der allererste Kontakt zur analogen Gattung, die Spielwiese frühester „Aha-Erlebnisse“ rund um analoge Synthesizer. Anno 1985, durch und durch deprimiert von den langweiligen Presets meines ersten hart ersparten Synthesizers, einem Yamaha DX7, entdeckte ich den Jupiter-4 im Wohnzimmer eines Bekannten.

Der lustvolle Analogsound dieses ungewöhnlichen Instruments hielt mich stundenlang von schulischer Pflichten ab und der Arpeggiator tat ein Übriges, um mich erstmals wie im musikelektronischen Himmel zu fühlen. Meine „kann-ich-mal-ein-wenig-spielen“ Besuche in besagtem fremden Wohnzimmer wurden immer länger und ausgedehnter, so dass der gute Bekannte die Zwecklosigkeit jeglichen Einspruchs erkannte (oder wohl eher seine Ruhe haben wollte) und mir den Jupiter-4 schließlich einfach schenkte.

Jupiter4-Roland-Adv-LiveMusic

Um mir des Instruments auch ganz sicher zu sein, bezahlte ich viele, viele Jahre später für diese wohltätige, milde Gabe. In den 90er Jahren bekam mein geliebtes „analoges Monster“ dann Kenton-MIDI verabreicht, was den Jupiter-4 nochmals aufwertet.

Dem besonderen Charme des Jupiter-4 bin ich bis heute erlegen. Obwohl bereits drei Jupiter-8, ein Jupiter-6, zwei MKS-80 und der Promars eine Nachfolge versuchten, kommt – Achtung These 1 – KEINES der Instrumente an die Urgewalt des Jupiter-4 heran. Doch um dem Ganzen etwas die „Romantik“ zu nehmen hier noch These 2: Der Jupiter-4 ist einer der wenigen Synthesizer, gegen den ein beständiger Kampf zu führen ist. Peitsche und Zuckerbrot, immerzu. Schließlich fordert dieses Instrument den Musiker, es kann kläglich und erbärmlich ebenso wie brachial und genial klingen. Von der ersten Stunde an gilt es, den Jupiter-4 zu bändigen. Das führt – bei aller analogen Aggressivität des Instruments – zu glorreichen musikalischen Stunden, doch im gleichen Maß auch zu solchen Momenten, in denen man schlicht und einfach unterliegt und genervt aufgibt.

Aufbau des Jupiter-4 – ein polyphoner SH?

Insider sehen im Jupiter-4 einen „mehrstimmig aufgeblähten SH-Synthesizer“. Das mag im Grunde stimmen. Vor allem die klassische VCO/SubOsc-Kombination erinnert stark an Roland SH-1/2/09. Doch der Jupiter-4 hat noch etwas mehr zu bieten …

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Eine Stimme des Jupiter-4 verfügt über

  • VCO + SubOsc
  • VCF + Envelope + manuelles HPF
  • VCA + Envelope

Weiters gibt es globale Klangbausteine bzw. Modulationsmöglichkeiten, wie:

  • LFO
  • NOISE
  • MODIFIER-SEKTION: zur Temposteuerung des Arpeggiators, mit separater Regelung einer VCF-Modulation (Sample/Hold auf VCF – nice!)

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Besonders bemerkenswert ist die Performance-Ausstattung:

  • Portamento
  • Ensemble (Stereo-Chorus)
  • ASSIGN MODES: Unisono 1/2, Poly 1/2
  • ARPEGGIO MODES: Up, Down, Up/Down, Random
  • Sehr flexible Pitchbend-Sektion: Variable Zuweisung von VCO/VCF/VCA

Und ja, die beige-farbene Roland-Holzfäller-Tastatur muss man eben in Kauf nehmen. Sie ist klobig und „kein“ Luxus zum Spielen, das muss klar gesagt sein. Somit runden diese Features den Jupiter-4 ab:

  • 4-Oktaven Tastatur
  • 10 Presets
  • 8 Memories

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Anschlüsse

  • Mono / Stereo Out (High/Medium/Low)
  • Headphones (High/Medium/Low)
  • EXT CLOCK IN (Arpeggiator / S/H)
  • VCF CONT PEDAL (VCF IN)
  • EXP Pedal (VCA IN)
  • DAMPER Pedal

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Zurück zu den Klangbausteinen. In punkto Klangarchitektur ist der Jupiter-4 der einzige seiner Familie, der nur einen VCO pro Stimme aufzuweisen hat. Alle anderer Jupiter-Instrumente verfügen über 2 vollwertige VCOs pro Stimme. Mit Juno-60 bzw. Juno-106 wurde das OSC/Sub-Osc Konzept seitens Roland nochmals weitergeführt (nun mit DCOs). Dann allerdings mit mehr Erfolg und überzeugenderem polyphonem Klang als beim Jupiter-4: Den Juno-Synthesizern ist betreffend Kraft ihr singulärer Oszillator nicht anzuhören (dank der gleichzeitig anwählbaren Wellenformen samt PWM), dem Jupiter-4 hingegen schon.

