Moog Minitaur – kleine Legende mit Spaß-Faktor

Erneut wird einem der größten Entwickler und Wegbereiter in der Geschichte der analogen Synthesizer der nötige Tribut gezollt. Natürlich ist die Rede von Bob Moog.

Jenem Meister also, der zu Lebzeiten unter seinem eigenen Namen (und aus rechtlichen Gründen für eine bestimmte Dauer auch unter dem Namen Big Briar) selbst im Angesicht des Virtuell-Analog-Booms immer wieder mit neuen, echt-analogen Geräten die Herzen vieler Keyboarder und/oder Klangbastler höher schlagen ließ!

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Doch sein Erbe ruht nicht, denn es gibt einen jungen Sprössling aus dem Hause Moog – und er trägt den Namen MINITAUR!

Eingefleischte Analog-Fans ahnen es bereits … bei dem sehr kompakten Gerät handelt es sich um eine Desktop-Variante des Taurus, eines Bass-Synthesizers mit Ersterscheinung Mitte der 70er, der nicht mit Tasten, sondern mit einem Fußpedal ausgestattet war. Der Klassiker erfuhr 2009 eine dritte Neuauflage, und nun gibt es mit dem Minitaur sozusagen dessen kleinen Bruder, wieder voll analog, aber ohne Pedale.

Während Rev. 1 noch mit diversen Schwächen zu kämpfen hat(te), kommt die überarbeitete Version des Minitaur – Rev. 2 – einem beinahe perfekten, kleinen Bass- und Solo-Monster recht nahe …

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Beinahe insofern als – ein Gesamturteil vorweg – der Tonumfang letztlich einfach zu gering ist. Ausreichend für ein Bass-Instrument, aber höhere Lead-Soli können nicht erzeugt werden. Schade, hätte der Minitaur doch die perfekte Größe für einen gutklingenden, pultförmigen Moog-Synthesizer.

Der erste Eindruck

Immer mehr Hersteller scheinen darauf zu achten, dass heutzutage ein großes Instrumenten-Lager für viele Musikshops einen nicht mehr vertretbaren Luxus darstellt. Dementsprechend kompakt (und dadurch Platz sparend) ist die Verpackung des Testgeräts. Man möchte fast nicht glauben, dass ein Analog-Synthesizer in der kleinen, würfelförmigen Box Platz findet.

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Bereits beim Herausnehmen des Geräts fallen neben der extremen Kompaktheit sofort das stabile, sich sehr wertig anfühlende Gehäuse und dessen nicht übermäßiges, aber doch vorhandenes Gewicht auf. Schon jetzt ist offensichtlich, dass es sich hierbei nicht um einen fragilen Kunststoff-Boliden handelt, sondern um ein bühnentaugliches, solides Arbeitsgerät!

Dasselbe lässt sich auch über die Bedienelemente sagen: Die Potis haben eine angenehme, aber nicht übertriebene Schwergängigkeit, die Potikappen erfreuen sich einer haptisch ansprechenden Grösse, und somit passt das Gesamtdesign des Minitaur schon jetzt sehr gut in die große Moog Produkt-Familie.

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Der Minitaur ist bei 22 x 13 cm Größe ein echter Winzling, sein Gewicht beträgt bescheidene 1,2 kg. Ideal für den Transport, um es mit einem Wort zu sagen.

Das Zubehör beinhaltet neben einem Manual in Papierform und dem Netzadapter einen Moog-Aufkleber und – kein Witz – ein Paar Ohrstöpsel! Beim Jammen und Schrauben vergisst man schon gern mal diese Sache mit den Ohren und der Lautstärke. Aber die Bässe hört man ja auch noch mit Gehörschutz ;) Eine nette Idee!

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Die Anschlüsse

Der Minitaur findet seinen Kontakt zur Außenwelt über epochenüberschreitende Schnittstellen von CV/Gate bis USB.

Im Detail:

  • Audio IN und OUT erfolgen jeweils über einen 6,3mm Klinkenanschluss, und zwar in Mono, wie es sich für einen echten Analogen nun mal gehört
  • Weiters steht ein 3,5mm Phones-Anschluss zur Verfügung
  • Für die CV-Anwender gibt es – natürlich ebenfalls in Form von 6,3mm Klinkenbuchsen – Pitch, Filter, Volume und Gate
  • Für alle anderen gibt es den traditionellen MIDI-Eingang und einen USB-Anschluss
  • Dem Netzadapter-Anschluss (jawohl, das Netzteil ist extern) steht leider kein Power-Schalter zur Seite, aber das ist verschmerzbar

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Die Synthese

2 Oszillatoren, die sich über je einen Hardware-Button auf Saw oder Pulse schalten lassen, generieren den Klang. Sie haben beide einen separaten Lautstärke-Regler. Der VCO2 kann um +/- 1 Oktave verstimmt werden. (Hier werden die meisten eine leichte Verstimmung für die typische schöne Schwebung, oder das Runterstimmen um 1 Oktave für den brachialen Bass-Sound wählen.)