Doch der Jupiter-4 hat immer eine Alternative parat. Wozu gibt es Unisono? Alle 4 VCOs in massiver Eintracht überflügeln einen Großteil aller Roland Synthesizer betreffend Klanggewalt. Man muss sich eben nur zu helfen wissen – und so hat sich das Blatt trotz „nur“ einem VCO pro Stimme schnell gewendet. Weiters: Das Filter ist in jeder Beziehung ein echter Bonus des Jupiter-4, ob nun in der frühen Version (BA662) oder in der späteren Version (IR3109). Die analoge VCF-Gewalt – vor allem der „schmutzige“ Klang der Resonanz – ist einmalig. Die extrem zackigen Hüllkurven wiederum erreichen ebenso Jupiter-Rekord und tragen ganz wesentlich zum meaty character des Instruments bei.

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Vom hässlichen Entlein zum goldenen Zaunkönig

Viele Jahre lang war dem Jupiter-4 das Image des hässlichen und ungeliebten Entleins geradezu auf die Stirn (oder besser: bunten Preset-Buttons) gedrückt. Seine Bemühungen, bei eBay Preise in seriösen Regionen zu erzielen, scheiterten unentwegt. Dies ist auch durchaus erklärbar: Erstens sind die fehlenden Steuermöglichkeiten des Instruments zu nennen. Eine MIDI-Nachrüstung ist mit zusätzlichen Investionen und mit Arbeit verbunden, und obwohl die CV/Gate-Nachrüstung nicht sehr kompliziert sein soll, wurde nur wenigen JUP-4 damit ausgestattet. Ergo beschränkt sich die Einbindung eines nicht-modifizierten Jupiter-4 im Studio auf die Synchronisation des Arpeggiators (bzw. der S/H Schaltung auf VCF).

Weiters sind viele Presets des Instruments zum guten Teil klanglich unter jeder Würde. Ähnlich wie die Werksounds der großen Yamaha-Synthesizer CS-50/60/80, bestehen zwischen ihren Bezeichnungen (Piano, Guitar, Trumpet, etc.) und ihrem Klang oft kaum erkennbare Zusammenhänge. An dieser Stelle ein wunderbar treffendes Zitat von Human League:

„‚Hard Times‘ – I think that was the saxophone preset of a JP-4, but it sounds nothing like a saxophone. They should just say ‚elephant‘ instead.“

(Human League), Peter Forrest, The A-Z of Analogue Synthesisers, Part Two, S. 105

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Erst seit ca. 2015 hat sich – im Taumel des allgemeinen Vintage-Fiebers – der Wert des Jupiter-4 deutlich nach oben geschraubt. Heute (Stand 2023) kostet einen JUP-4 am Gebrauchtmarkt ca. 4.000 bis 8.000 Euro. Teuer, keine Frage. Wer die Sache allerdings durchschaut und das klangliche Potenzial des frühen Jupiters erkennt, lässt dieses Klang-Monster nicht achtlos beiseite. Guter Vintage-Sound kostet! Immerhin ist der Jupiter-4 eines jener besonders charakterstarken Saurier-Instrumente, für die es auch in Zukunft keinen gleichwertigen Ersatz geben wird.

Sollte sich also eine Gelegenheit zum Erwerb eines leistbaren Jupiter-4 ergeben (nennen wir den frohlockenden Preisrahmen von 3.000 bis 5.000 Euro, als Beispiel), dann lohnt sich langes Grübeln kaum. Sofort nehmen wäre unser Tipp. Dennoch, allen Lobeshymnen zum Trotz noch einige Gedanken zu Vor- und Nachteile des Jupiter-4. Beginnen wir – anders als sonst – mit den (möglichen) Nachteilen …

Einerseits (contra) …

… ist das Tuning der Einzelstimmen meist nicht annähernd perfekt! Dies ist im polyphonen Einsatz (Akkorde und Harmonien) häufig eine echte Tortur. Viele JUP-4 Modelle sind ständig leicht (oder auch weniger leicht) verstimmt. Nur selten bleiben diese Monster in ihrer Stimmung beständig (und zuverlässig) „in tune“.

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Weiters ermöglicht das frühe System der Programmspeicherung (kein nachträgliches Editieren der Sounds!) nur äußerst bescheidene musikalische Freiheit, was sich manchmal durchaus als nervend erweisen kann. Hüllkurve bei Memory 8 noch schnell anpassen? Aaaaaah, Fehlanzeige …

Schließlich gibt es für den Spielbereich des Arpeggiators keine Oktaven-Limitierung, der Stereo-Chorus rauscht laut, und die globale Einbindung des Instruments durch MIDI oder CV/GATE ist – wie schon erwähnt – nach wie vor „das“ zentrale Problem vieler Jupiter-4 Besitzer. Und spätestens beim Durchspielen der Factory-Presets sollte die Rufnummer der Nervenklinik (oder des Psychiaters) endgültig in Griffweite sein.

Andererseits (pro) …

… ist das Tuning der Einzelstimmen meist nicht annähernd perfekt! Gleiches Argument wie zuvor? Nun … ja! Schließlich haben natürliche Verstimmungen einen ungebrochenen musikalischen Reiz, womit aufzuzeigen ist, dass so manche technische Schwachstelle in Wirklichkeit musikalischen Genuss mit sich bringen kann. Die Streicher klingen zwar synthetisch, aber auf ihre Art doch „natürlich“ (eher auf der aggressiven Saite, sorry, Seite), die Bässe und Soli kommen mit dem richtigen „menschlichen“ Feeling über die Lautsprecher und Effektsounds leiden unter mangelndem Tuning ja ohnehin nie – ganz im Gegenteil: Sie werden nur noch besser. Gut so!

Weiters wäre der so wunderbar „trockene“ Bass zu nennen, dessen Biss durch die ausgezeichneten schnellen Hüllkurven unterstützt wird. Jupiter-4 Bässe gehören musikalisch zum Feinsten am analogen Synthesizer-Markt.

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Schließlich sei noch der hervorragende LFO zu nennen, der bis in den Audiobereich (ca. 80 Hz) aktiv ist und – unterstützt durch den wüsten und rauen Klangcharakter der Filterresonanz – Effektklänge hervorzaubert, die KEIN Jupiter der späteren Generation zu produzieren in der Lage ist.

Das sind die Plus-Seiten. Um gleich vorweg Missverständnissen aus dem Weg zu gehen: Jupiter-8/MKS-80 oder Jupiter-6 sind – auf ihre Art – ebenso hervorragende und eigenständige polyphone Synthesizer. Interessant ist aber doch, dass der Jüngste im Bunde – Rabauke Jupiter-4 – eine klangliche Unverfrohrenheit und wilde analoge Seele aufzuweisen hat wie kein Anderer. Den „Kampf“ mit dem analogen Ungetüm muss man allerdings erst zu schätzen lernen. Für die „zuverlässige“ und „berechenbare“ Seite eines professionellen Studioalltags ist der Jupiter-4 gewiß nicht geschaffen. Total-Recall-Musiker sei der Kontakt mit einem Jupiter-4 daher dringendst nicht-empfohlen …

Promars, die monophone Variante

Der Promars war viele Jahre mein geheimer Wunsch, denn die schönen Features (und vor allem der Charakter) eines Jupiter-4 in einer monophonen Maschine mit 2 VCOs und CV/Gate klang nach dem beinahe idealen Synthesizer. Die Rechnung war allerdings ohne den Wirt, denn die wenigen konzeptionellen Änderungen am Promars, vor allem aber die Tatsache, dass es sich um ein wirklich monophones und nicht „monophon spielbares“ mehrstimmiges Instrument handelt, ergeben in Summe einen zwar klanglich guten, aber keinesfalls so charakterstarken Synthesizer wie den Jupiter-4.

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Da nützten alle praktischen Einwände wenig: Wenn der Klangcharakter nicht derselbe ist, ist der Promars folglich kein Ersatz für den Jupiter-4. Schade, wo doch gerade die Modulation-In Buchse dieses Monophonen so wunderbar wäre (externe Steuerung der flexiblen Pitchbend-Einheit – VCO/VCF/VCA – z.b. via Sequencer oder ähnlichem).

Schließlich lag der Fehler aber auch bei mir, denn die Überlegung war zu naiv: Dem Unisono-Modus eines Jupiter-4 – mit vier VCOs gleichzeitig – kann ein Promars nichts entgegenhalten. Auch ist die monophone Spielweise des Jupiter-4 mit eben nur einem (jedoch permanent wechselnden) VCO nie dasselbe wie die aufgepeppte (und konstante – sprich: trotz Schwebungen und mehr Kraft dennoch etwas langweiligere) Dual-VCO Variante des Promars.