Cutoff und Resonance sowie EG-Amount sind natürlich Pflichtanwesende. Deren klangliche Regelverläufe fühlen sich übrigens sehr weich und musikalisch an und machen das, was der Anwender will, und nicht umgekehrt.

Das integrierte Moog-Ladder-Filter klingt übrigens etwas anders als z. B. beim Voyager, was aber durchaus gewollt sein kann.

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Die Modulation beschränkt sich auf einen LFO. Dessen Auswirkung auf Filter und Pitch kann aber separat geregelt werden.

Der Sound

Da ich selbst (in meiner Funktion als Live-Keyboarder) immer mehr darauf bedacht bin, möglichst kompakt und leichtgewichtig unterwegs zu sein, hab ich mich auf ein rein digitales, alle nötigen Klänge und Funktionen beinhaltendes Equipment eingearbeitet und bin ja auch sehr zufrieden mit den Emulationen der Synth-Sounds.

Aber nach der ersten Session mit dem Moog-Kleinod muss ich eingestehen, ich verstehe jeden Tastenmann, der zusätzliche Analogkisten mit auf die Bühne schleppt! Dieses letzte Quäntchen Authentizität, der Spaßfaktor, und die Tatsache, dass Analog eben immer noch Analog ist und sich im Bandkontext oft auch besser durchzusetzen vermag, sind nur einige Argumente, die auch mich zur Erweiterung meines Bühnenwerkzeugs verlocken.

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Was mir hier auch sehr gefällt, ist die Möglichkeit zur klanglichen Vielschichtigkeit! Neben Bässen sind natürlich durchaus auch FX-Sounds. weiche wie garstige Leads und auch knackige Arpeggios möglich. Das ganze wird allerdings leider von der maximalen Tonhöhe des Geräts eingeschränkt (siehe Hörbeispiel „Arpeggio With Large Reverb“, hier wäre nach oben hin nach einem weiteren Halbton die Grenze erreicht gewesen) und verweist ganz klar darauf, dass es sich beim Minitaur zu allererst um einen Bass-Macher handelt, aber das dann ohne Gnade!

Die Bedienoberfläche – Hardware

Die wichtigsten Parameter können über die Hardware bedient werden, und somit steht der Erstellung neuer Sounds nichts im Wege, man benötigt nur eine Tastatur und ein MIDI-Kabel, und los gehts!

Sehr schön finde ich den Glide-Button, der in fast allen Soundkategorien seine Berechtigung hat.

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Was mir aber definitv fehlt, ist das klassiche ADSR-Quartett. Aus Platzgründen wurden Decay und Release auf einen Regler gelegt. Dies macht zwar je nach Situation Sinn, ist aber kein Ersatz für die separate Regelmöglichkeit. Darüber tröstet auch der Release ON/OFF-Button nicht hinweg.

Die erweiterte Bedienoberfläche – Software

Hier findet man all das, was man auf der Hardware-Oberfläche vermisst hat. Allem voran: Der Preset-Speicher! Ein solcher gilt zwar bei vielen Analog-Fans schon fast als verpönt, jedoch ist er für den Live-Einsatz unerlässlich, und sollte meiner Meinung nach bereits in der Hardware enthalten sein. Aber besser so als gar nicht.

Der Editor stellt im Hauptfenster exakt die Hardware nach und lässt sich somit komplett am Rechner bedienen. In einem weiteren Fenster tauchen die Zusatzfunktionen auf (optisch ebenfalls als Hardware dargestellt):

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  • Speicherung von Presets (wie schon erwähnt)
  • MIDI-Synchronisation des LFO für VCO und VCF
  • Synchroner Start beider Oszillatoren
  • Line-In Volume
  • Keyboard Tracking
  • Velocity für Filter und Oszillator
  • Pitch Wheel Einstellungen

Einsatzmöglichkeiten

Aufgrund der Kompaktheit sehe ich den Minitaur nicht nur im Studio, sondern auch auf der Bühne! Alle Live-Keyboarder, die wieder was Echt-Analoges live dabei haben wollen, können dies mit wenig Budget und ohne viel schleppen zu müssen umsetzen und haben dann sogar einen vollwertigen Moog im Eck auf dem Keyboard prangern.

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Wer wie ich der Hybridtyp ist und nach dem Prinzip „Best of both worlds“ lebt, hat eh einen Laptop dabei und kann somit sekundenschnell über den Rechner Presets umschalten. Vielleicht gibt es hier ja sogar `ne iOS/Android-Lösung? Das wäre perfekt, mehr Hybrid geht ja nicht!!

Dank Line-In kann das Gerät auch zum Verbiegen externer Signale verwendet werden. Man denke nur an Goldfrapp auf der Feltmountain-Tour, wenn Will Gregory den wunderschön anmutenden Gesang von Alison Goldfrapp durch die Filter seines Korg MS-20 gejagt hatte. Hier kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen.