Den “ idealen“ Werten eines monophonen Analogen kommt der Promars mit 2 VCOs zwar deutlich näher (wuchtigere Bässe, Schwebungen für breitere Sounds), doch gerade der so trockene, aber immer durch 4 leicht verstimmte Stimmen gehende, 1-VCO-Klang ist ja eine der großen Besonderheiten – und klanglichen Unverwechselbarkeiten – eines Jupiter-4. „Wuchtig“ und „breit“ à la Promars ist – zumindest meiner Erfahrung nach – nicht unbedingt das alleinige Wunschziel musikalischer Ausdrucksstärke.

Roland Jupiter-4 Synthesizer

MIDI Interfaces für den JUP4

Während bis vor einigen Jahren nur Kenton Electronics die MIDIfizierung eines Jupiter-4 möglich machte, gibt es inzwischen mehrere Anbieter, die den frühen Jupiter zeitgemäß auf MIDI-Standard bringen.

Fazit

Was den Jupiter-4 so einzigartig (und unersetzlich) macht, ist schnell auf den Punkt gebracht: Sein eigenständiger – und zugleich überraschend flexibler – Klang. Seine Dickköpfigkeit. Sein Eigenleben. JUP-4 Unisono-Sounds zählen zu den besten, die es gibt, die Effektsounds können – dank des hochfrequenten LFOs, der farbenreichen VCF Resonanz und der ergiebigen Performance/Pitchbend-Abteilung – nicht von dieser Welt sein und trockene 1-VCO Analogsounds haben einen speziellen Jupiter-4-Charme, der nur schwer zu überbieten ist.

Dennoch sind viele der musikalischen Geschenke oft mit Arbeit verbunden. Man muss Zeit und Geduld investieren, um besagten trockenen Bass mit der knackenden Hüllkurve exakt einzustellen, um dem High-Speed-LFO und der rauen Filterresonanz die gewünschten FX-Klänge zu entlocken. Schnell erledigt oder gar geschenkt geht hier nichts.

Roland Jupiter-4 Synthesizer

Doch spätestens wenn der Arpeggiator in Aktion tritt oder Unisono gedrückt wird, packt der Jupiter-4 seinen „analogen Charme“ aus. Begleitet vom aggressivem Filter, Stereo-Chorus, den zackigen Hüllkurven und dem ‚Elephant‘ Preset – sorry, analogen Saxophon – ist man dem analogen Himmel dann doch sehr schnell auch wieder sehr nahe.


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40 Minuten Klangbeispiele sind angefügt. Soundfiles, in denen der Roland Jupiter-4 entweder solistisch (eine oder mehrere Spuren) oder im Mix mit anderen Instrumenten zum Einsatz kommt. Es handelt sich um die späte Version des Synthesizers – einem Jupiter-4 mit IR3109 Filtern.

Roland Jupiter-4

Polyphoner analoger Synthesizer
4 Stimmen, Arpeggiator

Link:
www.vintagesynth.com

MIDI Interfaces:
Kenton Electronics:
https://kentonuk.com/product/roland-jupiter-4
CHD Elektroservis:
http://www.chd-el.cz/index.php?id=403&lngid=en
Midipolis:
http://midipolis.blogspot.co.at/p/manuals.html

Kategorie 2016, Testberichte

“Es genügt, einen Ton schön zu spielen” sagte der Komponist Arvo Pärt im Jahre 2005. Diese Aussage ist ebenso einfach wie ich auch exzellent: Es braucht kein Meer an Tönen, denn entscheidend ist der Klang. Dass so mancher Vintage-Synthesizer der 70er und 80er Jahre teils unerreicht hochwertige Klänge liefert, steht außer Frage. Doch tatsächlich leben wir “heute” in einer nahezu perfekten Zeit. Einerseits hat man – mehr oder weniger – noch Zugriff auf die Vintage Analogen, andererseits wird auch bei Neugeräten die wichtige Komponente des hochwertigen Klanges wieder zunehmend berücksichtigt. Doepfer, Cwejman, Synthesizers.com, MacBeth, Moog, GRP, Studio Electronics, COTK, John Bowen und andere Hersteller bauen hervorragende Synthesizer, die den “Klassikern” in nichts nachstehen. All diesen (alten wie neuen) “großartigen” Instrumenten ist Great Synthesizers gewidmet. _________________________________________________________ In 2005 composer Arvo Pärt said: “Playing one tone really well is enough”. In other words, it is sufficient to play one tone 'beautifully'. I agree with that. All musical efforts are focused on the sound itself. Although I studied classical music (piano and drums), it’s the electronic sound that inspires me. Synthesizers are the epitome of new sounds and exciting tonal spheres. Today, many companies produce high-quality - excellent! - synthesizers: Doepfer, Cwejman, MacBeth, Moog, GRP, Synthesizers.com, COTK, Studio Electronics, John Bowen and others. It's their products I'm really interested in ... apart from Vintage Synthesizers, which I have been collecting for 20 years. Subsequent to our former websites Bluesynths and Blogasys, Peter Mahr and I have now created GreatSynthesizers. We hope you like it.

17 Kommentare

  1. kurt kreft

    Hallo, kurze Frage: Wer baut so ein Miditeil im Jupiter-4 ein (ohne den Jupiter nach England zu Kanton zu senden), hab mir vor 2 Jahren so ein Midikit für Jupiter-4 gekauft, bis heute niemand gefunden der dieses Teil einbaut, danke für einen Tipp, Grüsse kurt aus Frankfurt am main.

    KLASSE Bericht, ich liebe meinen Jupiter 4 über alles, für mich der beste aller Zeiten!

  2. Theo Bloderer

    … es gibt einige exzellente Synthesizer-Techniker im deutschsprachigen Raum. Ich hätte jemanden „in deiner Nähe“ zu empfehlen … schicke dir eine Email … Grüße an den Main … LG Theo

  3. Oh, ja da hätte ich auch wirklich Interesse. Ich habe einen JUNO 60 und würde den so gerne mal mit MIDI nachrüsten lassen. Also Ich würde mich über die Adressen auch enorm freuen. Chriskoelle@gmx.de

  4. Theo Bloderer

    … habe dir eben eine Email geschickt … LG

  5. Stephan Schürmann

    Hi Theo,
    ich würde meinem Jupiter 4 gerne ein Midiopolis Midiupdate spendieren. Vor allem das Patch-Board mit der Möglichkeit 64 Patches zu speichern, finde ich genial.
    Leider meldet sich trotz mehrmaliger Nachfragen niemand auf meine Mails. Ist die Produktion eingestellt ? Gibts hier irgendwelche Erfahrungen ?
    Danke und Gruß
    Stephan

  6. Theo Bloderer

    … hallo Stephan

    Leider nein, da habe ich keine aktuelle Info. Da das Website-Archiv 2013 endet, macht die Sache keinen “aktiven” Eindruck, aber das hast du ja schon selbst gesehen. Es gibt ab und an einen Jup-4 mit MIDIpolis Upgrade auf eBay … so einen kaufen und den eigenen verkaufen?

    Ich kenne das CHD Interface – simpel, aber gut und günstig sowie das Kenton MIDI, aufwendig und teuer (wenngleich musikalisch nützlich und sehr zuverlässig – also – langfristig sein Geld wert).

    Sollte MIDIpolis nicht mehr aktiv sein, ist auch das (eventuell notwendige) Service langfristig zu hinterfragen … das würde ja wegfallen, dann wäre von dem MIDI – trotz der sehr gelungenen Features – vielleicht eher abzuraten, allgemein gedacht …

    LG Theo

  7. Hallo Zusammen

    Ich bin noch ein Neuling in Sachen Synthi. Frage, wenn der Jupiter 4 Stimmen hat, bedeutet das, dass man maximal 4 Tasten respektive 4 Töne auf einmal spielen kann?

    Beim Juno-60 heißt es zB, dass es ein 6-stimmiger Synth ist. Doch da lassen sich ja mehr als sechs Tasten auf einmal bespielen.

    Sorry, vielleicht scheint die Frage hier etwas blöd, doch finde ich nirgends eine gute Erklärung.
    Für eine hilfreiche Antwort danke ich schonmal im Voraus sehr!

    Gruss Tom

  8. Theo Bloderer

    Hallo Tom …

    Ja, Jupiter-4 hat 4 Stimmen und auch der Juno-60 (und Juno-106) hat nicht mehr als 6 Stimmen. Wenn du doch mehr Tasten spielst, dann wird dir eine der bereits erklungenen Stimmen zugunsten der neuen Stimme wieder weggenommen. Kurz gesagt: Die maximale Stimmenzahl beim Jupiter-4 ist 4, beim Juno-60 / Juno-106 ist sie 6. Mehr geht nicht.

    Eine Anmerkung: Neben der Frage der Polyphonie dürfte auch die Qualität des Gesamtklanges und der angedachte musikalische Einsatz eine Überlegung wert sein. Während bei Juno-60 / Juno-106 Akkorde in der Regel gut und kräftig klingen, kann die Mehrstimmigkeit beim Jupiter-4 zu einem Problem werden. Sein 1-VCO-pro-Stimme-Sound wird in der Musikwelt oft als dünn eingestuft. Im Unisono-Modus – mit allen 4 VCOs auf einem Ton – hat der Jupiter-4 allerdings eine beinahe unerreichte Klanggewalt. So geht der Wahl des Instruments die Frage des gewünschten musikalischen Einsatzes voraus. Für rein polyphone Zwecke ist der Jupiter-4 eventuell weniger gut geeignet als ein Juno-60 / Juno-106. Die letztgenannten Synthesizer kommen hingegen als „monophone Monsterstimme“ kaum in Frage (zudem hier Unisono an sich gar nicht vorgesehen ist), der Jupiter-4 dagegen sehr wohl, was ihn – Stichwort „Human League und klanggewaltige Bass-Sounds“ – auch in der Pop-Geschichte berühmt gemacht hat.