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Konkurrenz

Seit einigen Jahren blüht die Analogwelt regelrecht auf! Nicht nur Insider und Fans erfreuen sich an der Verwurschtelung organischer, lebender Analogsounds. Auch die junge Laptop-Loopkopier-Fraktion überlegt inzwischen, ob die Anschaffung eines Apfel-Tablets dem Synth-Kauf weichen soll. Sei es nun Arturia, Studiologic oder Waldorf, um nur einige zu nennen. Jedes Teil hat seine Berechtigung und dem Kaufentscheid liegt einzig und allein der persönliche Geschmack zugrunde.

Wer aber explizit Bass-Sounds braucht, wird am Minitaur nicht vorbeikommen!

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Unter’m Strich (Fazit)

Dass ich das kleine schwarze Teil ins Herz geschlossen habe, konnte man glaube ich schon zwischen den Zeilen herauslesen. Deshalb nur kurz …

Die Pluspunkte:

+ Sound
+ Haptik
+ Kompaktheit
+ Sehr gute Hardware
+ Dank kostenfreiem Software-Editor keine funktionellen Kompromisse

Potential zur Verbesserung:

– Begrenzte Tonhöhe, dadurch eingeschränkte klangliche Möglichkeiten!
– Sounds nur softwareseitig speicherbar
– Decay und Release nicht am Instrument separat regelbar (per Software schon)
– Externes Netzteil, kein Power-Schalter
– Kein Midi Out (z. B. für Controlleranwendung!), kein Midi Thru

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Minitaur Revision 2

Nun, mit der neuen Version des Minitaur haben sich einige Kritikpunkt bereits wieder aufgehoben. Die Neuerungen sind teils gravierend:

  • Speichern von bis zu 100 Presets direkt im Gerät !!!
  • Unabhängige Regelung von Decay- und Release-Parameter !!!
  • CV-Inputs für Pitch, Volume und Gate lassen sich auf beliebige Minitaur-Parameter routen
  • Steuerspannungen an Minitaur’s CV-Inputs werden in MIDI-Controller-Daten gewandelt und via USB ausgegeben
  • Verbesserte LFO Sync Funktion
  • Verbesserte Werteaktualisierung beim Aufrufen von Presets und Betätigung der Drehregler
  • Modulationsrad-Einstellungen werden im Preset gespeichert

Alle neu ausgelieferten Minitaur sind ohnehin als Rev. 2 Modelle im Handel. Die Frage nach dem Minitaur Rev. 1 stellt sich somit also höchstens noch für jene Leute, die am Gebrauchtmarkt danach suchen … und selbst die haben kein echtes Problem, lässt sich bei älteren Geräten die neuere Revision 2 doch mittels eines einfachen Software-Updates realisieren. Kostenlos, versteht sich …

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Hier der Link zur Moog Downloadseite:
http://www.moogmusic.com/products/taurus/minitaur#downloads-tab

Klangbeispiele

Nachdem im Internet sehr viele analytische Minitaur-Soundbeispiele wie Filtersweeps und typische Bass-Sounds zu finden sind, hab ich mich zu einer alternativen Vorgangsweise entschieden: Was passiert, wenn man einfach drauflos schraubt und Spaß hat, und das Ganze dann auch noch aufnimmt? Richtig! Es kommen plötzlich Sounds zum Vorschein, die weit weg sind von klassischen Bass-Klängen und anderen Standard-Sounds!

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Ich hab euch ein paar Ausschnitte zusammengestellt und wünsche viel Spaß beim Reinhören! Ergänzt werden die Klangbeispiele durch einige Aufnahmen von Theo Bloderer.

By the way … genau DAS empfinde ich als die größte Motivation zur Arbeit mit Analog-Synths: Der Spaß am Schrauben, der lebende/lebendige Klang, die Spontaneität, und die Tatsache, dass man dabei auf Sachen kommt, mit denen man selber nie gerechnet hätte!

Enjoy!

Moog Minitaur (Rev. 2)

Monophoner Analoger Synthesizer

Preis: ca. 420 Euro + Versand
Lieferbar in Schwarz oder Weiß

Minitaur Wood Kit (Holz-Seitenteile für Desktop-Einsatz): 59 USD
Minitaur Rack Kit (Metall-Seitenteile für Rack-Einsatz): 55 USD

Website Hersteller:
www.moogmusic.com

Kategorie 2013, Testberichte

Hans lebt im Westen Österreichs, ist Live-Keyboarder und Synthesizer-Techniker. Eine besondere Herausforderung sieht er darin, das ideale Setup für Live-Auftritte zu finden. _________________________________________________________ Hans lives in Austria near the Lake of Constance. He is an excellent live keyboarder and a great synthesizer technician as well. Figuring out the ideal live setup is one of his most important main concerns.

1 Kommentare

  1. Danke für den ausführlichen Erfahrungsbericht.

    Eine Frage bleibt für mich offen:

    Kann man wie beim Sub Phatty / Subsequent 25 wählen, ob das Gerät die Gates via Midi und/oder Gateeingang empfängt? Oder anders gefragt: Kann man per Midi die Tonhöhen vorgeben und die Hüllkurven via analogem Gateeingang auslösen?

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