    Ganz LG …

  9. Hallo Theo
    Vielen Dank für Deine hilfreiche und informative Antwort. Du schreibst beim Juno geht nicht mehr als sechs Töne gleichzeitig.
    Beim Juno 60 ist mir jedoch nicht aufgefallen, dass wenn ich mehr als sechs Tasten gleichzeitig gedrückt halte, eine weniger erklingt. Auch bei mehreren Tasten wie 8 oder 10, klingen für mich alle Töne miteinander. Dass Töne ausbeilben ist mir nicht aufgefallen. Vielleicht habe ich ein schlechtes Gehör oder es ist für mich als Laie nicht hörbar?
    Beim Jupiter 4 hingegen, wenn man zuerst vier Tasten gleichzeitig drückt und dann eine fünfte zusätzlich, dann bleibt die fünfte Taste einfach stumm (natürlich im Polyphonen Modus ;-) ).

    Immerhin weiss ich nun, dass der Jupiter-4 wirklich nicht mehr als 4 Tasten aufs mal vermag! Danke nochmals für die gute Aufklärung. War das ja für Roland der erste Polyphon. Wahnsinn, schon 43 Jahre alt ist der Jupiter-4 und gibt immer noch voll fette Sounds ab!!! Ich vermisse einfach die alte, gute Verarbeitung und Qualität bei den heutigen Synthesizers.
    LG Tom
    PS: Human League finde ich super!

  10. So, habe den Juno-60 nochmals getestet! Jetzt konnte ich es raushören, dass, nach dem man eine zusätzliche siebte Taste drückt, die erste Taste die man angeschlagen hat, aufhört zu spielen! Man lernt nie aus! nochmals herzlichen Dank Theo für Deine Antwort! :-)

    LG
    Tom

  11. Theo Bloderer

    … sehr gerne. Viele Grüße …

  12. Karnossos

    Sorry to say, aber ich sehe nicht, was diesen alten Hadern von den besseren VA-Kollegen wie Virus (habe keinen und bin auch kein Fan) abhebt. Unison-Modus, schön+gut, aber bitte, wir haben hier erstmal einen polyphonen und keinen Monosynth. Wo immer man 4 Oscis parallel und leicht verstimmt rauslässt, wird das dicker klingen als zwei … besonders wenn man, anstatt die Lautstärke zurückzunehmen, sogar raufdreht, wie im Unison-Beispiel hier, das deutlich lauter als alle anderen ist. Bei den 22 Beispielen ist insgesamt ein deutlicher Erinnerungsfaktor drin, wir sind die Roboter, klar, die Filter-Percussions klingen edel nach Endsiebziger, sind dann aber erst als Multitrack-Arrangement im Kontext authentisch (denn multitimbral ist er ja wohl nicht…). Oder eben zwei oder mehr JP-4 parallel, vielleicht in den 80ern nach dem DX7-Hype beinahe kostenfrei aus dem Studio-Sperrmüll gezogen oder in heutiger Zeit zum Preis eines Heimstudios (bei 4-5 k€ pro Stück) aufgestellt … Ja, er war lange billiger und ist jetzt teuer, weil der Sammler- und Knienieder-Community die analogen Lieblinge der Urzeit langsam ausgehen, die nächste Generation muss erst am Gebrauchtmarkt nachwachsen, und in der Zwischenzeit pumpen wir halt die Preisliste für die bislang weniger geliebten Toys auf.

    Als Hersteller der paar herzigen wirklich unterscheidbaren Sounds, das sollte hier deutlich festgehalten werden, ist dieses sowieso keinesfalls unersetzliche Gerät die heute abgerufenen Preise längst nicht wert, da z.B. mittlerweile schon über Alesis A-6, der auch keine echte Sperre gegen Unisono hat (aber natürlich nicht diiiese Filter und schnellen EG) – dafür dann immerhin mit allen 16 Stimmen.

    Ich verstehe schon, dass man auf seinen Liebling stolz sein möchte, jedoch ist auch davor zu warnen, dass die Ehrerbietung irgendwann zum Selbstzweck wird und den Blick auf die Realitäten verstellt – im Grunde sollte aus der Perspektive der Kreativität dieses abgenutzte Holz seinen Platz auf dem Podest einnehmen, und auch dort still vor sich hin stauben, wenn man nicht den Mumm hat, seine 5k Wertanlage ordentlich circuit zu benden ;-)

  13. Theo Bloderer

    Gute Gedanken, vielen Dank. Es werden allerdings verschiedenste Dinge vermengt, vielleicht ist eine Differenzierung möglich …

    Die aktuellen Preise für Vintage-Synthesizer – in ihren Dimensionen bar jeder Rechtfertigung oder Realitätsnähe – sind die eine Sache. Diskussionen darüber werden nicht viel fruchten oder dem Trend Einhalt gebieten. Nützen wir die Zeit für andere Dinge.

    Die angesprochene Multi-Timbralität war anno 1978 kein Thema, dieses Feature kann der Jupiter-4 nicht vorweisen. Multitrack-Arrangements führen jedoch im Studio zum gewünschten musikalischen Ziel, das ist hoffentlich nicht verwerflich. Im Live-Betrieb sieht die Sache natürlich anders aus, allerdings ist zu bezweifeln, dass ein Jupiter-4 heute als angesagtes Bühnen-Instrument gilt.

    Dass die Ehrerbietung diverser Vintage-Synthesizer zum Selbstzweck verkommt, die Gefahr besteht in der Tat. Gerade in Anbetracht der exorbitanten Vintage-Preise spricht nicht viel dafür, 5K für einen Jupiter-4 auszugeben. Ein großzügig ausgestattetes Modularsystem kann für denselben Preis nicht nur mit 4-facher Polyphonie / Multi-Timbralität, sondern auch mit einem deutlichen Mehr an musikalischen Möglichkeiten aufwarten.

    [ Die oben angeführten Instrumente wie Virus oder Andromeda A6 scheinen mir nicht ganz ideale Objekte der Referenz zu sein, sie sind musikalisch von anderer Qualität und somit für andere Einsatzzwecke geeignet als ein Jupiter-4. ]

    Und Zustimmung, auch aus der Perspektive der Kreativität braucht es den Jupiter-4 nicht, dazu braucht es gar nichts Bestimmtes, da gibt es ohnehin keine Vorgabe betreffend richtig oder falsch. Jedoch Einspruch, das abgenutzte Holz (der Jupiter-4) soll „nicht“ vor sich hinstauben, das wäre seiner unwürdig, wobei ich auch ausgiebigem Circuit-Bending nicht zustimmen würde (jedoch nur aus ästhetischer Sicht).

    Wie dem auch sei: Jeder finde die Instrumente, die ihm zusagen. Da gibt es nichts zu bewerten oder (gegenseitig) auszuspielen, jeder folge seinem Geschmack und seinem musikalischen Empfinden. Wenn leistbar, das ist klar.

    PS: Das Unisono-Beispiel wurde unserer Erinnerung nach nicht extra lauter gemacht, allerdings im Bass etwas angehoben, ansonsten: das ist der Jupiter-4 mit aufgedrehtem Filter und mit Stereo-Chorus. Für angenehmeres Hören hätten wir das File allerdings an die Lautstärke der restlichen Klangbeispiele anpassen können. LG.

  14. Karnossos

    Danke für die ausführliche Antwort, Herr Bloderer. Ich mag vielleicht etwas herablassend geklungen haben, gegenüber den „alten Hadern“ vor allem. Es sind für mich nur Maschinen, im Grunde, ich weiß, dass auch das überheblich klingen wird, „Radio“technik aus den 70ern und 80ern. Naja, fast, aber ich habe den Elektor Formant zumindest in Bruchteilen seinerzeit gebastelt (einige 741er und 3080er OpAmps dabei gebraten…), später eine TR808 und einen MS20 ge- und nach ein paar Jahren verkauft und es nur bereut, weil sie als Möbelstücke im Spätbiedermeier-Ambiente was hermachen ;-)

    Irgendwie bin ich seinerzeit zu dem Schluss gekommen, dass das, was einen Synth am meisten ausmacht, letztendlich der (Raum-)Effekt ist, den man hintendrein schaltet und wie man das dann im Musikstück integriert, damit dann eine Stimmung, ein Mood herauskommt.

    However, ich meinte bei der fehlenden Multitimbralität tatsächlich die Mehrspuraufnahme, die zumindest nach meinem Gefühl hier ein wenig dem Höhrer vorgaukelt, er könne das eine oder andere Pattern u. U. am Gerät erzeugen – ganz sicher war ich mir da nicht überall, ob das nicht irgendwie ginge (z.B. Beispiel 7) – mit einer trickreichen Umsetzung von CV/Gate oder Midi. Beispiel 8 scheint mir anfangs ein leises Echo zu enthalten oder die Spur wurde verzögert nachgedubbt. Oder es ist ein sehr geschickt angesteuertes und eingestelltes VCA ? – Egal.
    Virus und Andro habe ich einfach als jüngere Beispiele für andere Synths genannt, die zumindest sehr ähnliche Klänge gleichermaßen rausbringen können – sicher nicht in ganz in Detailtiefe und dazu solo identisch, aber in einem Musikstück kaum mehr unterscheidbar. Man arbeitet natürlich mit denen etwas anders, das ist schon klar.

  15. Hartmut

    Ich bin nach langer Zeit auf Theos Jupiter-4 Seite zurückgekommen, um mal wieder die Klangbeispiele zu hören. Danke für deine Website, Theo!

    Als langjähriger gear addict habe ich einige alte Synthies neben neuen Sachen, darunter auch ein Jupiter-4 und einen Synthex. Ich war jetzt aber für 2-3 Jahre aus Platzgründen gezwungen, mit modernen (kompakten) Synthesizern zu spielen. Die „alten Hadern“ waren eingelagert. Jetzt, mit dem Umzug in ein neues Studio, hatte ich mich entschlossen, den alten Kram endlich zu guten Preisen zu verchecken, weil ich dachte, das moderne Zeug ist kompakter, vielseitiger und doch auch sehr schön zu spielen. „Zum Abschied“ habe ich die alten Möbel noch mal angespielt. Und ich muss sagen, vor allem beim Jupiter-4 und beim Synthex, hat mich der Klang und die Bedienbarkeit mal wieder so was von umgehauen. Ich kann es gar nicht sagen, warum, und es traf mich natürlich unerwartet und unerwünscht, weil es mich jetzt ärgert, dass ich den ganzen alten Krempel doch behalten muss, wenn ich weiterhin Spaß haben will beim Musizieren. Der klangliche und musikalische Unterschied ist wirklich enorm. Und nicht nur, wenn man mit Kopfhörer hört, damit vielleicht sogar weniger, sondern wenn man in einem Live-Setting oder mit guten Studio-Monitoren den Raum klanglich füllen will. Tatsache: meine Frau kam vom Wohnzimmer runter ins Studio (was sie nie macht, zu viel Lärm) und meinte lächelnd: „Was hast du denn jetzt gemacht?“ Antwort: „Ich habe nur den alten Jupiter-4 angeworfen, weiß auch nicht, was los ist.“

    Vielleicht hört man es nicht im professionellen Mix nach dem Mastering, aber auf jeden Fall beim unmittelbaren Spielen mit kurzer Signalkette. Es ist sicher ein Unterschied, ob man sein Hobby zum Vergnügen betreibt oder ob man damit Geld verdienen muss. Und es hat natürlich auch viel mit Hörerfahrung und Hörgewohnheiten zu tun. Daher liegen die Meinungen zu Vintage und zu neuem Gear auch oft weit auseinander. Um zum reinen Vergnügen zu spielen, sind die alten Kisten für mich jedenfalls super. Das kann ich jetzt, nach einiger Zeit der Abstinenz, ehrlich sagen. Und mein Studio kann wieder nicht verkleinert werden. Wenn überhaupt, dann fliegt jetzt das ganze neue Zeug raus.

  16. Stefan Paulus

    Coole Story, auch wenn diese schon etwas her ist. Das Thema Preis war wahrscheinlich auch einer der Gründe, weshalb sich die jungen Synthi-Pop-Künstler bei der Preisgestaltung von Roland schon eher wohlgefühlt haben. Wenige junge Menschen hätten sich einen gigantisch teuren Oberheim leisten können. Obwohl 4.000 DM auch eine ordentliche Stange Geld war.

    Die heutigen Preise würde ich allerdings nicht mehr auf den Tisch legen wollen, auch wenn die Instrumente dieses nostalgische Flair versprühen. Ist ja schließlich auch mein Jahrgang ;-) Dann lieber etwas neues, egal ob analog, hybrid oder digital. Hauptsache das Instrument inspiriert mich.

  17. Theo Bloderer

    … absolut! Die aktuellen Preise für einen Jupiter-4 sind aber wohl auch am Höhepunkt angekommen. Insgesamt scheinen die Vintage-Preise zumindest etwas zu fallen – von „sehr hohes Niveau“ auf „hohes Niveau“ :) Und ja, für die geforderten 5.000 Euro bekommt man exzellente moderne Synthesizer, man könnte sich zum Preis eines Jupiter-4 ein komplettes kleines Studio einrichten.

    Schade allerdings, dass die so exzellente Qualität der 70er-Jahre-Hardware heute bei vielen Firmen nicht mehr zu finden ist und man – als Beispiel – bei Arturia-Synthesizern bereits wenige Jahre nach Neukauf mit „klebrigen Potis, Schaltern und Wheels“ im Regen stehen gelassen wird. Aber das ist eine andere Baustelle …

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